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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Aufmerksamkeit, welche sie erregten.
    Das kleine Kirchlein stand inmitten des Gottesackers. Dort pflegten die Kirchengänger sich vor dem Beginn des Gottesdienstes einzufinden, um einige stille Minuten an den Gräbern ihrer Verstorbenen zuzubringen. Als der Sepp die Blicke bemerkte, welche ihm und seiner Begleiterin von diesen Leuten zugeworfen wurden, sagte er:
    „Wollen doch lieber hineingehen in die Kirchen. Hier schaun halt alle nach uns her, als ob wir so gar große Wundertieren wären.“
    „Das stört mich nicht“, antwortete sie.
    „Mich auch nicht. Wann's Ihnen recht ist, so hab ich halt auch nix dagegen.“
    „Ich möchte hierbleiben, um den Lehrer sehen zu können, wenn er kommt. In der Kirche kann ich ihn jedenfalls nicht so genau betrachten.“
    „Wann's das ist, so gehen wir da um die Ecke. Dort geht die Tür hinauf zur Orgeln, die er schlagen tut. Dahin muß er halt kommen.“
    Sie stellten sich also so, daß sie ihn sehen konnten.
    Noch ehe die Glocken läuteten, kam der Pfarrer langsam aus seiner Wohnung herbei. Die Anwesenden grüßten ihn, und er verschwand in der Sakristei. Nur einige Augenblicke später kam Max Walther. Die anwesenden Bauern rissen ihre Hüte und Mützen in ganz anderer Weise herab, als vorhin beim Erscheinen des geistlichen Herrn, und die Frauen machten ihre respektvollen Knickse.
    „Schauen 'S“, flüsterte der Sepp. „Das ist er. Vor dem haben 's noch eine ganz andere Höflichkeiten, als vor dem Hochwürden. Er hat's halt gar prächtig verstanden, sich in der Ambitionen hineinzulegen. Ist's nicht ein schmucker Bub?“
    Sie standen beide an einem Grab, zu dessen Häupten sich ein Holzkreuz erhob. Die Bürgermeisterin sah den Sohn. Sie fühlte sich plötzlich so schwach, daß sie sich an das Kreuz lehnen mußte, um nicht zu wanken.
    Der Lehrer mußte an ihnen vorbei. Der Sepp zog seinen mit Blumen und Kräutern besteckten Hut vor ihm vom Kopf. Walther bemerkte den Gruß, dankte und trat herbei.
    „Gut, daß ich Sie treffe, Wurzelsepp“, sagte er. „Ich habe Sie gestern vergebens gesucht.“
    „Brauchen 'S mich, Herr Lehrer?“
    „Ja. Sie wissen doch wozu.“
    „Wohl wegen der Geschichten, dort unterm Wassern?“
    „Ja.“
    „Nun, dann bin ich allzeit bereit.“
    „Sehr gut! Wir müssen doch nachschauen, was dort zu finden ist, sonst kann sich leicht eine Störung ergeben.“
    „O nein. Der – na, Sie wissen halt doch, wen ich meine, der liegt ja ohne Bewußtsein und kann also nix tun.“
    „Wir müssen dennoch vorsichtig sein. Ich bin heut in die Mühle zu Tisch geladen. Wollen wir uns dort treffen?“
    „Ja, ich werd schon kommen. Und da – ich hab nämlich hört, wann zwei sich treffen, die sich noch nicht kennen, so muß der dritt ihnen sagen, wer 's sind. Das ist nobel und fein und man nennt's halt eine Vorstellung. Also werd ich's jetzunder auch machen. Dieser Herr ist nämlich der Herr Lehrern Walther, und diese Damen, die ist die Frau Bürgermeisterinnen Holberg in Steinegg, drüben über der Grenzen hinüber. So, jetzunder hab ich meine Sachen brav macht. War's halt so richtig?“
    Die Bürgermeisterin hatte seitwärts am Kreuz gelehnt, so daß Walther vorher nur einen kurzen Blick auf sie geworfen hatte. Jetzt zog er den Hut und verbeugte sich. Sein Blick fiel forschender auf sie. Es glitt ein ganz eigentümlicher Zug über sein Angesicht.
    „Grüß Gott, Frau Bürgermeisterin“, sagte er. „Ich kann mich nicht besinnen, wo es geschehen ist, aber wir müssen uns bereits einmal gesehen haben.“
    Er stand so frisch, so kräftig in ahnungslosem Selbstbewußtsein vor ihr. Sie hätte ihn an ihr Herz ziehen mögen mit größtem Entzücken, aber sie durfte es doch nicht. Sie gab sich alle Mühe, ihre Bewegung zu beherrschen, und dennoch zitterte ihre Stimme ganz hörbar, als sie antwortete:
    „Ich möchte das bezweifeln.“
    „Oh doch! Ich pflege mich da niemals zu täuschen. Es ist mir sogar, als ob wir uns nicht nur gesehen, sondern sogar auch gesprochen hätten.“
    Sie war leichenblaß.
    „Ich könnte mich wirklich nicht besinnen.“
    „Ich leider auch nicht; aber ich möchte schwören, daß ich bereits Ihre Stimme gehört habe. Wir müssen uns jedenfalls einmal getroffen haben, und zwar unter Umständen, welche mir sympathisch gewesen sind. Aber da läutet es. Ich muß zur Kirche. Entschuldigen Sie!“
    Er entfernte sich. Sie legte die Hand auf die klopfende Brust. Das Herz wollte ihr zerspringen.
    „Haben 'S ihn wirklich schon mal

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