7 Werwolfstories
meiner Frage von vorhin zurück. Wollen Sie wieder zum Film? Wenn nicht, möchte ich Ihnen einen anderen Vorschlag machen.«
»Und der wäre?«
»Sie sagten, daß Sie darüber nachdachten, wie Sie aus Ihrer speziellen Fähigkeit einen praktischen Nutzen schlagen könnten. Gut. Sie sind kräftig und schnell. Sie können Menschen eine derartige Furcht einjagen, daß sie Selbstmord begehen. Sie können Gespräche mithören, die kein Mensch belauschen könnte. Sie sind kugelfest. Gibt es bessere Qualifikationen für einen G-man?«
Wolf quollen die Augen aus dem Kopf. »Ich? Ein G-man?«
»Moon hat mir erzählt, wie dringend neue Leute gebraucht werden. Die Anforderungen wurden neulich erst geändert, so daß Ihre Sprachkenntnisse anstelle eines Jurastudiums oder einer Ausbildung als Buchhalter, wie man es bisher verlangte, genügen. Und nach dem, was Sie heute geleistet haben, wird man wenig auf den kleinen Skandal während Ihrer Akademikerzeit geben. Moon ist sehr angetan von Ihnen.«
Wolf war sprachlos. Noch vor drei Tagen hatte es ihn bedrückt, daß er weder Schauspieler noch G-man war. Und jetzt…
»Überlegen Sie es sich«, sagte Fergus.
»Das werde ich tun. Ganz bestimmt. Oh, da fällt mir noch etwas ein. Hat man irgendeine Spur von Ozzy gefunden?«
»Nichts.«
»Ich mag ihn gern. Ich muß ihn finden und …«
»Wenn er der Zauberer ist, für den ich ihn halte, dann bleibt er nur da oben, weil es ihm behagt.«
»Ich weiß nicht recht. Auch die Magie hat ihre Fallstricke. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich werde alles für den alten Fransenbart-Kollegen tun, was in meiner Macht steht.«
»Viel Glück. Soll ich Ihren nächsten Besuch hereinlassen?«
»Wer ist es?«
»Ihre Sekretärin. Sie ist zweifellos streng dienstlich gekommen.«
Fergus verschwand diskret, nachdem er Emily eingelassen hatte. Sie ging zum Bett und griff nach Wolfs Hand. Seine Augen nahmen ihre ruhige, bezaubernd einfache Erscheinung auf, während sein Verstand sich fragte, welcher Grille einer zurückgebliebenen Entwicklung er es zu verdanken hatte, daß er den aufdringlichen Reizen von Gloria derartig hatte erliegen können.
Lange Zeit herrschte Schweigen. Dann sagten beide wie aus einem Munde: »Wie soll ich dir danken? Du hast mir das Leben gerettet.«
Wolf lachte. »Wir wollen darüber nicht streiten. Laß uns einfach sagen, wir haben unser beider Leben gerettet.«
»Ist das dein Ernst?« fragte Emily.
Wolf drückte ihre Hand. »Hast du es nicht satt, nur eine Büro-Frau zu sein?«
Im Basar von Darjeeling starrte Chulundra Lingasuta in stummem Erstaunen sein Seil an. Vor fünf Minuten war der junge Ali hinaufgeklettert, aber als er jetzt herunterkam, war er hundert Pfund schwerer und trug einen seltsamen Fransenbart.
Regina Lysonek Schwarzes Blut
Tanja Totzky starrte aus dem Wohnzimmerfenster hinunter auf das schäumende Meer, auf die wildromantischen Klippen, an denen sich die Wellen brachen. Sie war so in ihre Gedanken versunken, daß sie das Dienstmädchen nicht hereinkommen hörte.
»Signora, Signora!«
Die zaghafte Stimme des Mädchens ging in dem Rauschen unter, das Tanjas Gehör voll und ganz beanspruchte. Tanja stand in diesem Augenblick nicht hier am Fenster, sie erblickte das aufgepeitschte Meer nicht – sie träumte mit offenen Augen. Sie träumte von ihrer Jugend und von dem, was sie sich für die Zukunft damals erhoffte. Nichts von dem hatte sich erfüllt, nichts würde sich je verwirklichen. Tanja stand am Ende all ihrer Träume, in einer schrecklich nüchternen, illusionslosen Gegenwart.
Das Meer war wild diese Nacht – aufgewühlt von den heftigen Westwinden; golden glänzend, wo die letzten Strahlen der untergehenden Sonne einen Weg durch die
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