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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Verständnis. Meine besten Herzenswünsche könnten nicht mit Geld erfüllt werden. Nimm dem Osec sein Geld, was bleibt dann noch übrig?“
    Er war frappiert von dieser Frage.
    „Sein Geld kann man ihm nicht nehmen“, antwortete er, so indirekt zugebend, ‚daß gar nichts übrig bliebe‘.
    „So? Wie viele Millionen hat er denn?“
    „Dummheit! Wer spricht von Millionen!“
    „Ich! Es ist gar mancher Millionär schon Bettler geworden. Osec hat ein paar Tausende. Was ist das? Wird er arm, so bleibt nur der Haß und die Verachtung. Ludwig ist arm; er kann wohlhabend werden. Was für ein anderer Mann würde er dann sein als der Osec!“
    Kery war keineswegs gegen Verstandesgründe verschlossen. Er mußte im stillen seiner Tochter recht geben, ließ sich dies aber nicht merken. Da trat sie ganz an ihn heran und fragte:
    „Sage mir einmal, Vater, wenn Ludwig grad ebenso reich wäre wie Osec, welcher von beider wäre dir als Schwiegersohn lieber.“
    Er zog die Brauen finster zusammen. Er fühlte sich überwunden, glänzend besiegt. Aber er machte es wie die Franzosen, welche stets Sieger sind. Wenn sie eine Schlacht verlieren, so telegraphieren sie einen großen Sieg nach Paris. So machte es auch der Kery-Bauer. Er antwortete:
    „Frag nach gescheiten Sachen. Natürlich wäre mir der Osec zehnmal lieber.“
    „Das ist nicht wahr.“
    „Oho!“
    „Nein. So dumm bist du nicht. Und wenn ich dumm wäre, so könntest du wohl nicht stolz auf mich sein.“
    Der alte Osec sah gar wohl, daß die Worte und Vorstellungen der Tochter nicht ganz ohne Eindruck auf den Vater blieben. Dem mußte er entgegenarbeiten. Darum trank er sein Glas aus, stand auf und sagte:
    „Ich begreife euch nicht, ihr Leute. Ich werde auf das Heftigste beleidigt, indem ich dabeisitze. Anderswo macht man wenigstens erst dann die Leute schlecht, wenn sie abwesend sind. Ich bin gar nicht etwa hergekommen, um so etwas anzuhören. Ich kann ja gehen. Es gibt noch Orte, an denen man froh ist, wenn ich komme.“
    Er griff nach seinem Hut.
    „Was fällt dir ein!“ rief Kery, ihm den Hut schnell wieder aus der Hand nehmend.
    „Was mir einfällt? Gibst auch du mir etwa Unrecht?“
    „Nein, ganz und gar nicht.“
    „Warum duldest du es dann, daß man mich in dieser Weise beleidigt?“
    „Das darf dich nicht beleidigen.“
    „Donnerwetter! Wenn man meinen Sohn schlecht macht, in dieser Weise von ihm redet, ihn mit einem Knecht vergleicht, der besser sein soll, als er – ist das etwa nicht beleidigend für mich?“
    „So streng darfst du es nicht nehmen. Du weißt ja, wie die Frauen sind.“
    „Ja, das weiß ich; sie haben lange Haare und kurzen Verstand. Man darf sie nur nicht zu üppig werden lassen. Meine Frau muß in Gegenwart anderer stets still sein. Wenn du deinem Mädchen aber erlaubst, in meiner Gegenwart zu reden, wie es ihr gefällt, nun so kann ich mich nur dadurch vor ihren Ungereimtheiten retten, daß ich mich entferne.“
    Er drängte, trotzdem er den Hut nicht mehr in der Hand hatte, nach der Tür zu. Kery warf Gisela einen zornigen Blick zu und rief:
    „Das hat man davon, wenn man ein zu guter und nachsichtiger Vater ist. Da werden einem die besten Freunde entfremdet. Räumt hier und unten auf, und schert euch nachher ins Bett! Ich habe den Ärger satt. Komm, Osec, wir gehen hinab in die Niederstube.“ –
    Indessen war Ludwig, als der junge Osec fortgefahren war, nach dem Holzschuppen zurückgekehrt. Er fand dort auf den Stufen seine Schnur noch ganz genauso, wie er sie hingelegt hatte. Das war das sichere Zeichen, daß die beiden Slowaken noch nicht angekommen waren. Er steckte also die Schnur wieder ein und stieg die Treppe empor.
    Ein starker Duft drang ihm entgegen. Das Heu war bis hoch an das Dach aufgespeichert. Da er täglich einige Male hier oben war, fand er leicht eine Stelle, an welcher er im Dunkeln nicht bemerkt werden konnte und von welcher aus es ihm möglich war, ohne Geräusch den Rückzug anzutreten. Dort legte er sich nieder.
    Es war bereits über elf Uhr geworden, und die Slowaken mußten also bald eintreffen, wenn sie überhaupt eintreffen wollten. Und richtig, er lag noch kaum fünf Minuten, so hörte er Schritte, welche aus dem Hof unten in den Schuppen traten. Dann polterten schwere Stiefel stolpernd die Treppe herauf.
    „Donnerwetter, mach doch leise!“ sagte eine unterdrückte aber doch deutlichhörbare Stimme.
    „Ich trete, trete doch leise auf!“ stammelte der andere, dem man es anhörte, daß er

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