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711 N. Chr. - Muslime in Europa

711 N. Chr. - Muslime in Europa

Titel: 711 N. Chr. - Muslime in Europa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Peter Jankrift
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Habe zu überlassen. Angesichts einer solchen Gesetzgebung dürften die Hoffnungen der Juden auf einen baldigen Herrschaftswechsel gerichtet gewesen sein. Dank weitgespannter Beziehungen der Gemeinden untereinander und familiärer Bindungen könnten sie gewusst haben, dass ein Leben unter muslimischen Machthabern für sie Schutz, Rechtssicherheit und – wenn auch mit Auflagen – Glaubensfreiheit bedeutete. Diese Ausgangslage vereinfachte zwar die muslimische Eroberung der Iberischen Halbinsel und beschleunigte den Untergang des Westgotenreiches, bietet aber keine hinreichende Erklärung für die Invasion als solche. Diese ist vielmehr als natürliche Fortsetzung der muslimischen Expansion anzusehen, die noch zu Lebzeiten Mohammeds (um 570–632) begonnen und sich ungebremst von einem Triumph zum nächsten fortgesetzt hatte. Erklärtes Ziel der Muslime war es ja, den neuen Glauben in der gesamten bekannten Welt zu verbreiten. Nach der Eroberung Nordafrikas war es also nur noch eine Frage der Zeit, wann der Angriff auf Europa erfolgen würde. Dass die Invasoren dafür den denkbar günstigsten Moment wählten, mag einer der vielen Zufälle der Weltgeschichte sein.

|48| Der lange Weg der Westgoten
    Mit dem plötzlichen Erscheinen der Hunnen im Osten Europas setzte um 375 nach Christus die große Völkerwanderung ein. Auf der Flucht vor dem kriegerischen Reitervolk aus den Steppen Asiens überquerten die nördlich der Donau siedelnden gotischen Stämme den Fluss, um sich mit Billigung von Kaiser Valens in Thrakien auf dem Gebiet des Römischen Reichs niederzulassen. Die Ansiedlung von Grenzvölkern als sogenannte »Foederaten« war im Imperium Romanum nichts Ungewöhnliches. Bündnisverträge, lateinisch
foedera,
bildeten die rechtliche Grundlage dafür. In diesem Fall aber geriet den Römern die massenhafte gotische Zuwanderung außer Kontrolle. Die römischen Grenztruppen wurden einfach überrannt. So behielten die Flüchtlinge entgegen dem Recht der
foedera
ihre Waffen. Dadurch wurden die unbequemen Gäste zu einer militärischen Bedrohung für Rom. Kaiser Valens, der versuchte, sich dem Zustrom entgegenzustellen, fiel ebenso wie die Mehrzahl seiner Soldaten in der Schlacht bei Adrianopel im August 378. Obwohl Rom und die Westgoten zwei Jahre später einen Vertrag schlossen, war der Friede nicht von Dauer.
    Um die Wende zum 5. Jahrhundert trotzte der Gotenkönig Alarich dem weströmischen Kaiser Honorius mit aller Macht. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung zog Alarich mit einem großen Heer nach Rom, eroberte die Stadt im August 410 und gab sie zur Plünderung frei. Als er bald darauf starb, wurde sein Schwager Athaulf zum neuen Heerkönig der Westgoten. Ihr Weg ging weiter Richtung Westen. Sie verwüsteten den Süden Galliens. Erst nach der Ermordung Athaulfs gelang die allmähliche Annäherung an Westrom. Im Jahre 416 sicherte sich der Westgotenkönig Walia in einem Bündnisvertrag mit den Römern für die militärische Unterstützung gegen Vandalen und Alanen auf der Iberischen Halbinsel Getreidelieferungen. Auf Betreiben des späteren Kaisers Constantius III. (gest. 421) wurde den Westgoten 418 erlaubt, sich im Südwesten Galliens niederzulassen. Toulouse wurde zur |49| Hauptstadt des Westgotenreiches. Damit fand der lange Weg nach nahezu einem halben Jahrhundert sein vorläufiges Ende.
    Beredtes Zeugnis vom raschen Aufblühen des tolosanischen Westgotenreiches legt bis heute der Codex Euricianus ab, das älteste der überlieferten frühmittelalterlichen Germanenrechte. Die Gesetzessammlung entstand unter König Eurich (reg. 466–484) oder seinem Sohn Alarich II. (reg. 484–507). Sie regelt vor allem Fragen des Besitz- und Erbrechts. Auf der Iberischen Halbinsel wurde der Codex Euricianus im späten 7. Jahrhundert zur Lex Visigothorum erweitert. Diese enthält unter anderem Bestimmungen zum Handel und zur Tätigkeit von Heilkundigen. Im Jahre 507 fiel das tolosanische Westgotenreich dem Machthunger seiner fränkischen Nachbarn zum Opfer. Der Merowingerkönig Chlodwig verleibte sich nach der Schlacht bei Vouillé seinen größten Konkurrenten um die Oberherrschaft in Gallien ein.
    In der Folgezeit gelang den Westgoten eine neue und zugleich letzte Reichsgründung jenseits der Pyrenäen auf der Iberischen Halbinsel. Fortan an war Toledo die Hauptstadt. Trotz zahlreicher innerer Wirren erlebte das toledanische Westgotenreich eine eindrucksvolle Blüte. Wohl bedeutendster Vertreter dieser

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