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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Nasen manchmal höher als denen Herrschaften selbst. Das hab ich sehen, wenn ich zu denen vornehmen Leutln kam und Wurzeln verkaufen wollte. Keine einzige Gouvernanten hat mir einen Enzian oder auch nur einen Kalmussen abkaufen wollt!“
    „Was sollte eine Gouvernante mit Kalmus machen?“
    „Mit Kalmus? Na, der ist gar sehr gesund, auch für Gouvernanten, besonders wann 's Bauchgrimmen haben und die stechende Koliken dazu.“
    „Ach so! Also weiter. Meine Herrin war kränklich und mußte jährlich sechs Monate ins Bad. Natürlich nahm sie ihre Kinder mit, und ich mußte sie begleiten.“
    „Der Herr aber nicht?“
    „Nein. Der blieb daheim. Er war bei der Regierung angestellt. Überhaupt besaß meine Dame einen sehr selbständigen Charakter. Sie liebte es nicht, von ihrem Mann abhängig zu sein. Im Bad machte sie die Bekanntschaft eines jungen, höchst interessanten, adligen Herrn, welcher sich Herr von Walther nannte.“
    „Walther? Hm!“ brummte der Sepp.
    „Was meinst du? Kennst du den Namen?“
    „Ja, den kenn ich schon.“
    „Wer heißt so?“
    „Es soll mal einen Dichtern geben haben, welcher Walther von dem Vogelleim geheißen hat.“
    „Walther von der Vogelweide, meinst du wohl?“
    „Na ja; der Walthern war aber doch dabei.“
    „Ich glaubte schon, du hättest von jenem adeligen Herrn gehört.“
    „Nein. Dafür werden Sie halt desto mehr von ihm hört haben. Nicht?“
    „Leider! Ich bemerkte nämlich sehr bald, daß er nur um meinetwillen so oft kam. Das gefiel mir. Ich war ihm gut. Sein Äußeres nahm mich gefangen, und seine gesellschaftliche Gewandtheit imponierte mir. Ich war sehr streng erzogen, hatte keine Mutter mehr und mit dem Vater und der Schwester sehr einsam gelebt. Es entging mir also alle Welt- und Lebenserfahrung. Meine Liebe wuchs von Tag zu Tag. Er wußte es einzurichten, mich oft allein zu treffen, und sprach endlich von seiner Liebe zu mir. Meine Zuneigung zu ihm war zur tiefen Hingebung geworden. Er sprach davon, seinen Eltern zu schreiben, und brachte mir nach kurzer Zeit ihre schriftliche Einwilligung. Nur machten sie die Bedingung, daß unsere Liebe noch einige Zeit geheimbleiben solle.“
    „Warum denn?“
    „Weil er eine alte, hocharistokratisch gesinnte Verwandte besaß, deren einziger Erbe er war. Sie hätte ihm aber die Erbschaft entzogen, wenn er eine Verbindung mit einer Bürgerlichen eingegangen wäre.“
    „Also haben 'S auf ihren Tod warten sollen?“
    „So war es.“
    „Na, das ist schön! Das ist gut! Und das nennt sich nachher von Adel und hocharistokratisch! Unsereiner tät sich in der Seelen hinein schämen, wann man auf den Tod einer alten, guten Tanten warten sollt. Das ist ja grad so schlimm, als wenn man die alte, liebe Karfunkeln gleich totschlagen tut! Ich dank sehr schön!“
    „Leider sind solche Verhältnisse gar nicht sehr selten. Aber du brauchst dich gar nicht so zu ereifern. Er wartete gar nicht auf den Tod seiner Verwandten.“
    „Nicht? Aber sogleich erst haben Sie's sagt!“
    „Es war ja gar nicht wahr! Er hatte mich belogen.“
    „Was! Der Schuft! Aber warum hat er dann so eine Lügen macht?“
    „Um meine Liebe auch ohne Ehe besitzen zu können.“
    „Ah! So ist diese Sachen! So ein Hallodri ist er gewest! Na, der, wann ich ihn da hätt, hier in der Stuben, dem tät ich das Genick zerbrechen und auch noch ein paar andre Knöcherln dazu!“
    „Ich liebte ihn, und infolgedessen glaubte ich ihm. Er besaß mein ganzes Vertrauen, und wir verlobten uns im stillen. Zwar gab ich meine Stellung nicht auf, aber wir befanden uns trotzdem möglichst oft und allein beieinander, und da – da habe ich ihm denn mehr Vertrauen bewiesen, als er verdiente. Ich habe es bitter bereuen müssen.“
    „Ja, so geht's halt, wenn so ein Schuftikus einen armen Dirndl den Himmeln vormalt, und doch hat er nix als nur Teufeleien im Kopf!“
    „Das war im Spätherbst, und nach einigen Tagen verließen wir das Bad. Er ging nach Wien, und ich folgte meiner Gebieterin nach deren Besitzung.“
    „Nun haben 'S den Kerlen wohl gar nimmer wiedersehen?“
    „O doch. Zunächst schrieben wir uns oft. Ich mußte alle meine Briefe poste restante adressieren –“
    „Possi fressante? Warum?“
    „Wegen seiner Tante. Sie wohnte bei ihm, und so war es leicht möglich, daß ihr eine Zuschrift von mir in die Hände fallen konnte.“
    „Hören 'S mal, Frau Bürgermeisterin, das glaub ich halt nicht.“
    „Du hast recht. Ich aber glaubte es. Er besuchte

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