8 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 3te Folge
herausfordernden, verächtlichen Blick zu und legte im Vertrauen auf seine Macht die Hände im letzten Augenblick wieder ans Steuerrad.
»Hast du einen Überraschungsangriff vor?« fragte sie. Ihre Lippen waren blaß, und sie preßte sie zusammen.
Er fuhr schnell, aber nicht so schnell, daß er ihre Worte nicht aufnahm. Sie sprach abgehackt, und ihre Stimme war angespannt.
»Willst du jetzt endlich zuhören? Ich sagte schon vorhin, daß du unglaubliches Glück hattest. Merkst du denn immer noch nicht, was sich mit dir ereignet hat?
Du hattest den Unfall. Er sollte nicht so schlimm ausfallen, aber irgendwie mußt du meinen – den Originalplan durchkreuzt haben. Du hast sofort das Gedächtnis verloren und warst in ernstlicher Lebensgefahr. Denn da dein Bewußtsein nicht arbeitete, war dein Unterbewußtsein völlig frei von jeder Zurückhaltung. Ich wußte von der drohenden Gefahr und handelte in meiner Verzweiflung rein mechanisch. Die wenigen Erinnerungen, die du daran hast, müssen die Wurzeln deiner einfältigen Idee sein, du könntest Wirklichkeiten ›verschieben‹.
Was du damit meinst – daß es unendlich viele mögliche Wirklichkeiten gäbe, die du schaffen könntest, die du an- und abschalten könntest –, das ist alles barer Unsinn.«
Ihr Plan? Dieser Unfall war wirklich ihr Plan gewesen? Aber warum? Immer wieder dieses: »Warum?«
Sie hatte den Unfall geschaffen. Er hatte sie dafür umgebracht, wenn er auch nicht wußte, ob er damals das Motiv gekannt hatte.
Und jetzt saß sie neben ihm, immer noch ihre Hand auf seinem Arm. Abwechselnd drückte sie ihm ihre harten Nägel in die Haut, um ihn dann wieder zu streicheln. Ihre Liebe zu ihm hatte zumindest teilweise zu seiner Rettung beigetragen. Aus Liebe hatte sie versucht, ihn zu töten und war statt dessen selbst getötet worden.
Und dann drängten sich ihre letzten Worte in den Vordergrund seiner verwirrten Gedanken.
»Es gibt nicht beliebig viele Wirklichkeiten?« fragte er.
»Nein«, erwiderte sie mit ironischer Geduld. »Es gibt nur eine – unsere Wirklichkeit. Wir echten Menschen können sie hier und dort ein bißchen korrigieren, aber es ist die eine und einzige. Unum sine pluribus. Das einzige, was du konntest, du Weltenformer, war ein Verschieben der Zeit.«
Er sah sie verständnislos an. »Das hast du schon einmal gesagt. Ich dachte, du wolltest mich nur verspotten.«
Troy begann mit der übertriebenen Sorgfalt zu erklären, die man bei zurückgebliebenen Kindern anwendet.
»Die Zeit ist für uns echte Menschen subjektiv. Das heißt, wenn wir an einen bestimmten Zeitabschnitt denken, sehen und erleben wir ihn. Sicher warst du schon oft überrascht, daß etwas, das noch lange weitergehen sollte – ein Film, ein Buch, das du gerade in der Hand hieltest, oder irgend etwas, das dir Spaß machte – plötzlich zu einem Ende kam. Du hast auf die Uhr gesehen und gemerkt, daß die richtige Zeitspanne vorbeigegangen war. Aber du konntest es eigentlich nicht glauben. Du hattest das sichere Gefühl, daß es nicht so war. Oder etwas, das wie im Fluge vergehen sollte, schleppte sich stundenlang dahin.
Du bist lediglich kreuz und quer durch die Zeit gesprungen. Als du geheilt warst, kehrtest du in die Zeit zurück, aus der du gekommen warst. Weshalb kann ich hier mit dir sprechen? Wie konnte ich in deine Zelle gelangen, Monate, nachdem du mich umgebracht hattest? Weil ich jetzt – in diesem Augenblick – noch am Leben bin, und weil ich die Zeit, in der du mich umbrachtest, umging.«
»Nein!« rief er. Der feste Grund unter seinem Selbstvertrauen bröckelte ab. Wieder einmal führten Troys Erklärungen nur zu einem neuen Schwung von Fragen.
Das Auto schaukelte, als er wütend am Steuerrad riß.
»Vielleicht ist die Beherrschung der Zeit eine unserer Eigenschaften. Aber das klärt meinen Fall noch lange nicht.« Er blieb hartnäckig. »Es klärt nicht einmal deinen Tod. Wie konnte ich mich in die Zeit begeben, in der mein Arm wieder verheilt war und ein Plastikchirurg mein Gesicht wiederhergestellt hatte? Weshalb fand ich mich dann in meinem Bett wieder, in der Zeit, aus der ich gekommen war, ohne einen gebrochenen Arm und ein zerfleischtes Gesicht? Weshalb bemerkte das Krankenhauspersonal nichts davon? Wie kannst du deine Ermordung umgehen und doch lange genug liegenbleiben, daß man Aufnahmen von dir macht, dich untersucht und begräbt?«
Troy schüttelte mitleidig den Kopf. Ihr Ärger war wie weggewischt. Sie machte ein sorgenvolles
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