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760 Minuten Angst

760 Minuten Angst

Titel: 760 Minuten Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schmid
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Viel wichtiger war der Aspekt der Ablegung der Persönlichkeit. Natürlich entschied ich mich am Anfang nur für ein kleines Detail und zwar in Form ihrer persönlichen Gegenstände.
    Natürlich war mir klar, dass sich nicht alle Spieler daran halten würden und für mich war es auch unmöglich, sie alle zu kontrollieren, aber allein die Aufforderung reichte bereits aus, um ihnen ein unbehagliches Gefühl zu vermitteln.
    Doch wie gesagt, es war gerademal der Anfang. Erst folgten Schlüssel, Handy, Geld, Schmuck, was auch immer und dann mehr … sehr viel mehr.
    Aber zurück zu Jakob, dessen blauer Punkt weiterhin standhaft blieb. Ich war nervös, auch wenn mir meine innere Stimme sagte, dass ich mir eindeutig viel zu viele, vor allem aber unnötige Sorgen machte. Nicht jeder reagierte gleich und so war es nur verständlich, dass es bei Jakob eben länger dauerte, bis er sich für mein Spiel entschied.
    Er wird nicht aufgeben. Niemals … schließlich habe ich seine Familie in meiner Gewalt. Und kein Vater lässt seine Familie im Stich!
    Ein beruhigendes Lächeln machte sich in meinem Gesicht breit. Ich schloss die Augen und ließ meine Gedanken schweifen.
    Kurzzeitig hatte ich den Wunsch, mir noch einmal »My Immortal« von »Evanescence« anzuhören. Doch es war keine Zeit mehr dafür. Ich musste langsam über die weiteren Schritte nachdenken, damit ich mich nicht selbst behinderte.
    So öffnete ich abermals die Augen und betrachtete den Bildschirm. Der blaue Punkt hatte sich in Bewegung gesetzt. Endlich. Doch etwas störte mich. Es war nämlich definitiv die falsche Richtung ! Zudem hatte Jakob die Textnachricht immer noch nicht geöffnet.
    Er hat doch nicht wirklich vor …
    Ich musste reagieren.
    Sofort!

18:56 Uhr, noch 696 Minuten bis zum Ende der Angst

    Schon nach den ersten Minuten begriff Stella, dass sie eindeutig die falschen Schuhe für dieses Spiel anhatte. Die Absätze ihrer schwarzen Stöckelschuhe fühlten sich wie Nägel an, die sich bei jedem Schritt tiefer in ihre Fußsohlen bohrten. Das Laufen fiel ihr sichtlich schwer.
    Warum habe ich mich auch für die Hochhackigen entschieden, fragte sie sich selbst. Na klar, als ob ich heute früh schon wusste, dass mich heute Abend eine höllische Schnitzeljagd erwartet.
    Sie kam zum Stehen und lehnte sich an einen Laternenmast. Ich brauch dringend eine Pause. Meine Füße bringen mich noch um, wenn ich weiter so durch die Altstadt laufe.
    Es gab nur zwei Optionen. Entweder verabschiedete sich Stella von ihren geliebten Schuhen und lief barfuß weiter, oder sie würde den restlichen Weg im normalen Tempo weitergehen. Laufen ging definitiv nicht mehr!
    Während Stella ihre Möglichkeiten abwog, zog sie den rechten Stöckelschuh aus und massierte sich den schmerzenden Fuß.
    Oh Mann, tut das gut. Ich glaub, ich muss wirklich ohne Schuhe weitergehen, aber andererseits habe ich überhaupt keine Lust, so durch die Altstadt zu gehen. Dieser ganze Dreck überall.
    Der Ekel diesbezüglich war ihr deutlich anzusehen. Stella rümpfte bereits die Nase, obwohl sie lediglich daran dachte.
    Ich will das nicht. Ich will nicht ohne meine Schuhe durch die Altstadt spazieren, geschweige denn laufen. Ich werde wohl doch gehen müssen.
    Nur was war mit Katie?
    Genau das war die Frage.
    Stella hatte sich bereits Gedanken darüber gemacht, aber sie war zu keinem Ergebnis gekommen. Gerade jetzt fragte sie sich, ob es womöglich nicht sinnvoller gewesen wäre, zurück zur Schwarzer Bäckerei zu gehen, als hier planlos herumzulaufen.
    Nur ist Katie überhaupt noch in der Bäckerei?
    Sie wollte das Handy aus ihrer Handtasche fischen, um darauf die Uhrzeit abzulesen, als ihr bewusst wurde, dass sie es gar nicht mehr besaß. War das etwa »Cs« Absicht gewesen? Steckte dieses ungute Gefühl hinter der Aktion? Wenn ja, dann funktionierte es geradezu perfekt. Sie fühlte sich nämlich unwohl!
    Erneut wurde Stella damit konfrontiert, einen wichtigen Teil ihres Lebens aufgegeben zu haben. Obwohl sie gründlich darüber nachgedacht hatte, spürte sie jetzt erst, wie sehr sie diese Entscheidung schmerzte und bereute. Gerade die Ringe ihrer Mutter würde sie nie mehr ersetzen können. Am liebsten wäre sie zurückgerannt und hätte die Gegenstände wieder an sich genommen.
    Was habe ich nur getan?
    Stella wollte weinen.
    Sie wollte all ihrem Schmerz, ihrem Kummer und ihrer Verzweiflung Form verleihen und der Welt offenbaren. Sie wollte nicht mehr so tun, als wäre alles Friede, Freude,

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