80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)
Umweg und spazierte über den nahen Friedhof. Dort setzte ich mich auf eine Bank und betrachtete gedankenverloren die Grundmauern der alten Kirche, die dort stand. Eigentlich finde ich Kirchen immer ein wenig gruselig, doch diese war anders. Ihr Mauerwerk war blassgrau, fast weiß, nicht bröckelig und auch nicht mit Moos bewachsen. Je länger ich das stolze Bauwerk betrachtete, desto leichter und heiterer wirkte es auf mich.
Ich suchte den Eingang. Das Hauptportal war geschlossen, doch eine Tür führte in einen großen runden Raum aus den gleichen hellen Steinen, die sich hoch über mir auftürmten. Ich lehnte mich an eine Wand, genoss ihre Kühle und rutschte langsam an ihr hinunter.
Ich sehnte mich verzweifelt nach Dominik. Ausnahmsweise, dieses eine Mal, nicht nur, um mit ihm zu ficken. Ich wollte mit ihm reden, wollte spüren, dass er mich in die Arme nahm, den Kopf an seine Schulter legen und ihm über die Brust streichen. Ich wollte einfach mit ihm zusammen sein.
Aber er hatte sich mit Lauralynn zusammengetan, und für Reue war es zu spät. Ich war selbst schuld. Wie man sich bettet, so liegt man.
Doch zumindest konnte ich seine Stimme hören und vielleicht eine Möglichkeit finden, meine Bailly zurückzubekommen. Das Instrument, das mich noch immer mit ihm verband.
Ich nahm mein Handy aus der Tasche.
8
PARISER KLÄNGE
Das Telefon klingelte. Summer war am Apparat.
Seit sie sich in Brighton begegnet waren, hatte Dominik auf ihren Anruf gewartet. Dabei hatte er ständig überlegt, ob er sich nicht als Erster bei ihr melden solle. Er sehnte sich nach ihrer Stimme. Und nach ihrer Nähe.
Aber es schien nie der richtige Moment zu sein. Dass sie sich in Brighton über den Weg gelaufen waren, war reiner Zufall gewesen. Doch wenn er sie jetzt anriefe, so fürchtete Dominik, könnte es so wirken, als stellte er ihr nach.
Unzählige Male hatte er ihre Nummer gewählt, doch von Zweifeln und Ängsten zerfressen immer gleich wieder aufgelegt. Mittlerweile hatte er sich mit LaValle in Verbindung gesetzt und ihm vom Diebstahl der Bailly berichtet. Dabei hatte er sich auch nach dem Markt für gestohlene Musikinstrumente erkundigt. LaValle hatte ihm den Namen eines Händlers genannt, der in einem Pariser Vorort wohnte und manchmal als Mittelsmann fungierte, wenn es bei einem Geschäft nicht ganz nach Recht und Gesetz zuging. LaValle hatte es amüsiert zur Kenntnis genommen, dass die berüchtigte Bailly mal wieder ihrem Ruf alle Ehre machte und mit ihrem Verschwinden die Legende um die Angélique weiterspann.
Nur zu gern hätte Dominik mit Summer über die Dinge gesprochen, die er erfahren hatte. Zweimal hatte er an diesem Tag bereits nach dem Telefon greifen wollen, war dann aber davor zurückgeschreckt, als könnte er sich die Finger verbrennen. Um einen klaren Kopf zu bekommen, war er schließlich zu einem Spaziergang in die Hampstead Heath aufgebrochen. Natürlich hatte Summer ausgerechnet in der Zeit angerufen und ihm, weil sie ihn nicht erreicht hatte, eine Nachricht hinterlassen. So ein Pech! Wie lange sollte er warten, bis er sie zurückrief?
Er fuhr hoch, als sein Handy zu vibrieren begann und über die Schreibtischplatte ruckelte.
»Dominik?« Sie klang, als stünde sie direkt neben ihm.
»Ja.«
»Ich bin’s, Summer.«
»Ich hatte gehofft, dass du anrufst.«
»Wirklich?« Sie konnte nicht verbergen, wie sehr sie sich über seine Worte freute.
»Natürlich. Gibt es Neuigkeiten von der Geige?«
»Nein.« Ihre Enttäuschung war herzerweichend.
»Ich habe inzwischen von einem Mann gehört, der uns eventuell helfen kann. Dazu müsste ich allerdings nach Paris fahren. Obwohl …«
»Paris?«, rief Summer. »Dort sind wir nächste Woche. Für ein Konzert. Wir spielen zum Tourneeauftakt im Cigale.«
»Das ist ja wunderbar.«
»Wenn du deine Reise entsprechend legst, könntest du zu unserem Konzert kommen. Das wäre doch prima. Ich lasse dich natürlich auf die Gästeliste setzen. Willst du? Bitte!«
»Gern.«
»Und nach dem Auftritt könnten wir noch einen Kaffee zusammen trinken. Und uns diesmal in Ruhe unterhalten. Das wäre mir wirklich wichtig, Dominik …«
»Ich wollte immer einmal mit dir nach Paris fahren.«
»Ja. Aber wir haben es nie hinbekommen.«
»Und ist es jetzt dafür nicht eigentlich ein bisschen zu spät?« Dominik kämpfte mit der Traurigkeit, die in ihm aufstieg. »Wird Viggo Franck auch da sein?«
»Vermutlich«, antwortete sie. »Aber wir haben eine … eher lockere
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