760 Minuten Angst
ihr zwar zu Beginn geholfen und irgendwie vermisste sie ihn immer noch, doch musste sie jetzt alleine klarkommen.
Okay … weiter …
Dann hatte »C« ihnen von den drei Aufgaben berichtet, die sie zu erfüllen hatten, um ihren geliebten Menschen zu retten. Dann würden sie ihr altes Leben zurückbekommen.
Das Valentina nicht lachte. Als ob das nach all dem noch möglich wäre. Doch egal, darum ging es jetzt nicht.
Danach kam die Aufforderung, dass sie sich von ihren persönlichen Gegenständen verabschieden sollten.
Genau, daran habe ich mich die ganze Zeit über erinnert. Ich habe es ganz verdrängt. Ich muss also alles ablegen, was mir gehört … bis auf die Kleidung.
Valentina zog die Schachtel wieder zu sich heran und legte dafür das fremde Handy zur Seite. Sie ging beim Ablegen ihrer Habseligkeiten systematisch vor. Sie fing beim Kopf an und hörte bei den Zehen auf.
Da kamen zuerst die silbernen Ohrringe und die schmale, silberne Kette mit einem Kreuzanhänger. Es folgte der kleine, goldene Ring an ihrem rechten Mittelfinger sowie Handy, Geldbörse und Schlüsselbund. Zuletzt kam das silberne Fußkettchen. Ein Geschenk von Sarah. Sie trug das Gleiche. Ein Zeichen ihrer tiefen Freundschaft.
Irgendwie waren Valentina sämtliche Gegenstände egal bis auf das Fußkettchen. Es symbolisierte für sie mehr, als sie jemals für möglich gehalten hätte. Und jetzt sollte sie es einfach ablegen? Das größte Geschenk, das sie jemals bekommen hatte?
Nein. Ich kann das nicht. Alles, nur nicht unser Freundschafskettchen. Ich weiß noch, als mich Sarah damit überrascht hat. Ich war damals an einem Tiefpunkt in meinem Leben gewesen, wo ich allein niemals mehr hinausgefunden hätte. Doch Sarah hat mich befreit. Dieses Kettchen ist meine Hoffnung geworden.
Ich kann es nicht wegwerfen.
Niemals.
Sosehr sich Valentina vorgenommen hatte, alles zu tun, was »C« von ihr verlangte, um Sarah zu retten, konnte sie diesen Befehl nicht ausführen. Sie konnte alles aufgeben, nur nicht dieses Schmuckstück … das so viel mehr war.
Bitte … bitte lieber Gott. Mach, dass er es nicht mitbekommt. Bitte …
Valentina war eigentlich nicht gläubig und bis jetzt hatte sie auch nicht einen Gedanken an göttlichen Beistand verschwendet. Doch sollte es ihn wirklich geben, dann möge er dieses eine Mal, wirklich nur dieses eine Mal, seine Hand über diese Tat legen. Den Rest würde sie alleine schaffen.
Mit Angst in den Augen steckte sie noch einmal die rechte Hand in die Schachtel, nahm das Fußkettchen an sich, aber so, dass es mit geschlossener Hand nicht zu sehen war. Dann widmete sie sich dem Handy von »C« und steckte beides in ihre rechte Hosentasche.
Wenn er mich wirklich beobachtet, dann hoffe ich, dass ihm mein Kettchen nicht aufgefallen ist. Bitte lass mich nur dieses eine Mal Glück haben. Bitte …
Der Deckel wanderte zurück auf die Schachtel. Dann erhob sich Valentina mit gläsernen Augen, ehe sie sich auf den Weg machte.
Die erste Aufgabe wartete.
Das Essen kochte vor sich hin und Emilie nutzte die Zeit, um sich um den Tisch zu kümmern. Sie musste dabei das Abendessen nicht einmal aus den Augen lassen, da sich der kleine Esstisch mit den beiden Holzstühlen ebenfalls in der Küche befand.
Obwohl ihr Papa keinen großen Wert auf Dekoration legte, mochte es Emilie umso lieber, wenn der Tisch schön gedeckt war. Natürlich erlaubte er ihr nicht, sein sauer verdientes Geld für Krimskrams auszugeben, weshalb Emilie ihr weniges Taschengeld teilweise opferte, um hübsche Servietten und Dekorationsartikel zu kaufen, damit wenigstens ein wenig Wohnlichkeit in das sonst so kühle und triste Haus kam. Sie tat es gerne.
Emilie warf eine nicht mehr allzu weiße Tischdecke über das helle Holz, ehe sie zwei Teller, Messer und Gabel bereitlegte. Heute gab es hellgrüne Servietten mit Blumenmuster und in der Mitte des Tischs landete eine kleine Blume, die Emilie besonders gefallen hatte. Sie besaß gelbrote Blüten und machte sie glücklich.
Nachdem der Tisch gedeckt war, widmete sie sich erneut dem Abendessen. Ein Blick auf die Uhr und Emilie entschied sich für den Endspurt. Papa musste bereits auf dem Nachhauseweg sein. So landeten die Schnitzel in der Pfanne und wenig später die Kroketten in der Fritteuse.
Wenn sie erst mal zu Abend gegessen und abgespült hatte, würde sie sich ihren Hausaufgaben widmen. Daraufhin hatte Emilie vor, so schnell wie möglich ins Bett zu gehen, um so ihre angehende Grippe
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