7 Werwolfstories
Wirklichkeit dachte er nur: Ich muß Emily retten.
Als er noch einen Block entfernt war, hörte er Schüsse. Pistolenschüsse und, so kam es ihm vor, auch das Rattern eines Maschinengewehrs. Das verstand er zwar nicht, doch er lief weiter. Dann fuhr ein knallgelber Sportwagen an ihm vorbei, aus dessen Fenster ein heller Blitz zuckte. Instinktiv duckte er sich. Auch wenn man kugelfest ist, stellt man sich nicht als Zielscheibe hin.
Der Sportwagen fuhr weiter, und er wollte ihm schon folgen, als er einen funkelnden Metallschimmer bemerkte. Die Kugel, die ihn verfehlt hatte, war von einer Ziegelmauer abgeprallt und lag auf dem Bürgersteig. Da lag sie glitzernd vor ihm – reines Silber.
Das, so wurde ihm abrupt klar, war das Ende seiner Immunität. Fearing hatte Glorias Geschichte Glauben geschenkt, und auf Grund seiner Beschäftigung mit dem Okkultismus kannte er auch die wirksame Gegenwaffe. Von jetzt an könnte eine Kugel mehr sein als nur ein Nadelstich und seinen sofortigen Tod bedeuten.
Er setzte seinen Weg fort.
Vorsichtig näherte er sich dem Tempel und suchte hinter den Sträuchern Deckung. Aber er war nicht der einzige, der Deckung suchte. Vor dem Tempel stand ein zerschossenes Auto, und dahinter kauerten Fergus O’Breen und ein mondgesichtiger Riese. Mit ihren Revolvern schössen sie auf gut Glück auf den Turm des Tempels.
Wolfs scharfes Gehör fing ihre Unterhaltung trotz des Geknalles auf. »Gabe ist hinten«, erklärte der Riese. »Aber das nützt uns wenig. Weißt du, was der Turm in Wirklichkeit ist? Ein drehbarer, gepanzerter Maschinengewehr-Stand. Die haben sich auf eine derartige Situation vorbereitet. Soviel wir wissen, sind nur zwei Männer drin, aber sie können das ganze Gelände bestreichen.«
»Nur zwei?« murmelte Fergus.
»Und das Mädchen. Sie haben ein Mädchen hergebracht. Falls es noch lebt.«
Fergus zielte sorgfältig, feuerte und duckte sich rasch hinter den Wagen, als eine Kugel um Haaresbreite an ihm vorbeifuhr. »Wieder daneben! Bei allen Göttern Griechenlands, Moon, es muß doch einen Weg geben, um da ‘reinzukommen. Wie wäre es mit Tränengas?«
Der Riese grunzte. »Glaubst du, daß du aus diesem Winkel genau die Schießscharte des Panzerturms treffen kannst?«
»Das Mädchen …«, sagte Fergus.
Wolf wartete nicht länger. Als er vorwärts sprang, sah der Maschinengewehrschütze ihn und legte eine Salve auf ihn. Sie traf ihn wie ein Regenguß aus Stahlnadeln. Wolfs Nerven schmerzten von der Anstrengung, die Wunden zu schließen. Wenigstens benutzte man keine Silbergeschosse.
Die Eingangstür war verschlossen, aber die Kraft seines Sprunges ließ ihn hindurchbrechen, und dabei prellte er seine eine Schulter. Der Posten im Erdgeschoß, ein widerlicher Kerl mit einem hervorstehenden Adamsapfel, sprang auf, den Revolver schußbereit in der Hand. Hinter ihm, inmitten der Paraphernalien, die für den Kult gebraucht wurden – zeremonielle Gewänder, Weihrauchkessel, seltsame Bücher und sogar ein Ouija-Brett –, lag Emily.
Der Posten feuerte. Die Kugeln trafen Wolf mitten in die Brust, und er war auf seinen Tod gefaßt. Aber auch diesmal waren es nur Bleikugeln gewesen, und er sprang vorwärts. Seinem Sprung fehlte der gewohnte Schwung, denn er war fast am Ende seiner Kräfte. Er hätte sich so gern auf den kühlen Erdboden gelegt, um sich zu erholen. So stieß er zwar gegen seinen Feind, konnte ihn aber nicht zu Boden werfen.
Der Mann drehte seinen nutzlosen Revolver um und schlug den Griff auf den Kopf des Tieres. Wolf stolperte zurück, verlor das Gleichgewicht und fiel um. Einen Moment lang konnte er sich nicht wieder erheben. Die Versuchung, einfach so liegen zu bleiben, war übermächtig.
Das Mädchen
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