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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Firmament!“
    Mit diesen Worten endet der Missionar seine Rede, und von ihrer Gewalt gepackt und geschüttelt, fallen die Hörer in die Knie und begehren, aufgenommen zu werden in die Gemeinschaft der christlichen Kirche. Selbst der Priester, welcher erst gegen das Evangelium der Liebe und Gnade gesprochen hat, ist jetzt so erschüttert, daß er, ein zweiter Saulus, sich jetzt als Paulus zuerst erbittet, getauft zu werden.
    Jetzt war die Improvisation beendet. Sie hatte über eine halbe Stunde in Anspruch genommen. Nicht ein einziges Mal hatte der junge Dichter gestockt oder gezaudert oder sich versprochen. Es waren ihm die Strophen von den Lippen geflossen, als ob er sie seit langer Zeit auswendig gelernt habe und nun rezitiere.
    Und welch eine Kenntnis indischer Zustände entwickelte er! Wie glanzvoll und mit welchem Scharfsinn ließ er die heiligen Lehren des Christentums über die heidnischen Satzungen siegen!
    Seine Wangen hatten sich gerötet, und seine Augen leuchteten. Er war mit seiner ganzen Seele bei der Aufgabe. Er sah nicht diejenigen, zu welchen er sprach, sondern er sah im Geiste Palmen wehen unter Riesentempeln, und den Hauch der Palmen – er fühlte ihn hier in der niedrigen Stube der kleinen Mühle.
    Hatte es, als er begann, den Hörern schwer auf der Seele gelegen, ob er auch bestehen werde, so war ihnen im Verlauf der Deklamation das Herz immer leichter und leichter geworden. Jetzt, als er schloß, war es allen zumute, als ob sie mit ihm gesiegt hätten, denn selbst diejenigen, welche die zahlreichen Fremdworte nicht verstanden hatten, waren der festen Überzeugung, daß er eine höchst schwierige Aufgabe zufriedenstellend gelöst habe.
    Zufriedenstellend nur? Der Medizinalrat hatte sich erhoben. Er trat auf Max zu, reichte ihm die Hand und sagte:
    „Herr Walther, Ihre Improvisation war eine meisterhafte. Ich kann Ihnen von ganzem Herzen gratulieren!“
    Und auch der Pfarrer trat herbei, drückte ihm die Hand und meinte anerkennend:
    „Ich wollte zweifeln, bevor Sie begannen, aber Sie haben meinen Kleinmut streng bestraft. Ich muß Sie sehr um Verzeihung bitten, denn ich gestehe aufrichtig, daß ich Ihnen so etwas nicht zugetraut habe. Sie müssen Indien ja förmlich studiert haben!“
    Die gute alte Barbara fühlte die Verpflichtung, auch etwas zu sagen. Sie war ja die Wirtin, und als solche mußte sie dem Gast doch ein Lob spenden. Deshalb kam sie herbei und sagte:
    „Ja, das war gar schön gewest, Herr Lehrern. Wissens, das von der Kriegstrompeten hat mir sehr gefallen, und daß man hinaufi zu denen Sternen springen soll. Ja, das war gar schön! Nicht wahr, Sepp?“
    Sie hatte nämlich von der ganzen Deklamation nichts weiter verstanden, als diese beiden Stellen. Der Wurzelsepp antwortete:
    „Was plauschest da wieder mal! Du bist selbst eine alte Trompeten. Schwing dich doch hinaus in die Küchen und nicht hinauf zu den Sternen. Ich möcht gar wohl den Schwung sehen, denst da machen müßtest, bevor du hinaufi kämst. Ich glaub, du müßtest dich unterwegs auf dem Mond erst mal niedersetzen, um auszuruhen und Luft zu schnappen!“
    „Nein, was der Mensch einem immer antut!“ klagte sie. „Und dabei sagt er stets, daß ich seine Frauen werden soll!“
    „Ja, nachher, wann ich mich auch mit hinaufischwungen hab zum Mond. Da lassen wir uns da oben zusammentun. Du ziehst das Mondgesichten, und ich leucht dazu. Da werden's sich herunten auf der Erden über die Physiognomie gar gewaltig freuen. Jetzt aber geh in die Küchen und mach den Kaffee fertig!“
    Er schob sie zur Tür hinaus.
    Auch die andern zollten dem Lehrer ihre Anerkennung. Zwei nur fehlten, gerade die Hauptpersonen – der König und die Bürgermeisterin.
    Der erstere war, als der Arzt so stürmisch auf Max zugetreten war, um ihm zu gratulieren, von seinem Stuhl aufgestanden und hinausgegangen. Die Mutter Maxens hatte dasselbe getan, aber ohne ihm zu folgen. Der König war durch die vordere Tür getreten und langsam über den Grasplatz nach dem Waldrand gegangen, wo er nun in Gedanken auf und nieder schritt. Sie aber war durch die Hintertür in den Garten getreten. Dort gab es in der Nähe des Hauses eine dichte Geißblattlaube, in welche sie sich setzte.
    Es wäre ihr unmöglich gewesen, jetzt ein Wort zu sagen. Das Herz war ihr zum zerspringen voll. Sie war keineswegs eine gelehrte Frau; aber sie hatte doch die feste Überzeugung, daß die Leistung ihres Sohnes ein Meisterstück sei. Er hatte Kenntnisse verraten, wie man

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