72 Tage in der Hoelle
Konzentrationslagern gesehen hatte. Sie alle waren noch vor wenigen Wochen lebenslustige junge Männer gewesen. Jetzt stolperten und schwankten sie beim Gehen wie schwächliche alte Männer, und die Kleidung hing lose über ihren knochigen Hüften und Schultern. Mehr und mehr ähnelten sie lebendigen Leichen, und ich wusste, dass auch ich nicht besser aussah. Ich spürte, dass sie die Hoffnung fast aufgegeben hatten, und ich konnte es ihnen nicht zum Vorwurf machen. Wir hatten schon so viel durchgemacht, und die Vorzeichen waren schlecht: Rafael war trotz seines tapferen Widerstandes gestorben. Unsere Expedition nach Osten war fehlgeschlagen. Zwei Versuche, die Berge im Westen zu besteigen, hätten beinahe mit einer Katastrophe geendet. Es war, als würde uns jede Tür, durch die wir gehen wollten, vor der Nase zugeknallt. Ja, wir würden es mit dem Funkgerät versuchen, da waren sich alle einig. Aber anscheinend sah keiner von ihnen einen Grund zu der Annahme, dass es funktionieren könnte.
Am nächsten Morgen, dem 22. November, machten Roberto und ich uns daran, das Funkgerät der Fairchild auszubauen. Das Cockpit war mit Skalen, Knöpfen und komplizierten Instrumenten vollgestopft, und angesichts unserer Unkenntnis konnten wir manchmal nur raten, was nun zum Funkgerät gehörte und was nicht. Schließlich stellten wir fest, dass es aus zwei Teilen bestand: Der eine war im Armaturenbrett des Cockpits befestigt, der andere steckte hinter einer Kunststoffabdeckung im Gepäckraum. Der Teil im Armaturenbrett mit den Anschlüssen für Kopfhörer und Mikrofon ließ sich leicht herausnehmen, nachdem wir ein paar Schrauben gelöst hatten. Der zweite dagegen war in einem dunklen, engen, flachen Hohlraum in der Wand eingezwängt, fester verankert und schwerer zugänglich. Unbeholfen, mit unseren Fingern sowie mit Kunststoff- und Metalltrümmern als einzigen Werkzeugen, versuchten wir, die Bolzen und Klammern zu lösen, die den Sender festhielten, aber es vergingen zwei frustrierende Tage, bis wir ihn von der Wand abnehmen konnten. Als wir ihn endlich losbekommen hatten und neben die Komponente aus dem Cockpit stellten, sah ich, dass unsere Bemühungen umsonst gewesen waren.
» Carajo! «, rief ich. »Seht euch nur dieses Durcheinander an!«
Aus der Rückseite beider Teile ragte ein Gewirr winziger elektrischer Drähte. »Das haut nie und nimmer hin, Roberto! Woher sollen wir wissen, wie diese Drähte zusammengehören?«
Roberto beachtete mich nicht, sondern zählte sorgfältig die Drähte an den beiden Komponenten.
»Aus der Rückseite dieses Teils kommen siebenundsechzig Drähte heraus, und aus dem Sender kommen auch siebenundsechzig«, sagte er dann.
»Aber welcher muss mit welchem verbunden werden?«, warf ich ein. »Das haut nie und nimmer hin. Es gibt viel zu viele Kombinationen.«
»Siehst du diese Markierungen?«, erwiderte er. »Jeder Draht ist anders gekennzeichnet. An den Markierungen können wir sehen, welche Drähte zusammengehören.«
»Ich weiß nicht, Roberto«, sagte ich. »Wir vergeuden so viel Zeit, und dabei wissen wir noch nicht einmal, ob das Funkgerät funktioniert.«
Robertos Augen flackerten vor Wut. »Dieses Funkgerät kann uns das Leben retten«, blaffte er. »Wir sind es uns schuldig, dass wir es versuchen, bevor wir in die Berge tappen und unser Leben wegwerfen.«
»Okay, okay«, sagte ich, um ihn zu beruhigen. » Está bien. Aber wir sollten Roy bitten, einen Blick darauf zu werfen.«
Ich rief Roy und zeigte ihm das Funkgerät. Er runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
»Ich glaube nicht, dass man das reparieren kann«, sagte er.
»Wir werden es reparieren«, erwiderte Roberto. » Du wirst es reparieren.«
»Das kann ich nicht«, schrie Roy. Seine Stimme wurde durch den Protest dünn und schrill. »Es ist viel zu kompliziert. Ich habe von solchen Funkgeräten keine Ahnung.«
»Nun krieg dich mal wieder ein, Roy«, sagte Roberto. »Wir werden dieses Funkgerät zum Flugzeugschwanz tragen. Du kommst mit. Wir machen das Gerät flott und rufen damit um Hilfe.«
Auf diese Nachricht hin weiteten sich Roys Augen vor Entsetzen. »Ich kann da nicht hingehen«, kreischte er. »Ich bin zu schwach! Sieh mich doch an! Ich kann kaum gehen. Bitte, ich schaffe es nicht bis zum Schwanz und zurück!«
»Du wirst es schaffen, weil du es schaffen musst«, erwiderte Roberto.
»Aber dieses Funkgerät lässt sich nicht reparieren«, heulte er. »Das ist unmöglich.«
»Vielleicht ist es
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