80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)
mich darauf hast spielen sehen. Du wolltest sie deiner Sammlung einverleiben, und jetzt ist sie in deinem Tresorraum. Bei den anderen Sachen, die du lieber nicht offen zeigst. Die du dir zusammengestohlen hast. Im Keller. Da, wo du angeblich deine Schallplattensammlung aufbewahrst.«
Wenn schon, denn schon.
Da tat Viggo etwas, was ich mir nie hätte träumen lassen.
Er fing an zu weinen.
Bei diesem Anblick zerstob all meine Wut. Ich hatte noch nicht viele Männer weinen sehen und war mir unsicher, wie ich reagieren sollte. Ich beugte mich vor und streichelte seinen Arm.
Er hob sein Glas, stürzte den Whisky in einem Zug hinunter und biss die Zähne zusammen.
»Es tut mir leid«, sagte er leise. »Ich wusste nicht, dass es dir etwas ausmacht.«
»Du wusstest nicht, dass es mir etwas ausmacht?«, entgegnete ich verblüfft. »Wie um alles in der Welt kommst du denn darauf?«
»Als du sie zur Probe mitgebracht hattest, steckte sie in einem so unscheinbaren Kasten. Da dachte ich, du hast keine Ahnung, was das für ein Instrument ist, und dass es dir nicht so viel bedeuten kann, wenn du es zu so einer läppischen Session mitschleppst. Eine deiner Übungsgeigen, nahm ich an. Oder eine, die dir ein Sponsor geliehen hat. Wahrscheinlich hast du noch ein Dutzend von der Sorte, dachte ich. Außerdem soll ja auch ein Fluch auf ihr liegen. Vielleicht habe ich dir sogar einen Gefallen getan, als ich sie dir geklaut habe. Und ich wollte sie nur ab und zu anschauen und berühren, auf keinen Fall beschädigen. In meinem Tresorraum ist sie sicher. Ich wollte mich um sie kümmern, für sie sorgen …«
Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus. Er redete wie ein Wahnsinniger, und seine Schultern bebten, als würde er gleich zusammenbrechen und wieder zu schluchzen beginnen. Ich warf einen verstohlenen Blick in die Bar, aber niemand achtete auf uns; womöglich konnte man uns nicht einmal sehen, da wir so versteckt in unserer dunklen Ecke saßen.
»Viggo«, sagte ich tröstend und als würde ich mit einem Kind sprechen. »Die Geige ist ein Geschenk. Von Dominik. Ich liebe sie mehr als alles auf der Welt. So wie ich ihn liebe«, fügte ich spontan hinzu – und überraschte mich selbst damit vielleicht mehr als Viggo.
Wieder schaute er mich an und strich sich eine dunkle Strähne aus dem Gesicht.
»Also gut«, sagte er und lächelte mit rot geränderten Augen. »Das lässt sich lösen. Ich gebe sie dir zurück.«
»Das wäre wundervoll.« Die Untertreibung des Jahrhunderts, aber sein Angebot schien mir noch sehr vage. Und für den Fall, dass er seine Meinung noch einmal änderte, wollte ich lieber nichts überstürzen. »Aber …«
»Ja?«, fragte er sofort.
»Dominik hat sie bereits zurückgestohlen. Oder zumindest ist er gerade dabei, sie zu stehlen.«
»Was soll das heißen?«, fragte er. Nun war er doch erschrocken, so dass seine Tränen augenblicklich versiegten.
»Ich habe Nachschlüssel für dein Haus anfertigen lassen«, erklärte ich. »Tut mir leid. Ich wollte die Geige unbedingt zurückhaben, komme, was da wolle. Ich konnte ja nicht ahnen, dass du sie so leicht wieder herausrückst …«
»Und da hast du Luba und mich hierhergelockt, damit das Haus leer ist und er freie Bahn hat?«
»Ja.«
»Aber du kennst doch gar nicht den Code des Tresor raums.«
»Dominik meint, es ist dein Geburtsdatum oder so was in der Art. Er muss immer noch dort unten sein. Leider gibt es keinen Handyempfang in deinem Keller. Er will mir eine SMS schicken, wenn er fertig ist, ob er nun drin war oder nicht.«
Den ganzen Abend hatte ich immer wieder verstohlen auf mein Handy geschaut, sobald Viggo den Kopf wegdrehte, denn es hätte ja sein können, dass ich das Summen überhört hatte, das mir das Eintreffen einer SMS signalisierte.
Viggo verschränkte die Finger, stützte das Kinn auf die Hände und versank in tiefes Grübeln. Vielleicht malte er sich aus, was Dominik angestellt haben mochte, um in den Tresorraum zu gelangen.
»Das schafft er nie. Im Haus hat er keine Probleme, es gibt keine Kameras, keine Fallen, nichts dergleichen. Die Nachbarn können nicht sehen, wer zur Haustür hineingeht; und sollte ihn doch jemand dabei beobachtet haben, erregt er keinen Verdacht, weil er einen Schlüssel hat. Er wird wohl auch nicht gerade wie ein typischer Einbrecher aussehen. Du hast dich doch nicht mit einem Kriminellen eingelassen, oder? Vielleicht ist es ihm tatsächlich gelungen, die Tresortür zu knacken, und er hat die Geige und
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