80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)
gefragt?«
»Er wollte meine haben. Aber ich steh nicht auf Rockmusiker.«
»Ach was? Gilt das auch für Chris?«, neckte ich sie.
»Na ja, es gibt Ausnahmen.« Fran wurde rot.
Mein Handy klingelte. Ich wollte es ignorieren, doch Fran ergriff die Gelegenheit zum Themenwechsel beim Schopf, nahm es aus meiner Tasche und reichte es mir.
»Ein Anruf aus dem Ausland. So etwas ist immer wichtig. Geh ran.«
Das Display zeigte eine New Yorker Nummer, das konnte nur Simón oder Susan sein. Eher sie, denn als ich das letzte Mal von Simón gehört hatte, befand er sich noch in Venezuela. Susan hingegen war vermutlich stinksauer auf mich, denn ich hatte immer noch nicht auf ihre E-Mail-Fragen geantwortet, wo ich denn stecke und was ich vorhabe.
Ich glitt vom Stuhl und ging nach draußen, wo ich das Gespräch annahm, kurz bevor sich die Sprachbox einschaltete.
»Hallo?«
»Summer, wo, zum Teufel, bist du und was um alles in der Welt tust du dort?«
Susan, na klar.
»Ich bin noch in London. Mach ein bisschen Urlaub.«
»So, Urlaub! Ich habe da was von spontanen Gastauftritten bei Rockkonzerten in London und Brighton läuten hören. Bombenkritiken, muss ich schon sagen. Die Presse hat Wind davon bekommen, und jetzt erscheint in so einem Revolverblatt ein Artikel über deine Rockrebellion! Der Liebling der klassischen Musikwelt flippt aus und so ein Zeug …«
»Ich habe nur bei einem Freund mitgespielt.«
»Solche Geschichten muss ich deichseln, wenn dein Stern am Klassikhimmel nicht gleich wieder verglühen soll.«
»Meine Geige ist gestohlen worden«, sagte ich kleinlaut und den Tränen nahe.
»Das tut mir leid. Aber deine Tantiemen reichen doch sicher locker für eine neue, oder? Falls du dein ganzes Geld für Schuhe verpulvert hast, kann ich bestimmt auch einen Mäzen auftreiben.«
»Für die Bailly gibt es keinen Ersatz. Ich kann mir nicht vorstellen, ohne diese Geige je wieder als Solistin auf die Bühne zu gehen.«
»Na ja, es müssen ja nicht unbedingt Klassikkonzerte sein. Was ist das für eine Band, mit der du gespielt hast?«
»Die Groucho Nights. Sie waren die Vorgruppe von Viggo Franck und seinen Holy Criminals … Vielleicht hast du schon von Viggo gehört. Er unterstützt gerade meinen Freund Chris bei der Planung einer Europatournee.«
»Klar kenne ich den. Laut Boulevardpresse schläft er mit der halben weiblichen Prominenz dieser Welt. Na schön. Mit denen kannst du spielen. Aber lass dich um Himmels willen nicht fotografieren, wie du mit Viggo Franck aus einer Bar torkelst, zumindest nicht, bis ich angefangen habe, dich als kommenden Rockstar zu vermarkten. Dabei fällt mir ein: Hast du noch Kontakt zu dem Fotografen, der das Foto für das Plakat deines New Yorker Konzerts gemacht hat?«
Mein erster Soloauftritt lag mehr als zwei Jahre zurück. Das Ankündigungsplakat, das dazu beigetragen hatte, dass das Konzert ausverkauft war, zeigte mich vom Hals bis zum Bauchnabel nackt – nur die Geige verdeckte sittsam meine Brüste, sodass es keinen Anstoß erregte. Susan hatte ein gutes Gedächtnis.
»Nein … ich glaube, er ist inzwischen wieder in Austra lien.« Da erinnerte ich mich an den Fotografen, der mich vor wenigen Wochen zusammen mit Fran und Chris im Torture Garden fotografiert hatte. Er würde zumindest diskret sein. »Aber ich weiß vielleicht jemand anderen.«
»Gut. Dann wäre das abgehakt. Ich rufe gleich mal Francks Manager an. Überlass sämtliche Vereinbarungen mir. Wenn du jetzt auch Rockstar sein willst, muss man das richtig einfädeln.«
Noch ehe ich auch nur die Chance hatte, irgendwelche Einwände zu erheben, legte Susan auf.
Als ich mich wieder zu Fran setzte, fühlte ich mich ein bisschen benommen. Vielleicht war es ja gar nicht schlecht, dass ich noch keine eigene Wohnung gefunden hatte. Es sah ganz so aus, als würde ich bald wieder auf Tour sein.
»Na? Was gibt’s?«, fragte Fran und sah mich neugierig an.
»Das war meine Agentin – sie möchte, dass ich mit Chris und seiner Band auf Tournee gehe.«
»Na, ist doch toll! Chris wird begeistert sein, wenn du wieder mit ihm zusammen spielst. Eigentlich spricht er von nichts anderem. Natürlich kommt er gut mit Ted und Ella klar, aber du bist seine beste Freundin, Sum … da solltest du nicht lange überlegen.«
»Ich fürchte, da gibt es nichts zu überlegen, das habe ich gar nicht mehr in der Hand. Meine Agentin ruft bereits bei seinem Management an, und Susan ist jemand, die Eskimos Kühlschränke andrehen
Weitere Kostenlose Bücher