7 Werwolfstories
kochenden Krater Wache stand.
Anscheinend war die Vorderfront des Hauses ganz dunkel, denn kein Lichtschein fiel auf den Rücken des Pianisten. Er hob sich als schwarze Silhouette gegen den im Mondlicht schimmernden Schnee ab. Der Schatten des massiven Turms, der die Achse des Hauses bildete, wirkte wie der Turm einer mächtigen Burg. Foote sah die schmalen Schlitze der Schießscharten vor sich, die leer in die Landschaft starrten, und jede Mauerzacke trug einen Helm aus Schnee.
Er konnte fühlen, wie das Haus sich gegen das Drohen zusammenkauerte, das die weiße schottische Nacht in sich barg. Und über allem lag das Aroma des Alters. Die Vorhänge rochen nach Staub und Gewürzen. Es schien ganz ausgeschlossen, daß es außer Foote und Jarmoskowski noch andere lebende Wesen gab.
Nach einer Weile zog Foote den Vorhang leise etwas zurück. Da das Mondlicht auf sein Gesicht fiel, trat er etwas zurück und lugte durch den Spalt hinaus.
Falls Jarmoskowski die verstohlene Bewegung wahrgenommen hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Er blieb in die herbe Schönheit der Nacht versunken. Von seinem Platz aus konnte er Newcliffes Besitz fast ganz übersehen. Selbst der dunkle Saum des Waldes hinter dem Golfplatz war durch die trockene kalte Luft sichtbar. Ein paar Bäume, die dichter am Haus standen, warfen scharf gezeichnete Schatten auf den Schnee, Schatten, die im Mondlicht langsam Platz und Form veränderten.
Jarmoskowski seufzte und kratzte sich die linke Handfläche. Seine Lippen bewegten sich lautlos.
Eine Wolke schob sich über den Mond, ihr Schatten eilte wie eine schwarze Flut dem Mondlicht voraus. Die sanften Wellen des Schneefeldes schienen wie Brecher vor der Flut dahinzurollen, vorwärts, zurück und dann wieder näher kommend. Ganz kurz ertönte ein dünnes Pfeifen des Windes, der kristalline Schneewolken von den Steinplatten der Terrasse hochwirbelte. Für eine lange Minute blieb alles still und dunkel. Dann ertönte aus der Richtung der Stallgebäude und Gewächshäuser das leise, anhaltende Jaulen eines Hundes, in das andere Hunde einstimmten.
Jarmoskowskis Zähne leuchteten aus dem Dunkel. Er verhielt noch einen Augenblick, dann wandte er blitzschnell den Kopf, und aus seinen Augen schoß ein rötlicher Blitz gegen das dunkle Fenster, hinter dem Foote stand. Foote ließ hastig die Vorhänge zusammenfallen, doch konnte er deutlich des Pianisten glitzernde Zähne sehen.
Wieder winselte der Hund. Jarmoskowski ging ins Haus zurück.
Foote schlich sich zur Tür und schielte vorsichtig in den Korridor hinaus.
Es gibt Männer, die an einer Bar nicht vorbeigehen können; andere können an keiner Frau vorbeigehen; und wiederum andere können an keiner seltenen Briefmarke oder einem Feuer vorbeigehen. Foote war der geborene Schnüffler, doch mußte man ihm diesmal eines zugute halten: Er wünschte selbst, daß er sich irrte.
Im Korridor brannte nur eine einzige schwache Lampe. Jarmoskowskis Zimmer lag neben dem von Foote am Ende des Flurs. Als der Pianist nachdenklich darauf zuging, öffnete sich die Tür gegenüber von Footes Zimmer, und Doris Gilmore erschien in einem gesteppten saphirblauen Morgenrock mit hohem Russenkragen. Die Wirkung wurde durch das Handtuch über ihrem Arm und durch die Zahnbürste in ihrer Hand etwas beeinträchtigt, doch sie sah erstaunlich hübsch aus.
»Oh!« sagte sie. Jarmoskowski wandte sich zu ihr, und eine Weile standen sie sich schweigend gegenüber.
Foote knirschte mit den Zähnen. Sollte auch das Mädchen ein Zeuge dessen werden, was er von Jarmoskowski erwartete? Das wäre im höchsten Grade unanständig. Und es mußte fast Mitternacht sein.
Noch immer rührten sich die beiden
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