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77 Tage

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Titel: 77 Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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durch. Ich marschierte an ihm vorbei.
    »Bella …«
    Ich würdigte ihn keines Blickes.
    »Ach, verdammt!«
    Er ließ seine Stirn gegen die Wand krachen.
    Ich ging in mein Zimmer. Kippte den Wäschekorb aus. Begann, meine Lieblingsbücher hineinzuwerfen. Ich konnte nicht hierbleiben. Nicht eine Nacht länger. Ich würde ausziehen. Jetzt. Sofort.
    Erst als ich den Korb voller Bücher geladen hatte, dachte ich weiter. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich gehen konnte.
    Sina fiel mir als Erste ein. Aber das geht nicht. Sie schwebt ja im siebten Himmel.
    Meine Mutter? War froh, als ich damals endlich ausgezogen bin.
    Meine Schwester lebt in Bayern.
    Ich stand vor dem vollgepackten Wäschekorb und stellte fest, dass ich nicht so einfach weglaufen kann.
    Außerdem wäre ich wieder Single, wenn ich mich von Mario trennen würde. Ich müsste ganz von vorn anfangen. Flirten. Peinliche erste Verabredungen. Und so weiter.
    Ich bin über dreißig. Ich habe eine Krampfader. Einen dicken Hintern. Und keinen Busen.
    Und schwanger bin ich auch.
    Ich werde nie wieder Sex haben, wenn ich Mario verlasse.
    Wenn ich mich von Mario trenne, werde ich die nächsten Jahre meines Lebens mit Windelnwechseln verbringen. Und Wäschebügeln. Danach bin ich über fünfzig und werde zum Drachen. Dann terrorisiere ich meine Pflegerinnen. Die Einzigen, die mich besuchen. Weil sie dafür bezahlt werden. Bis zu meinem Tod. Nach dem ich eine Woche in meiner Wohnung liege. Unentdeckt. Bis die Nachbarn der Gestank stört.
    Ein Klopfen unterbrach meine morbiden Gedanken. Mario stand in der Tür.
    »Ich wollte das nicht. Ich verstehe, wenn du gehen willst. Aber bitte bleib. Du kannst das Schlafzimmer haben. Ich nehme das Sofa.«
    Er griff meine Hand.
    »Du denkst, du entschuldigst dich und alles ist wieder in Ordnung.«
    »Nein! Das stimmt nicht. Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe. Ich wollte das nicht. Und ich will nicht, dass du dich aufregen musst, Schatz. Du bist schließlich schwanger. Ich muss viel mehr Rücksicht auf dich nehmen. Ich bin so ein Idiot. Lass uns zu einer Beratung gehen, okay? Lass es uns noch mal versuchen, ja? Bitte. Ich liebe dich, Bella. Ich liebe dich wirklich!«
    Wir sind zusammen im Bett gelandet. Statt die Betten zu trennen. Und versuchen es mit einer Eheberatung.

27.
    »Was ist passiert? Was ist los mit dir?«, wollte Danner wissen, als er die Tür unserer Wohnung hinter sich geschlossen hatte. »Und komm bloß nicht mit ›Ich hab alles im Griff‹, das seh ich ja!«
    Mein linkes Ohr pochte, meine Hände zitterten. Ich hörte noch immer den Knall der Ohrfeige, spürte den Druck der schweren Hand auf meiner Schulter. Ich ließ mich aufs Sofa fallen und zog die Knie an den Bauch.
    »Du musst schon mit mir sprechen!«, fuhr Danner mich ungeduldig an. »Ich kann deine Gedanken nun mal nicht lesen!«
    Ich kniff die Augen zu und hielt mir die geballten Fäuste vor die Ohren.
    »Mensch, Lila! Das gehört zufällig zu einer Beziehung dazu, dass man über Probleme spricht. Dass man überhaupt miteinander spricht.«
    »Musst du grad sagen«, gab ich zurück.
    Danner musterte mich mit eisigem Blick.
    »Zieh dich an!«, befahl er mir knapp.
    Danners Auto war ein lärmendes Ungeheuer, das mit scheppernder Ladefläche, dröhnendem Motor und qualmendem Auspuff durch die Straßen dampfte.
    Im Leben erfüllte das Ding nicht die Kriterien einer Schadstoffklasse, die in der Innenstadt geduldet wurde. Deshalb hatte Danner sich gar nicht erst die Mühe gemacht, eine der bunten Plaketten auf die Windschutzscheibe zu kleben. Dass wir trotz des Spektakels, das die Schrottschüssel veranstaltete, niemals angehalten wurden, konnte ich mir nur mit den Nacktfotos der Vizepolizeipräsidentin erklären, die Danner sorgfältig in einer seiner Akten abgeheftet aufbewahrte.
    Er parkte vor einem hell erleuchteten Gebäudekomplex im Stadtteil Altenbochum. Ich kannte das Gebäude, ich war erst vor Kurzem hier gewesen.
    Haus am Garten, las ich über dem breiten, rollstuhlgerechten Eingang. Ein Seniorenheim. Das Seniorenheim, in dem Agi Friedlich ihre interaktive Therapie anbot.
    Wieso fuhren wir hierher? War Danner mit unserem Fall weitergekommen? Hatte er was Neues herausgefunden?
    War meine erste Verdächtige Agi Friedlich doch die Verursacherin der hohen Todesfallzahlen?
    Verdammt, warum konnte ich Danner nicht einfach sagen, dass ich im Augenblick andere Probleme hatte als den Scheißfall?
    Doch Danner hatte bereits den überlangen Ärmel meines lila

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