8 Science Fiction Stories
Ebenen kam, wo der Prediger herrschte. Er entkleidete einen toten Grauen, zog die groben Kleidungsstücke über seine eigenen und warf die weiße Perücke fort.
Zeitweise trübte die Panik sein Bewußtsein. Müdigkeit wurde zu einer Droge, die Erinnerung und Gefühl zerstörte. Aber er blieb auf den Beinen. Er eilte immer weiter. Weil er nicht sterben wollte.
Eine weitere Schicht Dunkelheit folgte. Dann fand er einen Aufzug, der funktionierte. Dieser brachte ihn in die feuchte Kälte der Entwässerungsebenen. Mehr als hundert Meter Erde dämpften die Erschütterungen der Geschosse. Noch immer schlugen sie ununterbrochen ein.
Einmal kam er zu sich und bemerkte, daß ihn fast ein Trümmerhaufen begraben hatte. Er hatte sich aber keine Knochen gebrochen. Er stolperte weiter. Erst nach langer Zeit fiel es ihm auf, daß der Beschuß aufgehört hatte.
Eine Salve aus einer Automatik zuckte aus einem dunklen Quergang. Er sprang in Deckung. Aber ein großer, über und über mit Blut bespritzter Mann in Grau trat in das trübe Licht des Ganges und richtete seine Goon-Automatik auf ihn.
»Halt, denn der Untergang ist da!«
»Ja, Bruder!« antwortete Kellon geistesgegenwärtig mit einem Zitat des Predigers. »Und sein Königreich wird kommen!«
»Du kannst passieren, Bruder.« Der Mann grinste ihm zu und erklärte: »Ich jage Ingenieure. Sieben habe ich umgebracht.« Kellon wollte gerade passieren, als die Waffe eine drohende Bewegung machte. »Warte, hast du die Neuigkeiten gehört?«
Kellon wartete.
»Admiral Hurd versuchte, den Prediger hereinzulegen.« Der Jäger gluckste triumphierend auf. »Er fiel durch die Hand Gottes – und ein gut gezieltes Messer. Nun gehört die Flotte uns – wenn überhaupt noch Schiffe übrigbleiben, denn die letzten Meldungen besagten, daß sie gegeneinander kämpfen.«
Kellons Kehle war plötzlich trocken.
»Selene …«, flüsterte er. »Was. geschah mit Miss Captain du Mars?«
»Vergiß diese Worte des Teufels, Bruder.« Der Jäger leckte die Lippen. »Die Hure von Babylon ist ebenfalls tot. Man sagt, daß sie am Schluß sogar den Antichristen betrog. Man fand sie mit Hurd an Bord der Flotte. Als er getötet wurde, nahm sie Gift, um dem Zorn des Predigers zu entgehen. Hallelujah!«
»Lobpreiset den Herrn!« keuchte Kellon heiser. »Gute Jagd, Bruder.«
Es tat ihm leid, von Selenes Tod zu hören. Doch war er sicher, daß sie kein Mitleid an sich selbst verschwendet hatte. Sie hatte das Spiel bis zum Ende mit ihren eigenen, harten Regeln gespielt. Die Möglichkeit des Fehlschlages hatte sie ebenso einkalkuliert, wie die des Erfolges. Das Gift, das sie bereit gehabt hatte, bewies es.
Schock, Verwirrung und Müdigkeit ließen schwarze Nebel um seine Sinne tanzen. Es war schwierig, sich zu erinnern, was geschehen war. Noch schwieriger, es zu begreifen.
Ebenso wie Selene, hatte er mit den Regeln gespielt, die das Leben ihn gelehrt hatte. Aber nun waren sie nicht länger verwendbar.
Einmal verbarg er sich vor dem Mob, der durch einen dunklen Gang auf ihn zukam. Sie hatten helle Fackeln, und ihr Anführer trug einen Frauenkopf auf einer Stange. Sie sangen die ›Schlachthymne Gottes‹.
Schwach versuchte er sich klarzumachen, was die Menschen in solch furchterregende Ungeheuer verwandelt hatte. Natürlich war die Herrschaft der Union eine drückende Bürde gewesen, aber er erinnerte sich daran, viele Maßnahmen zur Erleichterung der Zustände Unterzeichnet zu haben. Melkart, so kam ihm wieder in den Sinn, hatte gewußt, daß es drei Generationen zu spät war.
Zwanzig Jahre war es her, seit Kellon zum letztenmal die feuchte Kälte der Kanalisationsebenen gefühlt hatte. Aber plötzlich schien das
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