7 Werwolfstories
Zähne aufeinander schlugen.
»Du weißt es nicht mehr, wie? Nun, das Mädchen ist tot.«
»Le bon Dieu sei gelobt!« hauchte Lisa.
Ich schnappte nach Luft. »Du dankst Gott – dafür?«
»Gewiß. Denn wenn sie nicht gestorben wäre – wenn sie den Biß eines Geschöpfes meiner Art überlebt hätte –, dann wäre sie selbst zu einer dieser unglückseligen Kreaturen geworden.«
»Oh.« Ich konnte kaum flüstern.
»Verstehst du denn nicht? Ich tue es doch nicht aus freien Stücken. Es ist der Hunger, immer der Hunger. Früher, wenn ich – die Verwandlung – kommen fühlte, bin ich weit fortgegangen, damit niemand etwas merkte. Aber letzte Nacht kam der Hunger so schnell über mich, daß ich wehrlos war. Trotzdem, es ist besser, daß das arme Kind tot ist.«
»Das ist das, was du denkst«, sagte ich. »Du läßt nur ein kleines Detail außer acht. Unser Plan ist ruiniert.«
»Wieso?«
»Meine Frau wird sich nicht mehr länger wegen eines imaginären Wolfs ängstigen. Wenn sie jetzt von einem Raubtier erzählt, das sie verfolgt, wird niemand sie für verrückt halten. Jeder weiß jetzt, daß es tatsächlich einen Wolf gibt.«
»Ich verstehe. Was schlägst du vor?«
»Nichts. Wir müssen unseren Plan aufgeben.«
Ihre Arme schlangen sich um meinen Hals, ihr zerschlagenes Gesicht drückte sich an das meine. »Charles«, schluchzte sie. »Du meinst, daß wir nicht zusammen …«
»Wie kannst du das erwarten, nach dem, was du getan hast?«
»Liebst du mich nicht mehr, Charles?«
Sie küßte mich, und ihre Lippen waren sanft. Das war nicht der Kuß eines Wolfs, sondern der warme, elektrisierende Kuß einer bezaubernden Frau. Ihre Arme waren weich. Ich fühlte, wie ich auf ihre Umarmung reagierte, spürte wieder das unglaubliche Begehren, das dieses Mädchen in mir entfachen konnte. Und ich wurde schwach.
»Es wird uns schon etwas einfallen«, sagte ich. »Aber du mußt mir versprechen – was letzte Nacht geschehen ist, darf sich nicht wiederholen. Und du darfst dich nie wieder meiner Frau nähern.«
»Ich verspreche es.« Sie seufzte. »Es wird schwer zu halten sein, dieses Versprechen. Aber ich werde mein möglichstes tun. Du kommst heute abend zu mir, ja? Dann können wir Zusammensein, und du wirst mich vor meinem – Hunger schützen.«
»Ich werde heute abend zu dir kommen«, sagte ich.
Ihre Augen flackerten in plötzlicher Furcht. »Charles«, flüsterte sie, »du mußt kommen, ehe der Mond aufgeht.«
Als ich zur Hütte zurückkam, wartete Violet vor der Tür auf mich. »Hast du es gehört?« fragte sie.
»Woher weißt du es?« gab ich zurück.
»Ein Mann ist hier, der dich sprechen will. Er hat es mir erzählt. Er fragte mich über den Wolf, und ich erzählte, was sich kürzlich abgespielt hat. Er ist drinnen und wartet auf dich.«
»Du hast es ihm erzählt«, wiederholte ich, »und er will mich sprechen.«
»Ja. Geh am besten allein hinein. Er heißt Cragin und ist von der Mounted Police.«
Mir blieb nichts anderes übrig, als hineinzugehen.
Ich hatte noch nie jemanden von der Northwest Mounted Police gesehen. Wenn nicht die Uniform gewesen wäre, hätte Mr. Cragin ein großstädtischer Polizeibeamter sein können.
»Mr. Charles Colby?« fragte er und stand auf.
»Ja. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich glaube, das wissen Sie. Es handelt sich um den Tod der kleinen Yvonne Beauchamps, drüben am See.«
Ich seufzte. »Man sagte es mir im Dorf. Ein Wolf, nicht wahr? Man fragte mich, ob ich einen gesehen hätte.«
»Und haben Sie?«
Ich zögerte, und das war falsch. Der große Mann in der Uniform sah mich lächelnd an.
»Ist nicht so wichtig. Jeder, der sich die Mühe macht, die Umgebung Ihrer Hütte zu betrachten, kann Hunderte von Wolfsspuren sehen. Übrigens führt eine Spur von hier aus um den See herum bis zum Blockhaus der Beauchamps. Ich bin ihr heute nachmittag gefolgt.«
Ich konnte nichts
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