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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Teufelsbauer sehen läßt, so gibt es sicher ein Unglück im Dorfe; warte, ich will ihm zeigen, daß ich noch immer der Alte bin!“ zu sich gesprochen, hatte ihm der Advokat des Genannten tief hinab in das haßerfüllte Herz gegriffen und vernichtend Schlag auf Schlag gegen ihn geführt. Die Vergangenheit war mit ihren finsteren Gestalten an sein qualvolles Krankenlager getreten, und jede Stunde, an welche sie ihn erinnerte, hatte eine neue Anklage enthalten, war eine neue Drohung für ihn gewesen. Sollte es keine Sühne, keine Verzeihung geben? Ist im Himmel nicht mehr Freude über einen Sünder, der Buße tut, denn über neunundneunzig Gerechte, welche der Buße nicht bedürfen? Da vernahm er durch die nur angelehnte Tür des Nebengemachs die leisen Worte des Tannenbauers:
    „Marie, ich kann nicht schlafen und will mir Bücher suchen. Fahre mich hinein in die Stube, aber recht leise und heimlich, damit wir den Wiesenbauer nicht aufwecken!“
    Die Tür wurde geräuschlos geöffnet, und unter derselben erschien Haubold, welcher blaß und leidend in einem Rollstuhl lag. Er war bei dem Fall von der Felsenkanzel äußerlich unverletzt geblieben, und seine starke Konstitution hatte die dabei erfolgte innere Erschütterung beinahe überstanden.
    „Du wachst, Heinemann?“ fragte er, als er die offenen Augen desselben auf sich gerichtet sah. „Hast mehr geschlafen, als den ganzen Tag. Wie geht's nun alleweil?“
    „Im Bein mag's leidlich sein, aber wo anders ist's nicht so gut. Laß deine Bücher, und komm her zu mir, ich habe mit dir zu reden, oder hast du nicht Zeit dazu?“
    „Die Zeit ist da. Ich kann den Schlaf nicht finden und mag schon bei dir sein, wenn du's verlangst. Schieb mich hinzu, Marie, und bleibe dabei, für den Fall, daß mich die Schwäche überkommt!“
    Die Wirtschafterin brachte den Stuhl in die unmittelbare Nähe des Betts. Sie hatte mit Kathrine die wechselweisen Nachtwachen übernommen und widmete dabei den Kranken und besonders ihrem Herrn eine Aufmerksamkeit, welche selbst den kleinsten seiner Wünsche liebevoll zu erraten suchte.
    „Weißt du noch, als wir miteinander in der Schule gewesen sind?“ fragte der Wiesenbauer. „Wir waren gute Freunde; ich sagte ‚Friedmann‘ zu dir, oder kurzweg ‚Frieder‘, und du hast mich Andres genannt. Denk' mal, wir sitzen noch beisammen auf der Bank, und reich mir deine Hand!“
    „Die sollst du haben, Andres“, antwortete Haubold bereitwillig. „Es war die schönste Zeit in meinem ganzen Leben; das Übrige ist lauter Leid und Zorn gewesen!“
    „Aber daran trägst du nicht die Schuld, sondern ich allein. Seit der Bruder tot ist, habe ich dich beleidigt auf alle Weise, habe das Dorf gegen dich aufgehetzt und dir Schaden angetan, wo ich nur immer konnt! Du weißt am besten, wie ich dich verfolgt habe und gekränkt zu jeder Zeit und bei jeder Gelegenheit; aber dies weißt du nicht, daß ich viele Jahre hindurch auf dich gelauert habe, um meine Rache zu stillen. Und in der Nacht, wo bei mir Feuer war, bin ich dir nachgefolgt und habe mich auf dich geworfen, um dir das zu tun, was du dem Bruder getan hast. Aber du warst stärker als ich und hast dich gewehrt, so daß unter uns der Stein zerbrochen ist.“
    Er machte eine Pause. Auch Haubold schwieg. Er dachte an die fürchterlichen Augenblicke, in denen er unter dem grimmigen Feind gelegen und alle seine Kräfte aufgeboten hatte, um dem Tod zu entgehen. Noch vernahm er den donnernden Krach, welcher dem Kampf ein Ende gemacht hatte; an das weitere konnte er sich nicht erinnern; er war erst in der Ruine wieder erwacht.
    „Dann kam die Nacht in der Höhle“, fuhr Heinemann fort. „Oh, diese Nacht werde ich nimmer vergessen! Da hat dein Advokat die Akten hergenommen und mir die ganze Sündenschuld verlesen, und da drin im Gewissen hat der Richter gesessen und mir mein Urteil gesagt. ‚Was bist du doch für ein schlechter Kerl, Heinemann!‘ so hast du an dem Sonntag zu mir gesprochen; aber ich bin noch viel schlimmer gewesen, als du denkst. Daß mir der Hof verbrannt ist, das ist noch gelinde Strafe, die größte sitzt hier innen; da nagt der Wurm, der nie stirbt, und da frißt das Feuer, welches nimmer verlischt. Friedemann, gibt's keine Hilfe gegen diesen Brand? Du hast mir die Frau mit aus der Flamme gerettet; du könntest auch hier der Helfer sein, wenn du nur wolltest!“
    Haubolds Stimme zitterte, als er fragte:
    „Wie soll ich helfen, Andres?“
    „Vergib mir alle die Missetat, die mir

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