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760 Minuten Angst

760 Minuten Angst

Titel: 760 Minuten Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schmid
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Er hatte immer nur an sich gedacht. Wie egoistisch konnte man eigentlich sein?!
    »Es … es tut mir …«
    »Nein, Jake … bitte … hör auf dich zu entschuldigen. Du musst dich nicht entschuldigen. Es ist nicht deine Schuld, verdammt! Es ist nur … wir haben keine andere Wahl.«
    Sie sah zu ihrer Tochter, die sich fest an ihren Körper schmiegte. Die Angst in ihrem Gesicht reichte für Leila vollkommen aus. Sie hatte sich entschieden und nicht einmal ihr Mann konnte sie noch davon abbringen. Es musste sein. Für das Überleben ihrer Tochter.
    »Siehst du es denn nicht? Siehst du nicht die Angst in ihren Augen? Verstehst du immer noch nicht, was passieren wird, wenn wir uns weiter weigern? Willst du wirklich, dass »C« seine Drohung wahr macht? Ist es das, was du willst?«
    »Nein … natürlich nicht.« Jake sah beschämt zu Boden, ehe er weitersprach. »Aber ich kann dich doch nicht … töten. Das kann ich nicht. Wer soll dann für Mira da sein?«
    »Du natürlich. Jake, du bist ein toller Vater und ich weiß, dass du immer für Mira da sein wirst. Es gibt keinen anderen Weg. Du musst mich töten und dann mit Mira fliehen.«
    »Leila …«
    »Bitte, Schatz. Nicht …«
    Sie sah die Tränen in Jakes Gesicht, als dieser seinen Kopf hob und ihr tief in die Augen sah. Sie wollte seinem Blick ausweichen, doch sie konnte nicht. Auch sie fing an zu weinen und es dauerte nur Sekunden, bis Jake seine Arme um sie legte und sie fest an sich drückte.
    »Es ist gut, Schatz. Ich habe mich damit abgefunden.«
    »Aber ich nicht!«, erwiderte Jake heulend. »Ich kann mich nicht von dir verabschieden.«
    »Dann lass es. Wir müssen uns nicht verabschieden. Ein Teil von mir wird immer bei euch sein.«
    »Nein, Leila … bitte nicht …«
    Nur half all das Flehen nicht. Leila wusste es und so löste sie sich von der Umarmung ihres geliebten Mannes und widmete sich daraufhin ihrer einzigen Tochter, die sich seit der Meldung von »C« nicht mehr von der Stelle gerührt hatte. Leila drückte sie ein wenig von sich weg und erhob ihr verweintes Gesicht. Dann sahen sie sich in die Augen.
    »Du musst jetzt stark sein, Liebes. Du musst für deinen Papa stark sein. Kannst du das, Mira?«
    Sie antwortete nicht. Sie konnte nur weiter ihren Tränen freien Lauf lassen. Nicht einmal ihr Kopf bewegte sich. Sie wirkte wie eine dieser detailgetreuen Puppen, die Jake immer einen kalten Schauer über den Rücken jagen.
    »Mama muss schnell was erledigen und in der Zwischenzeit wirst du ein wenig auf deinen Papa aufpassen, okay? Du weißt doch, dass er eine starke Frau an seiner Seite braucht, nicht wahr, mein Liebes?«
    »Nein …«, erwiderte Mira unter Tränen. »Nein … Mama nicht gehen … Mama nicht gehen …«
    »Oh Liebes …«
    Leila nahm ihre Tochter fest in die Arme und gemeinsam ließen sie ihrer Trauer freien Lauf.
    »Ist schon gut, meine Kleine. Alles wird wieder gut. Mama ist nur ein wenig müde, weißt du. Ich werde mich jetzt hinlegen und ausruhen und währenddessen wird dich dein Papa nach Hause bringen. Ich komm dann so schnell ich kann nach. Versprochen.«
    Beim letzten Wort lächelte Leila ihre Tochter herzlich an und ließ dadurch ihren Tränenfluss versiegen. Sie musste jetzt stark sein. Für Mira, für Jake und vor allem für sich selbst.
    »Mama … du bist müde?«
    »Ja, Liebes. Mama wird sich nur ein wenig ausruhen. Ist das okay für dich?«
    Mira nickte.
    »Schön. Dann geh jetzt zu deinem Papa.«
    Sie gehorchte, entließ ihre Mama aus der Umklammerung und kroch langsam auf ihren Papa zu, der nicht akzeptieren konnte, was gleich passieren würde. Kein Wort auf Erden hätte ausdrücken können, wie er sich gerade fühlte. Die Menschen hatten es nie gewagt, dafür ein Wort zu kreieren. Vielleicht wollten sie dadurch verhindern, dass dieses Gefühl jemals existieren konnte.
    Nun … sie hatten versagt.
    Leila stand auf und ging schweren Herzens auf den Umzugskarton zu. Auch Jake stand auf und half seiner Tochter, es ihm gleichzutun. Auch wenn er es nicht sehen wollte, so musste er seiner Frau beistehen. Er würde es sich nie verzeihen, wenn er sie jetzt alleine ließ.
    Gemeinsam standen sie vor dem Folterinstrument und Leila war es, die die Spritze an sich nahm.
    »Sie gehört in die Vene, nicht wahr?«
    »Ja«, war Jakes kurze Antwort.
    »Hilfst du mir?«
    »Ja.«
    Mehr gab es nicht zu sagen.
    Als wäre es das Normalste auf der Welt und die beiden ein eingespieltes Team, krempelte Leila den Ärmel ihres weißen Hemds

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