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7 Minuten Zu Spät

7 Minuten Zu Spät

Titel: 7 Minuten Zu Spät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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eine Brücke über den Kanal gab, aber sie hatte einmal gesagt, sie möge die ältere Brücke an der Carroll Street lieber, die nicht so sehr durch Industriegebiet führte.
    Bis zur Bond Street ging es stetig bergab, dann wurde es einen halben Häuserblock vor der Brücke wieder eben. Linker Hand befand sich ein Bürogebäude mit einer blauen Eingangsmarkise, auf der Bond Street Limo stand. Ein dicker Mann mit kurz geschnittenen, grauen Haaren stand draußen und rauchte eine Zigarette. Er nickte Alice zu, als sie vorbeiging. Sie erwiderte seinen Gruß. Wahrscheinlich war er der Fahrer der Limousine, auch wenn er keine Uniform trug. Er hatte unheimliche Augen – eins blau und eins grün – und sah ihr nach, als sie auf die Brücke zuging. Seine Aufmerksamkeit war ihr unangenehm, und unwillkürlich lief sie schneller. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie er seinen Zigarettenstummel auf die Straße warf, und kurz darauf fuhr eine lange, schwarze Limousine an ihr vorbei, da aber alle Fenster geschlossen waren, konnte sie nicht erkennen, ob er am Steuer saß.
    Rechter Hand befand sich ein rundes Gebäude, das Haus eines Künstlers. Alice fiel ein, dass sie schon einmal von einem Brunnen dort gehört hatte, der mit seinen hohen Wasserfontänen Passanten nass spritzte, aber sie hatte ihn noch nie gesehen. Lauren hatte sich einmal darüber beschwert, dass sie mit giftigem Kanalwasser besprüht worden sei. Ihr hatte es nicht gefallen.
    Mitten auf der Brücke blieb Alice stehen. Sie stützte sich an dem blauen Eisengeländer ab und blickte auf den Kanal. Sie stand dem Meer gegenüber, aber durch die Industrieanlagen auf der Third Street konnte man es von hier aus nicht sehen. Dahinter lag der Buttermilk Channel, in den der Kanal floss. Sie blickte auf das trübe grüne Wasser, das sich in der ruhigen Luft nur leicht kräuselte. Jahrelang war das Wasser schmutzig und undurchsichtig gewesen, aber nachdem vor zwei Jahren die alte Pumpe repariert worden war, gab es angeblich wieder Fische, Krebse und Schildkröten. Einen Augenblick lang dachte sie, eines von den kleinen Geschöpfen zu sehen, aber es war nur ein vorbeihuschender Schatten.
    Es wurde schon heiß, als Alice sich schließlich abwandte und sich wieder auf den steilen Weg nach Carroll Gardens machte. Sie blickte nicht hin, als die gelben Vermisst- Zettel auftauchten, sondern ging immer weiter, Schritt für Schritt zum Polizeirevier.
    Die Detectives hatten sie gebeten, ihnen alles mitzuteilen, was ihnen einfiel. Alles könnte wichtig sein, hatte Giometti gesagt.
    Es kam Alice so vor, als sei Lauren von ihrem Stadtviertel und dem Kanal gleichsam verschluckt worden. Aber eins konnte Alice tun, um die Wahrheit aufzudecken – sie musste Maggies Lüge über Ivy richtig stellen.

KAPITEL 6
    A lice stieg die Treppe zum 76. Revier hinauf, das sich in einem flachen Gebäude mit blau gefliester Fassade befand, was in dieser Gegend mit alten Brownstones irgendwie unpassend wirkte.
    Hinter dem Eingang saß eine wasserstoffblonde ältere Frau in einem roten Trainingsanzug an einem kleinen Schreibtisch.
    »Ja?«, begrüßte sie Alice, ohne aufzublicken.
    »Sind Detective Viola oder Detective Giometti da?«
    Die Frau griff zum Telefon und wählte eine Nummer. Hinter ihr saßen drei uniformierte Beamte an einer Theke, telefonierten oder füllten Formulare aus. An der Wand hing eine Tafel, auf der festgehalten war, wo sich die Einsatzfahrzeuge befanden.
    »Okay«, sagte die Frau zu Alice, ohne genauer zu erläutern, wer denn nun heute früh im Haus war. »Wollen Sie hier warten?«
    Alice trat durch eine halbe Schwingtür in den großen, der Öffentlichkeit zugänglichen Bereich. Dort stellte sie sich neben die Tische mitten im Zimmer und sah sich um. Auf einem niedrigen Holzschrank stand ein großes Aquarium, mit einem sehr dicken Fisch und zahlreichen kleineren Exemplaren. An der Wand standen Getränke und Snack-Automaten, bei deren Anblick leise Übelkeit in ihr aufstieg.
    Als jemand ihr auf die Schulter tippte, fuhr sie herum.
    »Sie sind aber früh auf«, sagte Frannie.
    »Ich konnte nicht schlafen.«
    »Das kann ich gut verstehen.« Frannie sah müde aus, als habe sie ebenfalls eine schlaflose Nacht hinter sich. »Ich hatte Nachtschicht. Möchten Sie mit mir reden?«
    Alice nickte. Warum war sie sonst wohl hierher gekommen? Sie folgte Frannie an einer Glastür vorbei, auf der Sachbearbeitung Festnahmen (Bitte Waffen hier ablegen) stand.
    Dahinter befanden sich ein Metallschreibtisch,

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