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760 Minuten Angst

760 Minuten Angst

Titel: 760 Minuten Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schmid
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nicht.
    »Langsam, Mann«, ermahnte ihn der Anführer. »Du weißt ganz genau, was er gesagt hat.«
    »Ja, ja … schon klar«, erwiderte Bert abfällig. »Hab ja nur ein bisschen mit ihm gespielt.« Wieder dieses Grinsen. »Schau nur, blutet ja nicht mal richtig.«
    »Trotzdem«, tadelte ihn der Anführer erneut. »Unsere Vereinbarung ist eindeutig. Nur Verprügeln, nicht töten.«
    »Hieß es nicht eigentlich … nur verletzen , nicht töten?«, mischte sich Ernie ein.
    Er schien von dem Trio noch am meisten Hirn zu besitzen, wenngleich seine Aussage für Rick weniger erfreulich war.
    »Genau … genau«, stimmte Bert zu.
    »Ja, von mir aus«, ließ sich der Anführer überreden. »Aber wehe , ihr übertreibt es!«
    »Wir doch nicht«, sagte Bert und fuchtelte dabei mit seinem Klappmesser in der Luft herum.
    Der Anführer ließ von Rick ab, der die gesamte Konversation über mit dem Kopf im Sofa verbracht hatte. Nun war er frei, konnte sich endlich herumdrehen und seinen Peinigern in die Augen blicken. Seine Hände formten sich dabei automatisch zu Fäusten.
    »Oho, der Kleine will sich wehren«, verspottete ihn der Anführer und ließ dabei seine Hände tuntenhaft tanzen. »Hab ich eine Angst.« Dann ballte auch er eine Faust und schlug einmal kräftig in Ricks Gesicht. »Du weißt ganz genau, dass du dich nicht wehren darfst! Also tu nicht so!«
    Ein weiterer Fausthieb erwischte ihn in der Magengrube. Dann kam ein Schlag von Ernie seitlich in die Rippen, ehe sich Bert einen Spaß daraus machte, einen unkontrollierten Luftschnitt auszuführen, der eine kleine Wunde auf Ricks rechten Arm hinterließ.
    Es brannte, pochte, schmerzte. Sein Körper wurde gepeinigt und er konnte nichts anderes tun, als es zu akzeptieren. Bei jedem neuen Angriff biss er sich mehr und mehr auf die Zähne, bis er die Zunge erwischte. Und als wäre der Geschmack von Blut in seinem Mund nicht schon ausreichend, presste er sich zudem die Fingernägel so tief in die Handinnenflächen, dass teilweise Blut hervortrat.
    Doch nicht nur die rote Flüssigkeit kam zum Vorschein und wuchs, sondern auch seine Wut, die ungeahnte Maßstäbe erreichte. Rick wollte zuschlagen. Mehr als alles andere auf der Welt. Er wollte diesen Wichsern die Schädel einschlagen, bis nur noch rotweißer Brei übrig war.
    Aber ich darf es nicht , rief er sich selbst ins Gedächtnis. Es ist meine Aufgabe und ich darf nicht scheitern. »C« hat Rocko und Klara in seiner Gewalt. Sollen diese Pisser mich doch grün und blau prügeln … scheiß drauf, ich werde weder weinen, noch schreien, noch flehen. Ich werde alles ertragen und dann, wenn alles vorbei ist, werde … werde ich sie aufsuchen … finden … töten … naja … zumindest fast .
    Er setzte ein Lächeln auf, das vor allem den Anführer des Trios überraschte. »Was grinst du so bescheuert?«, brüllte er Rick an und schleuderte ihm eine volle Ladung Faust mitten ins Gesicht. Seine Nase knirschte und er hatte sofort den Verdacht, dass sie gebrochen war. Der Schmerz bestätigte Ricks Vermutung außerordentlich.
    »Na, du Looser, wie fühlt sich das an?«, schrie der Anführer weiter. »Nicht schlecht, oder?! Ich kenne mich da nämlich ganz gut aus!«
    »Wenn er so gern lächelt«, sagte Bert, »darf ich ihm dann vielleicht ein Grinsen ins Gesicht ritzen?«
    »Nein … das lassen wir lieber«, entgegnete der Anführer. »Keine Ahnung, wie weit er es haben wollte. Aber ein bisschen zusätzliche Farbe kann bestimmt nicht schaden.«
    Und schon setzte es einen zweiten Kinnhaken. Rick schloss die Augen, entspannte seinen Körper, wodurch sich der Rücken leicht über den Sofarand wölbte. Dann versuchte er den Schmerz abzustellen, der wie ein Kanonenfeuer auf ihn niederprasselte.
    Waren es Fausthiebe, einfache Schläge oder oberflächliche Schnittwunden? Rick konnte es nach gut einer Minute nicht mehr mit Gewissheit sagen. Sein Körper, nein, seine Nerven wurden sekündlich tauber. Was einst sein Körper war, fühlte sich nun wie ein fleischiger Klumpen an, in dessen Inneren sich sein Verstand verkrochen hatte.
    Scheiß auf diese Wichser … scheiß auf »C« … scheiß auf all die Schmerzen. Es ist scheißegal.
    Ich werde nicht untergehen, »C«. Ich werde nicht schreien … nicht weinen. Ich bin Rick. Ich bin stark, stärker als alle anderen. Menschen … als ob ihr mir etwas anhaben könntet?! Es ist alles scheißegal. Alles was zählt sind Rocko und Klara.
    Ja … alles was zählt …
    Und mit diesen letzten Gedanken

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