760 Minuten Angst
lediglich sein altes Leben zurück. Nur gab es das nicht mehr.
Stoisch entfernte er sich aus der Scheinwelt und unterwarf sich den realen Begebenheiten.
Nachdem er sich eine ordentliche Portion frische Luft gegönnt hatte, wagte Jake den nächsten Schritt und richtete seinen Oberkörper auf. Erst jetzt fiel ihm auf, wie schwer sich dieser anfühlte und wie viel Kraft ihm die Bewegung jedes einzelnen Glieds kostete. Dennoch gab er nicht auf, bis er es geschafft hatte.
»Na, aufgewacht?«
Die Stimme kam so plötzlich und unerwartet, dass Jake zusammenzuckte, während seine Augen wild um sich drehend nach dem Ursprungsort suchten. Links neben sich erkannte er schlussendlich den Mann, zu dem die Stimme gehörte.
»Willkommen in der Scheiße.«
Mehr sagte er nicht und gab somit Jake die Gelegenheit, sich vollends der Umgebung hinzugeben. Zuerst registrierte er, dass er auf einem mitgenommenen Sofa lag. Um sich besser mit dem Unbekannten unterhalten zu können, ließ er seine Beine vom Sofa hängen und setzte sich aufrecht hin. Ohne erst mal auf die restlichen Einzelheiten einzugehen, stellte Jake dem Fremden die erste Frage.
»Wo sind wir hier?«
Es war das erste, was ihm einfiel und beschäftigte. Auch wenn sein Traum ihn sehr mitgenommen und verwirrt hatte, kehrten nun sämtliche Erinnerungen schlagartig zurück. Somit wusste Jake, was mit seiner Frau, Tochter und mit ihm selbst passiert war. Und natürlich auch über »C« und dessen Schnitzeljagd.
»Keine Ahnung«, antwortete der Unbekannte trocken.
Jake musterte ihn näher. Er wirkte nicht älter als zwanzig, hatte einen schmächtigen Körperbau, kurze, braune Haare und trug eine schwarze Jogginghose mit gleichfarbigem Shirt. Sein Gesicht war mitgenommen.
Jake erkannte Platzwunden, Schnittwunden, blaue Flecken und wenn er sich nicht täuschte, dann war vermutlich seine Nase gebrochen. Doch all das verblasste, als er seinen linken Arm näher betrachtete, vor allem den mit weißem Verband eingewickelten Stumpf am Ende.
Der Mann erfasste Jakes Blick und hob gleichgültig den besagten Arm. »Nett, oder?« Nun betrachtete auch der Fremde den einbandagierten Armstumpf.
»Wie ist das passiert?«, wollte Jake wissen.
»Hab sie mir abgehakt«, antwortete er kühl.
Jake konnte es nicht fassen, bis er an das Ereignis zurückdenken musste, das noch nicht lange her sein konnte. Er sah sich selbst, wie er die tödliche Spritze in den Arm seiner Frau jagte. Dann verstand Jake, warum der Fremde nur noch eine Hand hatte.
»Eine Prüfung … nicht wahr?«, stellte Jake zögerlich die Frage.
Noch immer konnte er den jungen Mann nicht richtig einschätzen. Gerade seine Erscheinung ließ Jake erschauern.
»Habs mir schon gedacht«, antwortete Rick. »Dann sind wir also alle Drei ein Teil dieses kranken Spiels.«
Der Fremde sah dabei zu seiner Linken, die wiederum Jakes Seite genau gegenüber war. Dort befand sich ein weiteres etwas abgenutztes Sofa und darauf lag eine ebenfalls verwundete Frau. Jake war unfähig, etwas zu der derzeitigen Situation zu sagen. Dies übernahm dafür der Fremde.
»Als ich aufgewacht bin, lagt ihr beide bereits neben mir. Hinter euch sind nochmal zwei Sofas, aber die waren von Anfang an leer. Keine Ahnung, warum.«
»Wie lange …«
»… ich schon wach bin? Keine Ahnung, hier gibt es keine Uhr und ich selbst trage keine. Etwa zehn Minuten. Aber was ändert das schon.«
»Dann bist du also … entschuldige … sind Sie …«
»Schon gut. Ich bin Rick.«
»Jake.«
»Und ja, ich glaub, wir sind alle von diesem geisteskranken »C« zu dieser Schnitzeljagd verdonnert worden. Verdammt nochmal … wenn ich dieses Arschloch nur endlich in die Finger kriegen würde.«
»Er … er hat sich nicht gemeldet?«
»Nein. Immer noch schwarz.«
Zuerst verstand Jake nicht, was Rick ihm mitteilen wollte, bis er sich endgültig im Raum umsah. Es gab nicht mehr viel zu entdecken. Da waren einmal die fünf Sofas, die Rick bereits erwähnt hatte, dann ein Tisch in der Mitte und ein großer Fernseher am rechten Ende der Sofareihe, genau Rick gegenüber. Die gesamte Einrichtung ergab dadurch ein langgezogenes U.
»Meinst du, er wird sich über den Fernseher mit uns in Verbindung setzen?«, fragte Jake seinen Leidensgenossen, auch wenn diese Tatsache offensichtlich war.
»Ich geh mal davon aus. Scheiße, Mann, wieso passiert dass alles?«
»Du hast also auch keine Ahnung, wer »C« ist und warum wir ausgewählt wurden?«
»Nein, keinen blassen Schimmer.
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