7 Werwolfstories
nicht. Zitternd schob sich Foote in den Korridor hinaus und schlich hinter Jarmoskowskis Rücken an der Wand entlang zu dessen Zimmer. Zum Glück war die Tür offen.
Mit leiserer Stimme sagte Doris: »Ach, du bist es, Jan. Du hast mich erschreckt.«
»Das habe ich bemerkt. Tut mir leid«, sagte Jarmoskowski. Wieder schob Foote seinen Kopf so weit vor, daß er die beiden sehen konnte. »Es scheint, daß wir beide die Nachteulen der hier Versammelten sind!«
»Ich glaube, die anderen sind alle betrunken. Besonders dieser widerliche Maler. Ich habe die Zeitschriften durchgeblättert, die Tom mir gab, und jetzt wollte ich auch versuchen zu schlafen. Was hast du denn gemacht?«
»Ich habe auf der Terrasse ein bißchen Luft geschnappt. Ich mag die Winternacht – die Luft beißt.«
»Auch die Hunde sind unruhig«, sagte sie. »Hast du sie gehört? Ich glaube, Brucey hat den Anfang gemacht.«
Jarmoskowski lächelte. »Sehr wahrscheinlich. Weshalb mag wohl Vollmond die Hunde so melancholisch stimmen?«
»Vielleicht geht ein Spuk um.«
»Das möchte ich bezweifeln«, sagte Jarmoskowski. »Das Haus ist nicht alt genug, um sich mit Gespenstern brüsten zu können; es ist zwar massiv gebaut, aber größtenteils relativ neu. Und soviel ich weiß, hat bisher keiner von Toms oder Carolines Verwandten das Privileg genossen, darin zu sterben.«
»Du sprichst, als ob du daran glaubtest.« Sie zog den Morgenmantel enger um sich. Foote konnte sich vorstellen, daß sie ein Schaudern unterdrückte.
»Ich stamme aus einem Land, in dem dieser Glaube weit verbreitet ist. In Polen sind Skeptiker meist aus dem Ausland importiert.«
»Ich wünschte, du würdest wenigstens so tun, als ob du eine Ausnahme wärst. Du machst mich schaudern, Jan.«
Er nickte ernsthaft. »Das ist – fair genug«, sagte er sanft.
Wieder Schweigen, während sie sich in dem trüben Licht erneut betrachteten. Dann machte Jarmoskowski einen Schritt vorwärts und nahm ihre Hände in seine Hände.
Foote fühlte sich ein wenig geniert. Nichts konnte normaler sein, und nichts interessierte ihn weniger. Wenn er sich doch getäuscht hatte, dann würde er sich bald in einer Situation befinden, für die es keine Entschuldigung gab.
Das Mädchen blickte unsicher lächelnd zu Jarmoskowski auf. Ihr Lächeln war so rührend, daß Foote sich in seiner Haut nicht mehr wohl fühlte.
»Jan«, sagte sie.
»Nein – Doris, warte«, sagte Jarmoskowski undeutlich. »Warte – nur einen Augenblick. Prag ist schon lange her.«
»Ich verstehe«, sagte sie und wollte ihre Hände aus den seiner. lösen.
Jarmoskowski sagte scharf: »Du verstehst überhaupt nichts. Damals war ich achtzehn und du – elf, glaube ich. Ich war sehr stolz darauf, von dir so angebetet zu werden, aber natürlich viel zu alt für dich. Jetzt ist der Altersunterschied nicht mehr so groß, und als ich heute nachmittag sah, wie schön du inzwischen geworden bist, da fielen die Jahre von mir ab – nein, nein, bitte hör mich zu Ende an! Ich muß dir noch etwas sagen. Ich liebe dich, Doris, genau wie auch du mich liebst. Aber …«
In dem kurzen Schweigen konnte Foote die schweren Atemzüge hören, die Doris zu unterdrücken versuchte. Er fühlte sich elend. Es ging ihn nichts an.
»Aber wir müssen noch etwas warten, Doris. Ich weiß etwas über dich, worüber du selbst dir noch nicht im klaren bist. Und ich muß dich vor etwas in Jan Jarmoskowski warnen, woran keiner von uns beiden früher auch nur im Traum gedacht haben würde.«
»Warnen – mich?«
»Ja.« Wieder machte er eine Pause. Dann sagte er: »Es wird dir schwerfallen, mir zu glauben. Aber wenn du es fertigbringst, können wir glücklich sein. Doris, ich kann kein Skeptiker sein. Ich bin …«
Er brach ab. Er hatte geistesabwesend auf ihre Hände geblickt, als ob er nach den
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