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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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blieb endlich vor ihr stehen und fragte:
    „Wissen 'S, wer's gewest ist?“
    „Nein.“
    „So haben 'S nicht nach ihm geforscht?“
    „So viel es mir möglich war, ja. Aber es ist vollständig vergeblich gewesen.“
    „So gut also hat er sich verstecken könnt! Ich!“
    Er schlug mit der Faust auf den Tisch, daß die Lampe emporsprang und fast umgefallen wäre. Dann fügte er hinzu:
    „Ja, versteckt hat er sich gut, sehr gut. Aber er wird seine Rechnung ohne den Sepp macht haben!“
    „Wieso?“
    „Wieso? Das fragen 'S auch noch? Wieso? Nun, weil ich ihn finden werd!“
    „Das ist unmöglich!“
    „Meinen 'S halt? O nein, da denken 'S sehr falsch, sehr falsch! Wissen 'S, es gibt einen Herrgott, der das Gute belohnt und das Böse bestraft. Er wird den alten Wurzelseppen leiten, daß dieser den Herrn Curt von Walthern finden tut. Und's liegt mir halt schon heut in allen Gliedern, daß ich mit dem Urianer schon recht bald zusammengeraten tu. Aber dann, o dann! Himmelsakra, dann werden die Ästen und die Spänen so herumfliegen, als ob einer mit dera Äxten einen Baum niederschlagen tut!“
    „Daran denk ich längst nicht mehr!“
    „Aber ich seit jetzt! Hätt ich's schon ehern wüßt, so hätt ich den Halunken schon bereits funden. Das ahn ich ganz deutlich. Na, na, ich freu mich halt schon jetzt, wie's sein wird, wann ich ihn ins Gebet nehm und in die Beichten. Dem soll's zumuten werden, als ob die Welt gleich untergehen wollt!“
    „Es sind seit jener Zeit über zwei Jahrzehnte vergangen. Ich habe natürlich nicht öffentlich geforscht; aber einen Erfolg hätte mein Suchen doch gehabt, wenn der Erfolg überhaupt möglich gewesen wäre. Jetzt nach dieser langen Zeit ist's nun ganz die Unmöglichkeit. Übrigens, weshalb sollt ich nach ihm suchen?“
    „Weshalb? Was für eine Fragen! Natürlich muß er seinen Zahlaus erhalten.“
    „Nein. Ja, damals habe ich auch an Rache gedacht. Ich bin vor Schmerz, Jammer und Elend fast wahnsinnig gewesen. Das ist aber längst, längst vorüber. Ich bin alt und ruhig geworden und denke nicht mehr an Rache. Ich überlasse sie dem lieben Gott.“
    „Und noch einem!“
    „Wem?“
    „Dem lieben Gott und dem Wurzelsepp. Diese beiden halten gar große Stücken aufnander und werden den Kerlen schon zu finden wissen. O du mein Himmelreich, wie muß es Ihnen damals ums Herze gewest sein, nachdem 'S den Brief gelesen hatten!“
    „Ich war starr wie eine Leiche!“
    „Das glaube ich halt gar gern.“
    „Ich hab nicht denken und fühlen können. Ich bin bei lebendigem Leib tot gewesen, bis mich das Schreien meines Kindes zu mir gebracht hat.“
    „Und was haben 'S nachher macht?“
    „Wenn ich dir das ausführlich und wahrheitstreu erzählen sollte, würde ich sehr in Verlegenheit kommen, denn ich kann mich nicht besinnen, weil ich überhaupt ganz ohne Besinnung gewesen bin.“
    „Ja, nach so kurzer Zeit, daß die Entbindung vorüberwest ist. Das ist ja grad ganz gefährlich gewest für die Gesundheiten und das Leben!“
    „An mich hab ich zunächst gar nicht gedacht, sondern an das Kind, welches nun keinen Vater mehr hatte, und an die Schwester, welche nun tot sein sollte. Diesen letzteren Gedanken hielt ich fest. Ich mußte fort, fort, fort, und zwar heimlich, daß mich niemand zurückhalten konnte. Ich zog mein schlechtestes Kleid an, schrieb ein paar Zeilen an die Hebamme, daß sie sich mit meinen Sachen bezahlt machen möge, wickelte mein Kind in ein Tuch, steckte das wenige Geld zu mir, welches ich noch besaß, und schlich mich leise von dannen.“
    „Herrgott! Wohin wollten 'S da?“
    „Nach Hause.“
    „Mit dem Kind?“
    „Daran dachte ich nicht. Ich handelte ja ohne alle Überlegung. Ich befand mich wie im Traum und wußte nicht, was ich tat. Ich lief nach dem Bahnhof und löste ein Billet. Aber ich kann heut noch nicht sagen, wo ich ausgestiegen bin. Ich konnte nicht weiterfahren, weil mein Geld nicht reichte. Das hätte ich mir doch ausrechnen können.“
    „Sie armes, armes Wurm!“
    „Dann bin ich zu Fuß gewandert, weiter und immer weiter. Das Geld wurde weniger und weniger. Ich empfand weder Hunger noch Durst; aber ich fühlte doch, daß ich essen müsse, um meinem Kind zu trinken geben zu können. Dann wurde es nach und nach heller in meinem Kopf, wenigstens zeitweilig, während es auch Stunden gab, in denen ich geradezu fieberte. In solchen offenen Augenblicken fragte ich mich, ob ich mit dem Kind vor den alten, schwachen Vater treten dürfe. Nein!

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