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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verboten, mich mit einem Grenzer oder Soldaten sehen zu lassen, weil die Schwärzer sonst Verdacht bekommen könnten.“
    Die Mutter sah zwar mit besorgtem, aber auch stolzem Auge auf ihren Sohn. Sie wußte, daß seine Vorgesetzten sehr viel auf ihn hielten, und wenn sie auch erkannte, daß ein Vorhaben wie das seinige ihn in große Gefahren bringen könne, so fühlte sie sich doch gehoben durch die Ehre, welche in dem ihm gewordenen Auftrag für ihn lag. Der Vater aber schüttelte bedenklich den Kopf und sprach:
    „Du bist mir zu Haus willkommen, Wilhelm, aber stell dir die Sache nur nicht leichter vor, als sie ist. Wenn es herauskommt, was du willst, so kann dir's sehr leicht an den Kragen gehen. Ich glaube, auf zehn Leute ist jetzt hier bei uns einer zu rechnen, der den stillen Handel treibt, und du machst dir auf Lebenszeit die ganze Gegend zum Feind.“
    „Laß nur gehen, Vater. Ich werde die Sache schon so andrehen, daß niemand etwas vermutet. Und an die dreihundert Taler mußt du doch auch mal denken!“
    „Das schon!“ schmunzelte er. „Es wäre ganz hübsch, wenn die hier auf den Tisch zu liegen kämen, aber das wird wohl seine gute Weile haben. Die dich herschicken, sind ganz gewiß sehr kluge Herren, aber wie's hier zugeht, das wissen sie doch so richtig nicht. Denke dir nur, wie's vorige Woche gewesen ist! Da droben an der Maut gibt's mitten in der Nacht auf einmal ein Getrappel; die Wache kommt heraus und sieht auch Reiter vor dem Haus halten, mit Gewehren in der Hand und die Pferde mit hohen Packen beladen. ‚Was Verzollbares?‘ fragt der Offizier. ‚Ja‘, antwortete der vorderste. ‚Was denn?‘ ‚Für fünftausend Taler feine Ware; aber kriegen tut ihr nichts dafür als bloß die Ehre, mit dem Pascherkönig geredet zu haben!‘ Und wie er das sagt, da lacht er laut und galoppiert mit den anderen davon, daß die Funken fliegen. Der Offizier hat den Mund aufgerissen und sich halbtot geärgert. Und am anderen Morgen da fehlen hier im Dorf acht Pferde, bei dem Dukatengrafen zwei, beim Richter zwei und die anderen bei vier kleinen Bauern. Die haben sie heimlich aus den Ställen gezogen und drüben im Kaiserlichen noch gleich am anderen Tag verkauft, wie sich herausgestellt hat. Solche Dinge werden jetzt gewagt. Dein Pate, der Köpfle-Franz, hat die Schule für dich bezahlt, so daß du schon was gelernt hast, Wilhelm; du bist kein dummer Kerl; aber den König, den fängst du mir schon nicht.“
    „Wart's ab, Vater! Es ist mir doch auch gar keine Schande, wenn es mir nicht gelingt. Weißt du was? Ich werde den Paten um Rat fragen. Den halten die Leute für dumm und nicht klug im Kopf; aber er ist gescheiter als sie alle mit'nander.“
    „Tu's! Man sagt, daß er früher auch mit über die Grenze gegangen sei; vielleicht kann er dir auf den richtigen Sprung helfen.“
    „Ist er denn jetzt daheim?“
    „Ja“, antwortete die Mutter. „Gesehen habe ich ihn zwar noch nicht, aber ich weiß, daß er da ist. Zum heutigen Tag bleibt er niemals außen, denn da jährt sich's grad, daß sie ihn da draußen im Wald bei dem Leutnant gefangen haben. Was er da zu Haus vornimmt, das hat noch niemand gesehen; ich selber bin einigemal an seinem Laden gewesen, aber er hat kein Licht in der Stube gehabt. Vielleicht findest du ihn um zehn Uhr da unten beim Dukatenhof.“
    „Ich werde nachschauen. Aber sage, Mutter, warum kauert er denn eigentlich die wenigen Tage, die er im Dorf ist, grad stets punkt zehn Uhr abends dort unter den alten Bäumen?“
    „Das kann ich auch nicht sagen. Der Dukatenbauer hat's nicht leiden wollen und gar mal Anzeige bei dem Richter gemacht; aber er hat nichts ausrichten können, weil dem Franz nichts Unrechtes nachzuweisen war.“
    „Wie geht's denn mit dem Bauer?“
    „Immer weiter bergunter. Denke dir nur, gestern hat er sogar die Emma verspielt!“
    „Die Emma? Wie meint ihr das, wie ist das zugegangen?“
    „Sie muß den Baron heiraten; der hat sie gewonnen.“
    „Der Baron?“ Er sprang vom Stuhl auf und blickte die Sprecherin erschrocken an.
    „Ja, der Baron. Der hat ihm schon manch schönen Taler aus der Tasche gezogen und nimmt ihm nun auch noch die Tochter weg, damit er mal gleich den ganzen Hof bekommt.“
    „Nein, der nimmt sie nicht weg; das weiß ich besser! Er tut nur so, als wollte er sie haben, damit er dem Bauer desto tiefer in den Kasten greifen kann. Kein Mensch kennt ihn; niemand weiß, wo er eigentlich herstammt; er verführt die Bauern und schlachtet

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