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8 Tage im Juni

8 Tage im Juni

Titel: 8 Tage im Juni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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Verdammt!«, unterbrach er sich und knallte die Schranktür zu.
    Nichts war klar. Er würde sich seinem Kumpel auf keinen Fall so abgehalftert und behindert zeigen. Wenn Nils heute Nachmittag kam, würde er einfach die Tür nicht aufmachen.
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    Jennys Hand umklammerte den Kugelschreiber in ihrer Hosentasche. Die Bewegung erschreckte sie, sie wusste genau, dass sie den Kuli nur so hielt, wenn Gefahr drohte. Dabei sah Toni ganz harmlos aus. Er grinste breit, als er auf sie zukam.
    Â»Jenny, wie geht’s?«
    Jenny zuckte mit den Schultern. Seit wann hatte er diese Zahnlücke? Gestern war sie ihr gar nicht aufgefallen.
    Â»Danke für gestern Nacht. War breit wie eine Haubitze, konnte mich kaum noch auf den Beinen halten, aber ich weiß noch, dass du mir die Tür aufgesperrt hast.«
    Und was weißt du sonst noch?, hätte Jenny ihn am liebsten gefragt. Weißt du noch, wie du den Jungen in der U-Bahn verhauen hast? Und die zwei Schläger gestern Morgen: Wollten die zu dir?
    Sie sagte nichts von all dem, stattdessen murmelte sie: »Schon okay.« Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Big Marc und Dennis aus dem Tor traten. Die ließen gerne ihre Sportstudio-Muckis spielen. Denen geriet man besser nicht in die Quere. Sie rief nach Joe-Joe, der nur widerwillig von dem Autoskelett herunterkletterte.
    Â»Wir müssen nach Hause«, sagte sie zu Toni.
    Â»Hast was gut bei mir, Jenny«, sagte der, schlenderte dann langsam auf Big Marc und Dennis zu und bot den beiden eine Zigarette an.
    Â»Jetzt komm schon, Joe-Joe«, raunzte Jenny den Bruder an, der immer noch bei dem ausgeschlachteten Wagen herumturnte.
    Sie hob seinen Schulranzen auf, setzte ihn dem Jungen auf die Schultern, packte ihn bei der Hand und zog ihn in Richtung Blaues Tor.
    Â»Hey, Jenny, gehst mal wieder brav nach Hause zu deiner verrückten Mami«, brüllte Dennis.
    Â»Wird Zeit, dass du aufhörst, große Schwester zu spielen«, rief ihr Big Marc hinterher. »Bald spuckt der Kleine dir auf den Kopf.«
    Â»Lasst sie in Ruhe«, hörte Jenny Toni sagen. »Ihr wärt doch froh gewesen, ihr hättet ’ne große Schwester gehabt, die sich um euch kümmert.«
    Das war der Toni, den sie kannte! Einer, der Dinge grade rückte, der keine dummen Sprüche klopfte. Und auch einer, der sich in der Roten Burg zwischen allen Gangs und Clans bewegen konnte. Der oft vermittelte, wenn es Streit gab. War die Schlägerei vorgestern nur ein brutaler Ausrutscher gewesen? Eine einmalige Schweinerei? Ein Blackout im Suff? Das konnte ihr nur Toni beantworten. Vergiss es, sagte sie sich wieder. Vergiss es einfach! Jenny griff fester nach Joe-Joes Hand und beeilte sich durch das Blaue Tor ins Innere der Burg zu kommen.
    Im Briefkasten nur Werbezettel, aber keine Post vom Jobcenter – ihr Zuschuss für die Klassenfahrt also immer noch nicht genehmigt. Das zwölfseitige Antragsformular war wie ein Buch mit sieben Siegeln, zwei Stunden hatte sie mit Jasmin und Frauke gesessen, um es auszufüllen. Und jetzt zahlten die nicht! Dabei mussten sie das Geld bis Ende der Woche haben.
    Jenny pickte die Werbung aus dem Briefkasten und folgte Joe-Joe die Treppe hoch. In der Wohnung sprang Rintintin sie freudig an, die Katzenbabys turnten auf der Fensterbank herum, Mimusch, die Katzenmama, maunzte und strich Jenny fordernd um die Beine.
    Â»Hunger!«, brüllte Joe-Joe, warf den Ranzen in eine Ecke und stürmte in die Küche. »Mama, was gibt es zu essen?«
    Jenny ging zuerst in ihr Zimmer und legte den Rucksack aufs Bett, dann folgte sie Joe-Joe in die Küche. Auf dem Tisch standen Jasmins Kaffeetasse, die offene Margarinedose und eine angebrochene Packung Toastbrot. Daneben lagen die aktuellen Flyer der Discounter. Wie immer hatte Jasmin angekreuzt, was diese Woche besonders billig war. Gulasch, fünfhundert Gramm für 1,69 €, Blumenkohl für 0,99 €, Hundefutter im Doppelpack zum Preis für einen.
    Joe-Joe ließ die Kühlschranktür auf- und wieder zuknallen und pulte sich aus der Toastbrottüte zwei Scheiben heraus. Jenny brauchte den Kühlschrank nicht zu öffnen. Sie wusste, dass er leer war. Auch sie griff nach einer Toastbrotscheibe, dann ging sie ins Wohnzimmer und fand Jasmin auf dem Sofa in ein Kreuzworträtsel vertieft. Sie trug noch das T-Shirt und die Leggins, die sie zum Schlafen angezogen hatte. Unter der Dusche war sie also auch nicht

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