7 Werwolfstories
Offensichtlich erinnerte er sich an die Ereignisse im Tempel und an den Wolf und den Bärtigen. »Gut, meine Liebe. Ich glaube dir. Frage mich nicht, warum, aber ich glaube dir. Und jetzt…«
»Jetzt ist alles klar, nicht wahr? Wir behalten ihn hier, wo er hilflos ist, und benützen ihn zu …«
»Der Wolf als Sündenbock. Ja. Sehr hübsch.«
»Oh! Noch etwas!« Sie hatte plötzlich Angst.
Wolfe Wolf überdachte die Möglichkeit eines Überraschungsangriffs auf Fearing. Wahrscheinlich konnte er fliehen, ehe Gloria Absarka sagte. Aber was dann? Wem konnte er sich zur Zurückverwandlung anvertrauen? Insbesondere wenn die G-men hinter ihm her waren.
»Was ist?« fragte Fearing.
»Die Sekretärin. Die kleine Maus im Büro. Sie weiß, daß ich nach dir gefragt habe und nicht nach Wolf. Fergus kann noch nicht mit ihr gesprochen haben, weil er auf meine Geschichte hereinfiel. Aber er wird’s sicher noch tun. Er ist sehr gründlich.«
»Hmm. In diesem Fall…«
»Ja, Oscar?«
»Man muß sich um sie kümmern.« Professor Oscar Fearing lächelte und griff nach dem Telefon.
In diesem Augenblick hatte Wolf eine plötzliche Eingebung und handelte impulsiv. Seine Zähne waren kräftig, kräftig genug, um die Telefonschnur von der Wand zu reißen. Dazu benötigte er nur eine Sekunde, und in der nächsten Sekunde war er aus dem Zimmer und im Korridor, ehe Gloria den Mund öffnen und das Wort sagen konnte, das ihn von einem starken und gefährlichen Wolf in einen schwachen Mann zurückverwandeln würde.
Er hörte gellende Schreie und ein- oder zweimal die Warnung ›tollwütiger Hund!‹, während er durch die Halle jagte, aber er kümmerte sich nicht darum. Hauptsache, daß er Emily in ihrer Wohnung erreichte, ehe man sich um sie ›kümmerte‹. Ihre Aussage war überaus wichtig; sie konnte bewirken, daß Fergus und die Abwehrleute erkannten, wer der wahre Schuldige war. Außerdem, gestand er sich plötzlich ein, war Emily ein nettes Mädchen.
Pro Wohnblock stieß er mit 1,66 Menschen zusammen, und wenn die Flüche, die man ihm nachsandte, auch nur die geringste Wirkung hatten, war er für alle Ewigkeit und darüber hinaus verdammt. Aber er kam rasch voran, und nur das zählte. Er sauste über Kreuzungen, behinderte Lastwagen, und einmal sprang er sogar über ein Auto, das ihm im Weg stand. Alles ging gut, und er hatte schon die Hälfte des Weges zurückgelegt, als zwei Zentner Menschenfleisch auf ihn herniederkrachten.
Durch die Sterne, die vor seinen Augen tanzten, weil jemand mit seinem Kopf auf den Asphalt hämmerte, sah er seine Nemesis – den Polizisten, der um sein Bier gekommen war.
»Hab’ ich dich endlich«, sagte der Beamte. »Jetzt wollen wir mal sehen, ob du eine Steuermarke hast. Du wußtest wohl nicht, daß ich Fußball spiele, was?«
Der Polizist hielt eine Handvoll Fell schmerzhaft gepackt. Ein neugieriger Zuschauerkreis stand herum und rief dem Beamten die tollsten Ratschläge zu.
»Weitergehen, Leute«, mahnte er. »Dies ist eine Privatangelegenheit zwischen mir und diesem Vieh. Na los, komm!« Und er riß noch kräftiger an dem Fell.
Wolf ließ ein großes Stück Fell samt der Haut darunter in der Hand des Polizisten und spürte, wie das Blut aus der Halswunde lief. Die erschreckten Leute ließen ihn durch. Zwei Kugeln zischten hinter ihm her, dann blieb der verblüffteste Polizist von ganz Berkeley zurück.
»Ich hab’ ihn getroffen«, wiederholte er immer wieder verständnislos, »ich hab’ ihn getroffen …«
Wolf raste den Corner Weg entlang. Noch zwei Blocks, dann hatte er den kleinen Bungalow erreicht, den Emily mit einer Hilfsassistentin teilte. Das kaputte Telefon konnte Fearing nicht lange aufgehalten haben; sicher hatte er inzwischen die Befehle erteilt, und seine
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