7 Werwolfstories
sagen. Ich wollte mir eine Zigarette anzünden und wünschte sofort, es nicht versucht zu haben.
»Außerdem«, fuhr Cragin fort, »habe ich mit Ihrer Frau gesprochen. Sie scheint alles über diesen Wolf zu wissen.«
»Wirklich? Hat sie Ihnen erzählt, daß sie letzte Nacht einen hier gesehen hat?«
»Ja.« Cragins Lächeln verschwand. »Wo waren Sie übrigens letzte Nacht, als der Wolf erschien?«
»Im Dorf.«
»In der Taverne?«
»Nein. Ich machte bloß einen Spaziergang.«
»Einen Spaziergang?«
Unser Dialog war nicht sonderlich geistreich, aber er interessierte mich. Ich erkannte, daß Cragin ein bestimmtes Ziel verfolgte. So war es auch.
»Lassen wir das für den Augenblick«, schlug er vor. »Ich habe sowieso alle wichtigen Tatsachen beisammen. Jetzt versuche ich nur, etwas über die Gewohnheiten des Mordwolfs herauszufinden. Wir stellen nämlich eine Gruppe von Jägern zusammen. Sie hätten wohl keine Lust, sich uns anzuschließen, weil das nicht auf Ihrer Linie liegt, stimmt’s?«
Ich schwieg.
»Nun, stimmt’s?« wiederholte er. »Sie sind Schriftsteller, nicht wahr?«
Ich nickte.
»Wie ich höre, haben Sie eine Menge über übernatürliche Erscheinungen geschrieben. Sie haben gerade eine Geschichte über eine Art unsichtbares Monstrum beendet, sagt Ihre Frau.«
Ich nickte wieder. Das war am leichtesten, immer nur zu nicken.
Cragin erhob sich. »Kriegen Sie da manchmal komische Anwandlungen?« fragte er mich.
»Was soll das heißen?«
»Es scheint mir einleuchtend zu sein, daß ein Schriftsteller wie Sie natürlich ein bißchen – anders sein könnte. Wenn ich so sagen darf, könnte ich mir vorstellen, daß jemand, der über Monstren schreibt, über manche Dinge ziemlich merkwürdige Ansichten haben muß.«
Mir blieb die Luft weg, was ich hinter einem schnellen Grinsen verbarg. »Wollen Sie damit andeuten, daß, wenn ich eine Geschichte über ein Monstrum schreibe, es sich um ein autobiographisches Kapitel handelt?«
Das hatte er nicht erwartet. Ich stieß sofort nach.
»Na, was ist Ihnen denn?« sagte ich mit schleppender Stimme. »Finden Sie, daß ich wie ein Vampir aussehe?«
Cragin quälte sich ein Lächeln ab. »Es gehört zu meinem Beruf, mißtrauisch zu sein. Zeigen Sie mir Ihre Zähne, ehe ich antworte.«
Ich machte den Mund auf und sagte: »Aah!«
Das gefiel ihm auch nicht.
Ich sah meinen Vorteil und nutzte ihn.
»Was wollen Sie eigentlich, Cragin?« sagte ich fordernd. »Sie wissen, daß meine Frau einen Wolf gesehen hat. Sie wissen, daß er letzte Nacht erschienen ist. Sie wissen, daß er von hier weglief, anscheinend um den See ging, das Mädchen tötete und verschwand.
Wir haben Ihnen alle Auskünfte gegeben, die Sie haben wollten, es sei denn, Sie hegten die vage Idee, daß ich selbst irgendein Ungeheuer sei. Vielleicht verleitet Ihre hochwissenschaftliche Polizeitheorie Sie zu der Annahme, daß ich mich in einen Wolf verwandle, meine Frau erschrecke und dann weglaufe und mir im Dunkeln ein Opfer suche.«
Jetzt hatte ich ihn in Verlegenheit gebracht. »Ich bin an euch Hinterwäldlertypen nicht gewöhnt«, sagte ich. »Natürlich wußte ich, daß einige der Halbblutindianer hier an Geister und Werwölfe und Dämonen glauben, aber ich dachte nicht, daß Mitglieder der Mounted Police sich diesen Aberglauben zu eigen machen.«
»Aber wirklich, Mr. Colby, ich …«
Meine Hand lag auf der Türklinke. Ich deutete hinaus und lächelte liebenswürdig.
»Ich schlage vor, daß Sie Ihren Wolf jagen gehen.«
Er befolgte diesen Rat und ging.
Ich setzte mich hin und gestattete mir den Luxus eines gediegenen Schweißausbruchs, als Violet hereinkam.
Zum erstenmal benahm ich mich vernünftig. Meine direkte Attacke hatte sicherlich jeden
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