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760 Minuten Angst

760 Minuten Angst

Titel: 760 Minuten Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schmid
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tot.«
    »Du bist ein Mistkerl, Constantin. Du … du verdienst den Tod!«
    Jake packte die Waffe mit beiden Händen und zog bereits den Hebel zur Hälfte durch. Er war bereit, Constantin das Licht auszublasen … aber er konnte es nicht. Sein Geist sagte ja, doch sein Körper nein. Er … er war kein Mörder. Er konnte ihn nicht erschießen.
    Mit dem Gefühl, ein völliger Versager zu sein, senkte Jake die Waffe und behielt sie in der rechten Hand. Dann ging er ohne Worte und mit gesenktem Haupt an ihm vorbei. Drei Schritte später wandte sich Constantin herum. Auch wenn Jake ihn nicht sehen konnte, verriet ihm seine Stimme, wie entsetzt, aufgebracht und ungläubig sein Gesichtsausdruck sein musste.
    »Was soll das?!«, hörte Jake seinen Peiniger brüllen.
    Es brachte ihn zum Lächeln.
    »Dreh dich verdammt nochmal um, Jakob! Dreh dich um und töte mich! Jakob … verflucht … töte mich!«
    »Nein«, antwortete Jake mit fester Stimme, ohne zu schreien. »Ich bin kein Mörder … und das werde ich auch nie sein.«
    »Ach ja?!«, erwiderte Constantin mit einem Grinsen in der Stimme. » Du willst kein Mörder sein?! Das ich nicht lache. Was bitteschön ist dann mit deiner Frau und Richard passiert? Sind sie von ganz allein gestorben? Nein, Jakob! Du hast sie umgebracht! Du bist ein Mörder!«
    Diesmal drehte Jake seinen Kopf herum und sah Constantin ein letztes Mal tief in seine braunen, vor Wahn triefenden Augen.
    »Ich habe meine Frau erlöst, Constantin, weil du sie zerstört hast. Und Rick … nun … warum fragst du ihn nicht selbst.«
    Zuerst begriff Constantin nicht, was Jake ihm gerade mitgeteilt hatte. Doch als die Erkenntnis kam, wandte sich dieser blitzschnell herum … und erstarrte.
    »Ich sagte dir doch, dass ich dich umbringen werde, sobald wir uns gegenüberstehen, »C«. Leb wohl …«
    Dann fiel der letzte Schuss … und alles fand ein Ende.

    Am Ende gab es keinen Schmerz, kein Leid und keine Hoffnung. Es blieb allein der Gedanke.
    Für manche Menschen mochte es nur ein Wimpernschlag sein, für andere ein zweites Leben. Für mich war es allein eine Erinnerung.
    Ich sah ihr Gesicht, ihr Lächeln, ihre unendliche Schönheit. Mein Herz wurde zerrissen von Freude und Schmerz zugleich. Dies war der Moment meines Lebens, wo ich das Licht erfahren durfte. Der Augenblick der ersten und einzigen Liebe meines Lebens.
    Mein Herz verlangte nach ihr und ich war bereit. Es gab nichts zu bereuen, keinen Blick zurück. Ich sah das Leid des Lebens, wie es von jedem einzelnen Menschen jeden Tag aufs Neue erschaffen wurde. Ich wollte es formen, lenken. Ich hatte Gott gespielt und dabei meine Sterblichkeit erfahren.
    Doch es war gut und gleichzeitig vollkommen irrelevant. Am Ende war alles egal. Hier gab es lediglich den Gedanken und danach … wer wusste das schon.
    Niemand konnte einem erzählen, was nach allem kam und es spielte auch keine Rolle. Hier gab es schließlich keine Angst. Man fühlte nichts. Es gab nur den Gedanken. Ich wollte, dass er niemals endet und doch wusste ich, dass es geschehen würde.
    Ich genoss den Moment, solange es mir noch möglich war. Es genügte. Es musste genügen. Ich würde sie in meine ewigen Erinnerungen brennen. Ihre femininen Gesichtszüge, die ich so oft berührt hatte, ihre weichen, sinnlichen Lippen, die ich so oft geküsst hatte und ihre Augen, in denen ich mich so oft verloren hatte.
    Eine Träne streichelte sanft meine rechte Wange. Ich spürte deutlich ihre Kälte. Mir war so, als könnte ich den salzigen Geschmack auf meiner Zunge spüren. Nur war all das lediglich ein Trugbild meines einstigen Ichs. Es war längst vergangen. Ich wusste es.
    Und doch war es mir egal. Alles war unbedeutend. Denn am Ende gab es keinen Schmerz, kein Leid und keine Hoffnung.

    Es blieb allein der Gedanke.

06:17 Uhr, noch 15 Minuten bis zum Ende der Angst

    In Gedanken versunken wanderte Jake durch die Flure des Krankenhauses. Auch wenn es nicht so aussah, wusste er ganz genau, wohin er wollte. Nur ließ er sich Zeit. Er war noch nicht vollständig bereit.
    Er kam an mehreren aneinandergereihten Fenstern vorbei und sah die Sonne in ihren letzten Zügen aufgehen. Ein neuer Tag war angebrochen. Er hatte das grausame Spiel überlebt und doch wusste er immer noch nicht, ob es gut war.
    Vor gerademal sechs Stunden war er noch in einem Alptraum sondergleichen gefangen gewesen. Hatte sich ebenfalls in einem Flur befunden und seinem Peiniger Auge in Auge gegenübergestanden. Doch Jake hatte ihn

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