7 Werwolfstories
wichtiger sind als jede Filmerei, obgleich man dort, wo Sie herkommen, vielleicht gegenteiliger Meinung ist. Eines dieser Dinge ist ein Staatsgefüge, das Vereinigte Staaten heißt. Ein anderes ist eine abstrakte Doktrin, die man Demokratie nennt.«
»Und?«
»Und so will ich eine Frage an Sie richten: Weshalb sind Sie nach Berkeley gekommen?«
»Aus Publicity-Gründen natürlich. Ihre eigene Schwester hat sich das ausgedacht.«
»Aber Sie sind eine launische Diva geworden und haben bessere Projekte abgelehnt. Warum griffen Sie jetzt so begeistert zu?«
»Sie pflegen für gewöhnlich nicht bei Publicity-Touren zu erscheinen. Weshalb sind Sie hier, Fergus?«
Fergus schritt wieder auf und ab. »Und weshalb haben Sie sofort nach Ihrer Ankunft das germanistische Institut besucht?«
»Ist die Erklärung dafür nicht ganz einfach? Ich habe hier mal studiert.«
»Ihr Hauptfach war Theaterwissenschaft, und Sie sind nicht mal in die Nähe vom Little-Theater gegangen. Warum das germanistische Institut?« Er blieb vor ihr stehen und fixierte sie mit seinen grünen Augen.
Gloria nahm die Haltung einer gefangenen Königin an, die ihrem barbarischen Eroberer die Stirn bietet. »Also gut. Wenn Sie es unbedingt wissen wollen –, ich ging ins germanistische Institut, um den Mann zu besuchen, den ich liebe.«
Wolf hielt den Atem an und bemühte sich, mit seinem Schwanz nicht zu wedeln.
»Ja«, fuhr sie leidenschaftlich fort, »Sie reißen mir die letzte Hülle von der Seele und zwingen mich, etwas zu gestehen, was zuerst er hätte hören sollen. Jener Mann machte mir einen schriftlichen Heiratsantrag. Ich war dumm und lehnte ab. Aber ich mußte immer wieder daran denken, und dann war ich mir sicher. Als ich nach Berkeley kam, mußte ich ihn sehen.«
»Und haben Sie?«
»Die mausige kleine Sekretärin sagte mir, er sei nicht da. Aber ich werde ihn sehen. Und dann …«
Fergus verneigte sich steif. »Dann kann man Ihnen beiden nur Glück wünschen. Und wer ist dieser Glücklichste von allen?«
»Professor Wolfe Wolf.«
»Bei dem es sich zweifellos um die Person handelt, die hier erwähnt ist?« Er zog ein Papier aus der Jackentasche und hielt es Gloria vor die Augen. Sie erblaßte und schwieg. Aber Wolfe Wolf war an keiner Antwort interessiert. Er wußte jetzt, wie sein Problem zu lösen war und schlich sich unbemerkt ins Schlafzimmer.
Eine Minute später betrat Gloria Garton das Schlafzimmer, ganz verstört. Sie entstöpselte eine der Parfümflaschen auf dem Toilettentisch und goß sich einen Whisky ein. Als sie einen Blick in den Spiegel warf, zog sie überrascht die Augenbrauen hoch. Mit ihrem eigenen tiefroten Lippenstift hatte jemand das mysteriöse Wort
ABSARKA
quer über die Scheibe geschmiert.
Stirnrunzelnd las sie es laut.
Hinter einem Wandschirm trat Professor Wolfe Wolf hervor, höchst unpassend in einen üppigen Morgenrock gehüllt. »Gloria, Liebste …«, rief er.
»Wolf!« stieß sie hervor. »Was machen Sie in meinem Zimmer?«
»Ich liebe Sie. Ich habe Sie immer geliebt, seit Sie den Unterschied zwischen einem transitiven und einem intransitiven Verb nicht wußten. Und jetzt, da ich weiß, daß Sie mich lieben …«
»Wie entsetzlich! Bitte gehen Sie!«
»Gloria…«
»Raus, oder ich hetze meinen Hund auf Sie! Wolfi – komm, braver Wolfi!«
»Tut mir leid, Gloria, aber Wolfi wird nicht kommen.«
»Oh, Sie Monstrum! Haben Sie ihm etwas angetan? Haben Sie …?«
»Ich würde nicht ein Haar seines Felles krümmen. Denn sehen Sie, Liebste, ich bin Wolfi.«
»Was um alles in der Welt« – Gloria sah sich im Zimmer um. Es stand unleugbar fest, daß es keine Spur von einem Wolf gab. Und hier stand ein Mann vor ihr, der nur einen ihrer Morgenröcke trug, und von einem Herrenanzug war nichts zu
Weitere Kostenlose Bücher