7 Werwolfstories
besessen, blindlings, mein Gesicht und meine Hände wurden von den Zweigen zerkratzt, während ich auf die Hütte zujagte.
In der Hütte war es dunkel. Ich stürzte an die Tür, wollte sie öffnen, aber sie war verschlossen.
Drinnen schrie Violet auf, und ich war erleichtert. Zumindest lebte sie noch.
Denn jetzt hielt ein Gedanke mich gepackt.
Werwölfe verbreiten nicht nur Furcht und Schrecken – sie töten!
So waren ihre Schreie Musik in meinen Ohren, und als ich die Tür endlich aufbekommen hatte, stürzte sie sich weinend in meine Arme.
»Ich habe ihn gesehen!« flüsterte sie. »Er kam und sah durchs Fenster herein. Es war ein Wolf, aber die Augen waren wie die eines Menschen. Sie starrten mich an, diese grünen Augen – und dann versuchte er, die Tür aufzumachen – er heulte – ich glaube, ich fiel in Ohnmacht – o Charles, hilf mir – hilf mir …«
Ich konnte es nicht ertragen. Angesichts ihrer Todesangst konnte ich meinen Plan nicht verwirklichen. So nahm ich sie in die Arme und sprach tröstend auf sie ein.
»Ja, Liebling«, murmelte ich. »Ich weiß, daß du ihn gesehen hast, weil ich ihn auch sah, draußen im Wald. Und ich habe sein Geheul gehört. Jetzt weiß ich, daß du recht hattest – es gibt einen Wolf hier.«
»Einen Werwolf«, sagte sie hartnäckig.
»Jedenfalls einen Wolf. Und morgen gehe ich ins Dorf, und wir werden schon ein paar Jäger zusammentrommeln und das Scheusal finden.«
Da lächelte sie mich an. Sie konnte ihr Zittern nicht unterdrücken, aber sie brachte ein Lächeln zustande.
»Du brauchst keine Angst mehr zu haben, Liebes«, sagte ich. »Jetzt bin ich ja da. Alles ist wieder gut.«
In dieser Nacht schliefen wir eng umschlungen wie zwei verängstigte Kinder.
Und genau betrachtet, waren wir auch nichts anderes.
Es war schon über Mittag, als ich erwachte. Violet bereitete in aller Ruhe das Frühstück zu.
Ich stand auf und schabte mit der Rasierklinge über mein Gesicht. Das Essen stand auf dem Tisch, als ich mich hinsetzte, aber ich brachte kaum etwas hinunter.
»Die Spuren laufen um die ganze Hütte«, sagte Violet. Ihre Stimme klang fest – mein Glaube verlieh ihr Kraft.
»Gut«, sagte ich. »Ich gehe jetzt zur Kreuzung. Ich werde mit Leon, Doktor Meroux und ein paar anderen reden. Vielleicht spreche ich auch im Hauptquartier der Mounties vor, wenn mich jemand hinfährt.«
»Du willst mit auf die Jagd gehen?«
»Gewiß. Ich will beim Halali dabei sein. Das ist das mindeste, was ich tun kann – sonst würde ich mir nie verzeihen, daß ich dich so falsch beurteilt habe.«
Sie küßte mich.
»Und du wirst keine Angst mehr haben, allein hierzubleiben?«
»Nein. Jetzt nicht mehr.«
»Gut.«
Ich ging.
Auf dem Weg zum Dorf dachte ich über vieles nach. Meine Meditationen wurden jäh unterbrochen, als ich in Leons Taverne eintrat und einen Drink verlangte.
Der dicke Leon sprach am anderen Ende der Theke mit dem kleinen Dr. Meroux. Er wedelte mit den Armen und rollte die Augen, doch als er mich sah, hielt er inne und kam zu mir. Er lehnte sich über die Theke und starrte mir ins Gesicht.
»Ah, Monsieur Colby, es tut gut, Sie zu sehen.«
»Danke, Leon. Hatte viel zu tun in der letzten Zeit – konnte nicht oft herkommen.«
»Und es war in Ihrer Hütte, wo Sie viel zu tun hatten?«
Wieder dieser starre Blick. Ich zögerte, biß mir auf die Lippen. Schließlich sagte ich:
»Ja. Meine Frau hat sich nicht ganz wohl gefühlt, und ich habe mich die meiste Zeit um sie gekümmert.«
»Es ist einsam dort oben, nicht wahr?«
»Sie wissen ja selber, wie es ist.« Ich zuckte mit den Schultern. »Warum fragen Sie?«
»Kein besonderer Grund. Es ist nur, daß ich gern wüßte, ob Sie zufällig in den letzten Nächten etwas gehört haben?«
»Ob ich etwas gehört habe? Was hätte ich hören sollen? Frösche und Zikaden und …«
»Vielleicht Wölfe?«
Ich
Weitere Kostenlose Bücher