7 Werwolfstories
verfluchte Übel in den Adern des Werwolf s …
»Lisa«, flüsterte ich, »fühlst du dich wohl?«
»Natürlich, Charles. Hier, trink!«
»Ich meine, du fühlst nicht, daß dir etwas – geschehen könnte?«
»Nein. Nicht heute nacht. Alles ist in Ordnung. Ich bin ja bei dir.«
Sie lachte und küßte mich. Ich trank, um die Furcht herunterzuspülen, die ich nicht vertreiben konnte.
»Du wirst Violet nicht wieder erschrecken? Du wirst nicht mehr bei Nacht herumstreifen, bis über alles Gras gewachsen ist?«
»Natürlich nicht.« Sie hielt mir den Krug an die Lippen.
»Du wirst Geduld haben? Du wirst warten, bis ich einen neuen Plan ausgedacht habe?«
»Was immer du willst, Liebster.«
Ich sah sie voll an. »Es kann lange dauern. Vielleicht geht es nicht so schnell, wie ich erst dachte. Vielleicht bleibt uns kein anderer Ausweg als die Scheidung. Violet denkt in diesen Dingen sehr streng, und vielleicht wird sie dagegen ankämpfen. Die juristische Abwicklung kann Jahre dauern. Kannst du so lange warten?«
»Scheidung? Jahre?«
»Du mußt mir versprechen, daß du warten wirst. Daß du weder Violet noch jemand anders schadest. Sonst können wir nicht zusammenbleiben.«
Aus dem Schatten blickte mich ihr Gesicht an. Dann neigte sie sich vor, und ihre Lippen suchten meinen Mund.
»Gut, Charles. Wenn es nicht anders geht, dann kann ich warten. Ich kann warten.«
Ich trank wieder. Ich sah alles ganz deutlich; dann verschwommen; dann wieder deutlich. Das Hundegebell dröhnte in meinen Ohren, dann sank es zu einem fernen Surren ab. Lisas Gesicht sah riesengroß aus, dann verschwamm es zu nichts.
Der Wein war schuld daran, aber das war mir egal. Ich besaß Lisas Versprechen und Lisas Lippen. Ich ertrug die Spannung nicht länger. Diese letzten Tage waren wie ein nicht endenwollender Alptraum gewesen.
Ich trank tief vom Wein und von den Lippen.
Dann schlief ich ein …
Aufwachen!
Eine Stimme drang eindringlich an mein Ohr.
»Aufwachen, Colby! So machen Sie doch!«
Ich öffnete die Augen und setzte mich auf. Der Mond stand hoch am Himmel, und sein bleiches Licht fiel auf das Gesicht, das sich zu mir herunterbeugte – das Gesicht von Dr. Meroux.
»Hab’ geschlafen«, murmelte ich. »Wo ist Lisa?«
»Lisa? Außer Ihnen ist niemand hier. Wachen Sie auf, Mann, und kommen Sie mit.«
Ich stand auf, schwankte einen Moment, fing mich dann.
»Sind Sie in Ordnung?«
»Ja, Doktor. Was ist los?«
»Ich weiß nicht, ob …«
In seiner Stimme lagen Unentschlossenheit und eine Andeutung von Furcht. Diese Andeutung sprang auf mich über. Plötzlich war ich nüchtern und rief laut:
»Reden Sie, Doktor! Was ist geschehen?«
»Es handelt sich um Ihre Frau«, sagte er langsam. »Der Wolf kam heute nacht zu Ihrer Hütte. Ich kam zufällig vorbei und wollte nur mal nachsehen, ob alles in Ordnung sei. Als ich ankam, war der Wolf schon verschwunden. Aber …«
»Ja?«
»Der Wolf hatte Violet die Kehle zerbissen.«
Wir rasten durch die Dunkelheit, wie in einem schwarzen Nebel, der der Nacht um uns und der Furcht in uns entstammte.
Lisa hatte gelogen. Sie hatte mir Wein gegeben, gewartet, bis ich eingeschlafen war und dann zugeschlagen!
Ich konnte an nichts anderes denken.
Wir hatten die Hütte erreicht. Dr. Meroux kniete neben dem Bett, auf dem Violet lag. Sie lächelte schwach.
»Lebt sie noch?« keuchte ich.
»Ja. Ihre Kehle war aufgerissen, aber ich konnte die Blutung rechtzeitig zum Stillstand bringen. Es ist nicht allzu schlimm, doch hat sie einen Schock erlitten. Halten Sie sie für ein oder zwei Tage ruhig.«
Ich kniete neben meiner Frau nieder und legte meine Lippen über dem verbundenen Hals an ihre Wange.
»Gott sei gedankt«, flüsterte ich.
»Stellen Sie ihr keine Fragen«, empfahl Meroux. »Sie soll sich ausruhen. Anscheinend kam ich gleich nach dem Überfall hier an. Der Wolf muß durch das Fenster
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