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77 Tage

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Titel: 77 Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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Selbstbehalt reinkommt, ziehen sie mir ab.«
    Danner beobachtete den Speichel, der dem alten Mann aus dem Mund übers Kinn lief.
    »Die ersten zwanzig Jahre meines Lebens musste ich mich mit ihm persönlich herumschlagen, die nächsten zwanzig Jahre habe ich versucht, nicht so zu werden wie er, und die kommenden zwanzig Jahre kann ich ihm seinen Aufenthalt hier finanzieren.«
    Sanft legte ich die Hände um Danner Oberarm. Durch den dicken Stoff seines Parkas hindurch spürte ich die Spannung seines Bizeps. Ein winziger Hinweis, dass ihn die Situation doch nicht ganz kalt ließ.
    »Was ist mit deiner Mutter?«, forschte ich vorsichtig nach.
    »Hatte irgendwann die Schnauze voll. Sie hat sich scheiden lassen, nachdem ich ausgezogen war. Später hat sie ab und zu mal aus Frankreich angerufen. Noch später hat sie nicht mehr angerufen.« Danner kratzte sich die Glatze. »Ich hatte keine große Lust, eine Beziehungskiste genau wie meine Eltern an die erstbeste Wand zu fahren. Ich bin manchmal ein Arsch. Das ist das Einzige, was mein Vater mir erfolgreich beigebracht hat.« Er deutete auf den Mann im Rollstuhl. »Auf eine Frau, die meine ätzende Art geduldig erträgt, habe ich keinen Bock. So eine würde irgendwann freundlich lächelnd die Scheidung einreichen. Dummerweise mutieren aber die meisten Frauen zum anschmiegsamen Weibchen, sobald sie meinen, eine Beziehung zu führen. Also hab ich es eben sein lassen.«
    Erstaunt sah ich Danner an. Er war absichtlich bindungsunfähig? Er servierte seit zehn Jahren ein Superweib nach dem anderen ab, weil ihm alle zu nett waren?
    Er legte mir seinen Arm um die Schultern: »Aber dann bist du aufgetaucht. Du denkst gar nicht dran, geduldig und anschmiegsam zu werden. Da steh ich total drauf.« Grinsend drückte er mich an seinen Parka.
    »Interessantes Kompliment«, fand ich.
    »Ist mein Ernst«, sagte er. »Ich will eine Beziehung auf Augenhöhe, was anderes kommt nicht infrage. Wenn ich mich wie ein Arsch benehme, muss mir meine Frau in denselbigen treten. Und das hast du voll drauf.«
    Tatsächlich?
    »Als du neulich sagtest, ich hätte dir meine Familie ja auch nicht vorgestellt, hast du mich voll erwischt. Und vorhin schon wieder. Ich habe dir vorgehalten, dass du nicht über Probleme sprichst, und mache es selbst nicht anders. Aber du lässt dich nicht verarschen. Du bist ein Gegner, kein Opfer.«
    Ich schluckte.
    Wusste er, was er da sagte?
    »Deshalb musste ich dich jetzt meinem Vater vorstellen. Das hab ich vorher mit keiner Frau gemacht.«
    Ich liebte dieses Glitzern seiner grauen Augen. Ich packte ihn am Kragen und küsste ihn, bis uns ein Pfleger mit Türsteherfigur auf die längst beendete Besuchszeit aufmerksam machte.
    Tag 50
    BELLAS BLOG:
    FREITAG, 20.38 UHR
    Ich sollte nicht lesen, was ich am Tag vorher geschrieben habe.
    Dummerweise habe ich es aber gelesen. Was sagt es über mich aus, dass ich mich für hässlich halte? So hässlich, dass unmöglich ein anderer Mann mit mir ins Bett will? Dass ich meiner besten Freundin nicht von meiner Schwangerschaft erzählen kann?

28.
    »Sie ermitteln seit einer Woche, ich möchte einen Bericht. Allmählich müssten Sie doch etwas herausgefunden haben, Herr Danner. Ich erwarte Sie morgen früh in meinem Büro in der Hauptgeschäftsstelle.«
    Heute war Freitag, genau genommen arbeiteten wir erst fünf Tage für Elsbeth van Pels. Zumindest bis Montag hätte sie uns Zeit lassen können, in Anbetracht der Tatsache, dass auch die Pflegekräfte am Wochenende arbeiteten.
    »Wir sind noch nicht bei allen Mitarbeitern mitgefahren«, sagte ich zu dem auf laut gestellten Telefonapparat.
    »Wenn Sie bisher auf rein gar nichts Verdächtiges gestoßen sind, Frau Ziegler, könnte das doch ein Hinweis sein, dass es nichts Verdächtiges gibt.«
    Was für sie persönlich die erfreulichste Lösung wäre, schon klar. Ich warf Danner einen Blick zu. Der verdrehte die Augen.
    »Lassen Sie uns das morgen persönlich besprechen«, schlug er vor.
    »Ich erwarte Sie um neun im Büro.«
    »Die will uns feuern«, regte ich mich auf, kaum dass Danner das Gespräch beendet hatte. »Absichtlich! Seit die Küppers abgekratzt ist, sieht die die Pleitegeier kreisen.«
    Danner runzelte die Stirn.
    »Die sieht ihre Firma in den Skandalschlagzeilen. Das will sie jetzt abwenden. Sie hat die erhöhte Todesfallzahl bemerkt und reagiert. Aber selbst die bekannte Privatdetektei, die sie engagiert hat, kann nichts Verdächtiges feststellen. Also kann sie weitermachen

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