Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
7 Werwolfstories

7 Werwolfstories

Titel: 7 Werwolfstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Schelwokat
Vom Netzwerk:
Stein­mau­er ge­ket­tet war. Das Ge­sicht war un­ter dem lan­gen, ver­filz­ten Haupt- und Bart­haar kaum zu er­ken­nen. Nur die Au­gen sta­chen fie­brig dar­aus her­vor. Gie­rig blick­ten sie auf Tan­jas Hand, die das ver­schim­mel­te Stück Brot hielt.
    »Aber na­tür­lich«, sag­te Tan­ja, als sie den Blick der glü­hen­den Au­gen deu­te­te, »ich ha­be dich nicht ver­ges­sen. Da, fang auf!«
    Ob­wohl die Arm­ket­ten nur einen hal­b­en Me­ter lang wa­ren, fing Ro­bert das Brot ge­schickt auf. Er streck­te die Rech­te, er­reich­te das Brot mit den Fin­ger­spit­zen und gab ihm ei­ne an­de­re Flug­rich­tung, so daß es in die auf­ge­hal­te­ne Lin­ke fiel.
    »Bra­vo!« rief Tan­ja und klatsch­te in die Hän­de.
    Ro­bert be­ach­te­te sie nicht, er grub sei­ne Zäh­ne in das har­te Brot und riß ein Stück da­von ab. Er kau­te es nicht erst lan­ge, son­dern schluck­te es, um dem nächs­ten Bis­sen Platz zu ma­chen. Er war hung­rig, und dement­spre­chend schnell hat­te er das Stück Brot ver­schlun­gen. Als er fer­tig war, be­trach­te­te er un­gläu­big sei­ne Hän­de und leck­te mit hei­ßer, kleb­ri­ger Zun­ge die letz­ten Krü­mel auf. Da­nach such­te er mit den Au­gen und tas­ten­den Ze­hen den Bo­den ab, fand aber nichts au­ßer Schmutz.
    Ro­bert grunz­te un­zu­frie­den.
    »Hast du noch Hun­ger?« frag­te Tan­ja.
    Er nick­te eif­rig.
    »Kannst du nicht spre­chen?«
    »Hung­rig«, krächz­te er. »Hun­ger!«
    »Es gibt nichts mehr«, er­klär­te Tan­ja.
    Wie­der stieß Ro­bert einen un­zu­frie­de­nen Laut aus.
    »Es gibt nichts mehr, ha­be ich ge­sagt!« schrie sie ihn an. »Hast du nicht ver­stan­den, du ge­frä­ßi­ges Un­ge­heu­er?«
    Ro­bert schreck­te zu­rück, preß­te Ar­me und Bei­ne so gut es ging ge­gen den Kör­per und blin­zel­te ver­stoh­len zu ihr hin­über.
    »Was ist? Warum fürch­test du dich?« er­kun­dig­te sich Tan­ja, ob­wohl sie wuß­te, daß Ro­berts In­stinkt ihn das Kom­men­de ah­nen ließ. Au­ßer­dem ge­hör­te nicht viel In­stinkt da­zu, denn der Ri­tus wur­de von ihr in je­der Voll­mond­nacht nach dem glei­chen Sche­ma ze­le­briert. Zu­erst das Brot, dann die Beich­te und schließ­lich die Peit­sche.
    »Warum zit­terst du?«
    Er win­sel­te. Sie war­te­te. »Angst«, stieß er keu­chend her­vor.
    »Wo­vor fürch­test du dich? Et­wa vor der Süh­ne? Das ist egois­tisch, Ro­bert. Ge­recht ist, daß du für dei­ne Sün­den bü­ßen mußt.«
    Tan­ja schlug die Tür zu, und Ro­bert rich­te­te sei­ne Au­gen auf das Stück frei­ge­leg­te Wand. Dort hin­gen ei­ne Peit­sche und ein Re­vol­ver.
    Lang­sam ging Tan­ja zu der Peit­sche, nahm sie be­hut­sam her­un­ter und ließ sie ein­mal kräf­tig schnal­zen.
    »Voll­mond ist’s, Ro­bert«, sag­te sie. In ih­ren sonst so le­thar­gi­schen Kör­per kam Le­ben, ih­re Au­gen sprüh­ten vor Haß. »Beich­te!«
    Die aus­ge­mer­gel­te Krea­tur, die in Ket­ten hing und ihr Mann Ro­bert war, kreisch­te ängst­lich auf; es klang wie der Kla­ge­laut ei­nes Wolfes.
    Tan­ja sprang mit zwei Sät­zen nä­her, hol­te mit der Peit­sche aus, und der ge­floch­te­ne Le­der­rie­men schlug klat­schend auf Ro­berts zu­sam­men­ge­krümm­ten Kör­per. Die Ket­ten ras­sel­ten, als er sich vor Schmerz auf­bäum­te.
    »Beich­te dei­ne Sün­den!« schrie ihn Tan­ja an; be­vor sie noch ein zwei­tes­mal zu­schla­gen konn­te, spru­del­te Ro­bert un­ver­ständ­li­che Lau­te her­vor, die erst bei län­ge­rem Hin­hö­ren als sinn­vol­le Wor­te zu er­ken­nen wa­ren.
    »Ich ge­ste­he … ha­be ein sieb­zehn­jäh­ri­ges Mäd­chen … ge­tö­tet … als es sich ah­nungs­los mit mir ver­ab­re­de­te – in ei­ner Voll­mond­nacht. Ich ge­ste­he und be­reue!«
    »Du und be­reu­en!« Tan­ja spie die Wor­te förm­lich aus. Wie­der hol­te sie mit der Peit­sche aus, aber wie­der hielt sie mit­ten in der Be­we­gung in­ne. Ro­bert be­gann plötz­lich schein­bar grund­los zu win­seln, sein Kör­per schüt­tel­te sich in Krämp­fen.
    Tan­jas Au­gen zo­gen sich zu schma­len Schlit­zen zu­sam­men.
    »Es über­kommt dich al­so be­reits wie­der«, stell­te sie fest.
    Als der Schmerz nachließ, fiel Ro­berts Kör­per kraft­los in sich zu­sam­men.

Weitere Kostenlose Bücher