7 Werwolfstories
treffenden englischen Worten suchte. Dann drehte er langsam ihre Hände um, bis die Handflächen nach oben wiesen. Ein Ausdruck des tiefsten Erschreckens trat in sein Gesicht, und Foote sah, wie sein Griff krampfhaft fester wurde.
Dieses starre Schweigen bestätigte Footes Verdacht, aber das bereitete ihm kein Vergnügen. Er hatte Angst.
Einen Moment lang schloß Jarmoskowski die Augen. Seine Wangenmuskulatur zuckte, so heftig biß er die Zähne zusammen. Dann faltete er langsam Doris’ Hände zusammen, und seine merkwürdigen Finger schlössen sich um sie herum. Als er die Augen wieder öffnete, glühten sie wie Flammen.
Doris riß ihre Hände weg und kreuzte sie über ihrer Brust. »Jan – Jan, was ist? Was ist mit dir?«
Sein Gesicht, das sich unter dem Schock der Erkenntnis verzerrt hatte, glättete sich wieder.
»Nichts«, sagte er. »Was ich sagen wollte, ist völlig sinnlos. Ich habe mich albern benommen. Bitte verzeih mir. Es war nett, dich wieder getroffen zu haben, Doris. Gute Nacht.«
Er ließ sie stehen und ging den Korridor entlang. Doris blickte ihm nach, ihre Wangen begannen, feucht zu glänzen, und in einer Hand hielt sie immer noch die Zahnbürste.
Jarmoskowski drehte den Griff seiner Zimmertür und warf die Tür hinter sich ins Schloß. Es gelang Foote gerade noch, sich wegzuducken.
Draußen heulte ein Hund auf, dann war es ruhig.
Das Mondlicht schien durch das Fenster von Jarmoskowskis Zimmer auf ein sorgfältig aufgedecktes Bett. Die kalte Luft war in jeden Winkel gedrungen. Er fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar und ging über den Teppich zu dem Tisch neben dem Bett. In dem fahlen Licht wirkte sein Schatten seltsam verkürzt, als ob er auf allen vieren ginge. Auf dem Tischchen stand eine Lampe, und er wollte sie anknipsen.
Plötzlich stand er stockstill, die Hand nach dem Lichtschalter ausgestreckt. Er schien zu lauschen. Endlich wandte er sich um und blickte durch das Zimmer direkt auf die Stelle, wo Foote neben der Tür stand.
Dort war es am dunkelsten, da das Mondlicht nicht bis dahin reichte, aber Jarmoskowski sagte sofort: »Hallo, Paul, Sie sind ja reichlich spät auf.«
Foote antwortete nicht gleich. Er war immer noch vom Alkohol benebelt, und außerdem lähmte ihn die schiere Unmöglichkeit dessen, was er als Tatsache erkannt hatte. So stand er schweigend im Dunkel, beobachtete Jarmoskowskis verschwommenen Umriß neben dem Bett, und sein eigener Atem dröhnte laut in seinen Ohren. Zwischen ihnen lag der breite, flache Strahl des Mondlichts wie ein Fluß aus Metall.
»Ich gehe auch gleich schlafen«, sagte er endlich. Seine Stimme klang flach und rot und wie aus weiter Ferne, als ob sie jemand anderem gehörte. »Ich bin nur hergekommen, um Ihnen eine kleine Warnung zu geben.«
»So, so«, sagte Jarmoskowski freundlich. »Heute nacht scheinen sich Warnungen größter Beliebtheit zu erfreuen. Pflegen Sie Ihre Besuche immer mit einem Messer zu machen?«
»Das ist ja die Warnung, Jarmoskowski. Das Messer. Ich nehme es mit ins Bett. Es ist aus Silber.«
»Sie müssen betrunkener als gewöhnlich sein«, sagte der Komponist. »Warum gehen Sie jetzt nicht einfach ins Bett – mit dem Messer, wenn Ihnen das Spaß macht? Wir können uns am Morgen weiter unterhalten.«
»Kommen Sie mir nicht damit«, schnappte Foote. »Mir können Sie nichts vormachen. Ich weiß, was Sie sind.«
»Schön, Sie wissen also, was ich bin. Soll das ein Rätsel sein? Na gut, ich beiße an, wie Bennington sagen würde.«
»Ja, Sie würden beißen«, sagte Foote, und seine Stimme schwankte. »Soll ich wirklich sagen, was Sie sind, Jarmoskowski? Wo Sie herkommen, nennt man es ›wrolok‹, nicht wahr? In Frankreich heißt es ›loup-garou‹, in den Karpaten ›stregoika‹ oder ›strega‹, oder auch
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