8 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 3te Folge
Gesicht, als sie zu ihm aufsah.
»Aber genau das ist geschehen, Fred. Ich sagte dir schon, daß du unwahrscheinliches Glück hattest. Unter dem Krankenhauspersonal befand sich kein einziger echter Mensch, ebenso wie kein echter Mensch in die Auffindung und Untersuchung meiner Leiche verwickelt war. Und du kennst die Angestellten. Sie werden die Anordnungen ihrer Chefs niemals mißachten. Ich weiß nicht, wie sich das Krankenhauspersonal diese Dinge erklärte. Vielleicht merkten sie nichts, weil ihr Gedächtnis und ihre Erinnerungen auch geändert wurden. Ich habe keine Ahnung, was der Leichenbeschauer dachte, als er mich untersuchte.
Wir können nicht die Gedanken anderer Leute lesen. Wir sind lediglich echte Menschen. Ich kann nicht einmal wissen, ob die unechten Menschen überhaupt denken. Sie handeln vielleicht aufgrund irgendwelcher Reflexe, oder sie kommen für ein kurzes Aufflackern ins Leben, wenn wir sie brauchen, um dann wieder zu verschwinden, bis sie von neuem gerufen werden. Ich weiß auch nicht, was in den Köpfen der Wachen vorging, als sie mich in die Todeszelle des Staatsgefängnisses ließen. Nichts offensichtlich, denn sie erkannten mich nicht und hielten mich nicht auf. Wäre einer von ihnen echt gewesen – nun, das war das Risiko, das ich auf mich nahm.
Fred, verstehst du jetzt das Tragische an unserer Situati on? Wir sind die Herren des Alls, gewiß, aber wir alle sind die Herren des Alls. Denn wir können einander beeinflussen. Wenn einer Eis will und der andere nicht, so kommt der Eiskremwagen nicht – außer auf Wunsch eines dritten echten Menschen, dessen Wunsch wiederum von einem anderen aufgehoben werden kann. Und so weiter. Am Ende hängt die Entscheidung darüber, ob der Eiswagen kommt oder nicht, von irgend jemandem ab, der möglicherweise tausend Meilen entfernt lebt, aber dessen Entscheidung über irgend etwas anderes wieder etwas anderes ausgelöst haben mag, das meinetwegen einen Einfluß über die Verkehrsdichte unserer Straße hat und dadurch den Eiswagen hierher dirigiert.
Angenommen, du wolltest ein bestimmtes Wellenmuster in einem Teich erzeugen, das sich bis zu den Ufern fortsetzt. Du wirfst einen Kiesel hinein, der diese Wellen auslösen soll. Aber dein Nachbar und seine Nachbarn werfen auch einen Kiesel hinein, und noch einen und noch einen – bis letzten Endes ein ähnliches Muster entsteht, wie du es haben wolltest. Doch es ist lediglich ein Produkt des Kompromisses und hat nichts mehr mit deiner ursprünglichen Absicht zu tun.«
Sie lächelte traurig. »Verstehst du nicht? Was die echten Menschen davon abhält, kleine Götter zu sein, ist die Tatsache, daß es so viele echte Menschen gibt. Jeder mit einem eigenen Willen, und irgendwie kommen sie einander ins Gehege. Solange du dich in Situationen befandest, in die nur wenige Menschen verwickelt waren, standen die Chancen, mit einem echten Menschen zusammenzutreffen, schlecht. Das war ein Vorteil für dich. Aber mit der Verhandlung selbst hatten zu viele Leute zu tun. Einer von ihnen war echt. Seine Gedanken verhinderten deinen Sprung in eine andere Zeit. Und so bist du im Gefängnis gelandet.«
Delman ordnete seine Erinnerungen. Jedesmal, wenn er geglaubt hatte, das Wirklichkeitsschema zu ändern, konnte er also als Erklärung ebenso gut einen Zeitsprung einsetzen.
Aber der eine Teil seines Verstandes, der ein fast selbständiges Dasein führte, wollte einfach nicht zuhören. Und der andere Teil kämpfte mit allen Mitteln dafür, daß der erste Teil zuhörte. Er zuckte zusammen, als der eine Teil seines Ichs die neue Erklärung aufnahm und der andere sich mit der ganzen Kraft des Verzweifelnden an die frühere Erklärung klammerte. Sein Puls ging schneller, wieder langsamer, wieder schneller. Ihm war, als flattere ein angsterfüllter Vogel in seiner Brust. Plötzlich war er in Schweiß gebadet, und das Auto schlingerte von einer Straßenseite zur anderen, hin und her, als sei sein Fahrer betrunken. Sein Mund öffnete und schloß sich wieder. Trockene, schluchzende Laute kamen aus seiner Kehle.
Ein Anfall von Angst, erklärte der hartnäckige, selbstbewußte Teil seines Ichs. Er konnte es nicht glauben, konnte es aber auch nicht zurückweisen. Er konnte nicht gehen und nicht bleiben. Sein Körper war unbeweglich, während sein Verstand versuchte, mit zwei Dingen gleichzeitig fertig zu werden.
Sein Fuß trat auf die Bremse, und der Wagen blieb quietschend mitten auf der Straße stehen. Er wurde gegen das
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