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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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von unten zu kommen. Das mußte er untersuchen. Er nahm also seinen kurzen Tabaksstummel heraus, tat, als ob er ihn stopfen wolle und ließ ihn fallen. Es war finster unten, darum fand er den Stummel nicht sogleich, als er sich niederkauerte, um ihn zu suchen.
    Bei dieser Gelegenheit hielt er sein Ohr ganz nahe an diejenige Stelle, wo unter dem Rock der Bäuerin ein Geräusch zu hören war. Ja, richtig! Es tickte eine Uhr!
    Er setzte sich wieder hin und stopfte sich die Pfeife.
    „Wie hoch an der Zeit wird es sein?“ fragte er.
    Dabei gab er dem neben ihm sitzenden Fritz einen Stoß, daß dieser ja nicht antworten solle. Da er schwieg, so meinte die Bäuerin:
    „Zwischen neun und zehn.“
    „Weißt's nicht genau?“
    „Nein.“
    „Könntst doch mal an die Uhr schauen. Ich will die meinige stellen.“
    „Das kannst doch auch.“
    „An deine Uhr sehen?“
    „Ich meine die drinnen in der Stuben.“
    „Und ich meine die Taschenuhr, die du einstecken hast.“
    „Ich hab keine.“
    „Freilich! Ich hör sie ja ganz deutlich schlagen.“
    Er bückte sich nieder, um sein Ohr an die betreffende Stelle zu bringen. Sie stand sofort erschrocken auf, sagte aber geistesgegenwärtig genug:
    „Das ist der Käfer hier im Holz, den's halt die Totenuhr nennen. Wann der da drinnen ist, so bleib ich nicht hier sitzen. Ich gehe fort.“
    Sie ging in das Haus.
    „Was hatt'st denn mit der Uhren?“ fragte Fritz.
    „Sie hat eine einstecken.“
    „Das glaub ich nicht, denn sie trägt keine Uhr. Sie kann das nicht leiden.“
    „Ich hab's aber deutlich hört!“
    „Wirst dich täuschen. Es wird die Totenuhren gewest sein.“
    „Nein. Sie hat eine Uhren einstecken. Ich hab extra meine Tabakspfeifen fallen lassen, um mich bücken zu müssen, damit ich horchen konnt.“
    „Sapperment! Sie ist fort gewesen! Hat eine Uhr einstecken! In welcher Gegend erklang sie denn?“
    „Da, wo bei denen Mannsbildern die Hosentaschen sind.“
    „Sollte sie Männerhosen anhaben!“
    „Als Samiel? Warum nicht?“
    „Wann wir dies derfahren könnten.“
    „Das ist gar nicht notwendig. Ich kann mir bereits auch ohne nähere Untersuchung denken, daß sie Männerhosen unterem Rock hat, wann's beabsichtigt, auszugehen. Aber komm, schnell, schnell!“
    „Wohin?“
    „Komm nur! Reden können wir nachher auch.“
    Sie eilten nach dem Hof. Dort stand ein hohes Fuder Grummet, welches noch nicht abgeladen war, weil es heut Sonntag war.
    „Da hinauf.“
    Mit diesen Worten ergriff der alte Sepp das Seil und turnte sich hinauf. Fritz folgte ihm sofort.
    „Leg dich platt nieder“, flüsterte der Alte.
    Fritz tat es und fragte:
    „Warum kletterst aber hieraufi?“
    „Weil ich die Bäuerin belauschen will.“
    „Wie denn?“
    „Von hier aus. Der Wagen steht hart an der Mauer. Schau, wir haben bis zu ihrem Fenster kaum zwei Ellen.“
    „Denkst, daß sie heraufkommen wird?“
    „Ganz gewiß.“
    „Warum?“
    „Das ist doch sehr einfach. Sie ist verschrocken, daß ich die fremde Uhr merkt hab, und wird dieselbige schnell verstecken.“
    „Das kann sie auch unten tun.“
    „Wird sich hüten!“
    „Wollte sie es überhaupt hier oben tun, wo wäre sie bereits herauf gekommen.“
    „Schau, wie so klug du bist!“
    „Denkst nicht so?“
    „Nein. Die ist gar vorsichtig. Wann sie wegen der Uhr vor mir ausreißt und sogleich nach ihrer Stuben rennt, so muß mir das auffallen. Also wird sie noch ein Weilchen warten.“
    „Kannst recht haben. Bist kein alberner Kerlen!“
    „Meinst! Hm!“
    „Aber wann's nun auch heraufi kommt und aber kein Licht mit hat.“
    „Oh, du talketer Bub! Was denkst von ihr! Ich bin überzeugt, daß sie diese Uhr erst jetzt irgendwo holt hat. Du nicht?“
    „Ich auch. Sie ist mit dem Bastian fortgewest.“
    „Nun, so ist sie ein Weib. Sie kann die Uhr nicht verstecken, ohne sie genau betrachtet zu haben.“
    „Das ist möglich.“
    „Hab nur Geduld. Wir warten.“
    „Aber wann sie nun aus dem Fenster schaut!“
    „Das müssen wir uns gefallen lassen. Kriech nur weiter einig ins Grummet, daß man dich nicht sehen kann. Ich steck so weit drin, daß ich nur noch mit der Nasen herausschau.“
    Sie hatten nur noch eine ganz kleine Weile zu warten, da sahen sie Licht erscheinen, erst in der vorderen Stube und dann in der Schlafstube der Bäuerin. Sie konnten ganz deutlich sehen, was sie tat.
    „Paß auf“, flüsterte der Sepp. „Erst schaut sie aus dem Fenster.“
    Er hatte ganz richtig geraten. Sie öffnete einen

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