760 Minuten Angst
»bescheuert«, wie sie immer so schön sagten. Ihr war es egal, dann war sie eben allein. Na und? Es gab Schlimmeres.
Doch an diesem Tag war etwas passiert, das ihr gesamtes Leben maßgeblich veränderte. Alles hatte damit begonnen, dass zwei Mädchen auf sie zugekommen waren. Valentina konnte sich nicht einmal mehr an ihre Namen erinnern.
Auf jeden Fall kamen sie auf Valentina zu, bückten sich zu ihr herunter und fingen an, sie zu beschimpfen. Sie nannten sie wieder einmal bescheuert, gemein und noch andere Worte, an die sie sich nicht mehr erinnern wollte.
Dann schlugen sie ihr das Brötchen weg und sie fing an zu weinen. Sie konnte gar nicht mehr aufhören, bis plötzlich ein drittes Mädchen an den Baum trat und diesmal die beiden namenlosen Mädchen beschimpfte. Als sie nicht gehen wollten, warf das neue Mädchen einfach eine nach der anderen um. Jetzt heulten die beiden und Valentina nicht mehr.
Natürlich waren Valentina und das freche Mädchen kurz darauf von einem Lehrer aufgegriffen und zum Schuldirektor gebracht worden, obwohl Valentina noch am wenigsten dafür konnte. Aber das Ganze hatte auch sein Gutes gehabt, denn wie sich später herausstellte, handelte es sich bei dem Mädchen um niemand anderes als ihre jetzige beste Freundin Sarah.
Von da an waren sie unzertrennlich. Sarah hatte Valentina so genommen, wie sie nun einmal war und so war es auch andersherum. Sie waren wie Feuer und Wasser, aber der Dampf, der daraus entstand, war einfach magisch und für die Unendlichkeit geschaffen.
So hatten sie sich kennengelernt …
Die Traumwelt verblasste und Valentina kehrte in die grausame Realität zurück. Sie saß weiterhin auf dem klapprigen Stuhl in der Küche und sah zu dem anderen leeren Exemplar hinüber. Normalerweise saß dort immer Sarah und sie redeten bei einer leckeren Tasse Kaffee über den neusten Klatsch und Tratsch.
Doch nicht heute. Heute war alles anders. Heute hatte sich ein Psychopath in ihrer beiden Leben geschlichen und war gerade dabei, sie wie ein Stück wertloses Papier zu zerreißen. Valentina stellte sich gerade vor, dass der Zettel auch ganz gut ihr Verstand hätte sein können.
Der Sand der Zeit rieselte unaufhörlich gen Boden und Valentina saß einfach nur da, die Postkarte in der rechten Hand und die Augen starr auf den leeren Platz gerichtet. Sie vermisste Sarah, sie vermisste ihre gemeinsame Zeit und sie vermisste ihr altes Leben. Würde es jemals wieder so sein wie früher?
Valentina verneinte mit einem Kopfschütteln.
Mit geschlossenen Augen und gesenktem Haupt stand sie von ihrem Platz auf und ging auf die langgezogene Küchenzeile zu. Erst als sie fast dagegen rannte, erhob sie ihre Lider und betrachtete die Folterbank. Ihr erster Blick viel auf den Messerblock. Es gab ein Messer, das Valentina immer benutzte, wenn sie Gemüse kleinschnitt.
Sarah und sie kochten öfters miteinander und sie wusste um die Schärfe der Klinge, die ausgezeichnet war. Sarah war richtig stolz darauf. Es war ein Geschenk ihrer Eltern. Ein echtes Damast Küchenmesser. »Sauteuer und sauscharf«, hatte Sarah gesagt, als sie es Valentina zum ersten Mal unter die Nase rieb.
Doch diesmal würde es kein Gemüse schneiden. Diesmal würde es Fleisch schneiden. Valentina hatte es auch dafür bereits verwendet. Doch da war es Schwein, Lamm, Rind oder Geflügel gewesen. Manchmal auch Fisch. Aber heute gab es eine Weltpremiere. Heute gab es Menschen fleisch!
Ein weiteres Mal kam Valentina die Realität wie ein endloser Alptraum vor. Wenn man die Wirklichkeit als Traum sah und den Traum als Wirklichkeit, war man dann verrückt? Hatte man dann den Bezug zur Welt verloren? Valentina stimmte in ihren Gedanken zu und nahm das besagte Küchenmesser in die rechte Hand.
Nun zu deiner Aufgabe, Valentina. Such dir eines der Messer aus und schneide dir selbst eine lange Narbe ins Gesicht. Der Rest wird folgen.
Sie hatte die Postkarte nicht benötigt, um sich an den genauen Wortlaut der Nachricht zu erinnern. Valentina hatte sie oft genug gelesen. Sie wusste ganz genau, was sie zu tun hatte, was »C« von ihr verlangte … doch nicht warum .
Er wollte, dass sie sich darüber Gedanken machte, damit sie verstand , warum sie diese Tat ausführen sollte, doch Valentina viel beim besten Willen nicht ein, warum sie es verdient hatte, sich selbst das Gesicht aufzuschneiden. Andererseits kam diese Aufforderung auch von einem Psychopathen. Sagte das nicht alles?
Ein kurzes Schmunzeln kämpfte sich an die
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