80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)
wissen, dass sie sich am anderen Ufer der Seine auf ihren Auftritt vorbereitete. Dass sie in London einige Wochen nur einen Steinwurf von ihm entfernt in Camden Town gewohnt hatte, barg für ihn nicht die gleiche emotionale Sprengkraft. In Paris hatte diese Nähe etwas von einem Traum und weckte in ihm schmerzlich süße Gefühle.
»Unter den Sammlern gibt es Menschen aller Couleur«, erklärte Cavalier. Er war jünger, als Dominik erwartet hatte, ein schmächtiger, spindeldürrer Mann, der sein pechschwarzes Haar zu einem unter einem flotten Filzhut hervorlugenden Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Er trug ein kariertes Jackett und eine dunkle Stoffhose mit messerscharfer Bügelfalte.
»Zu diesem Ergebnis bin ich auch schon gekommen«, versuchte es Dominik zum Aufwärmen mit einem Bluff.
»Es geht ihnen dabei nicht um einen finanziellen Gewinn, das ist nicht der Grund, weshalb sie sich auf Diebstahl und andere illegale Transaktionen einlassen. Wenn sie das Objekt erst mal in Händen haben, denken sie nicht daran, es wieder zu veräußern. Schon gar nicht wegen eines möglichen Profits.«
»Ich weiß.«
»Sie berauschen sich schlicht und einfach an der Schönheit. Ich kenne auch unter den Bibliophilen Leute, die seltene Ausgaben um ihrer selbst willen sammeln. Sie lesen keine Bücher, nicht einmal die, die sie besitzen.«
»Mich interessiert eigentlich vorwiegend der illegale Markt für Musikinstrumente.«
»Instrumente, Bücher, Kunst, Schmuck, Teppiche – es ist immer das Gleiche«, fuhr Cavalier fort. »Gier, wenn Sie mich fragen, die reine Gier. Reichere Sammler engagieren sogar Diebe, die in ihrem Auftrag bestimmte Objekte stehlen …«
»Ist das der Punkt, an dem Sie ins Spiel kommen?«, fragte Dominik.
»Das kann man so nicht sagen.« Cavalier grinste über das ganze Gesicht. »Mein Geschäft ist eher die Information. Ich unterstütze die beteiligten Parteien nach besten Kräften.«
Er trank einen Schluck von seinem Pastis, der furchtbar roch, wie Dominik fand, als er Wasser und Zucker in sein Glas mit frisch gepresstem Zitronensaft gab.
»Kennen Sie jemanden, der sich für alte Geigen interessiert?«
»Ah, jetzt kommen Sie zum Punkt. Lassen Sie mich raten: Geht es um Mister LaValles berühmte Bailly, die Angélique?«
»Ja, genau.«
»Interessant. Ein Instrument mit einer höchst faszinierenden Geschichte. Ist es nicht seltsam, dass manchmal eine Legende zur Wahrheit wird …?«
»O ja. Der Stoff, von dem Autoren träumen. Geschichten, die das Leben schreibt …«
»Stimmt.«
»Als Mann mit Erfahrung, glauben Sie, dass jemand gerade diese eine Geige ins Auge gefasst hatte? Mister LaValle hat so etwas angedeutet.«
»Nun, es gibt immer Sammler, die sich von einer außergewöhnlichen Geschichte verlocken lassen«, überlegte er. »Aber Ihnen ist bestimmt klar, dass ich Ihnen keine Namen nennen kann. Ich habe Vertraulichkeit zugesichert, was Sie wohl verstehen werden.«
»Natürlich. Aber …«
»Eines kann ich Ihnen allerdings doch verraten …«
»Ja?«
»Es gibt da einen gewissen Herrn, einen bekannten Sammler, der sich nicht nur mit Instrumenten befasst, sondern auch ziemlich dilettantisch mit Kunst. Der hat das von ihnen genannte Objekt kürzlich von seiner Wunschliste streichen lassen. Vielleicht ist er irgendwo zufällig darauf gestoßen und hat es für besser gehalten, jeden Beweis seines Interesses in der Vergangenheit zu beseitigen.«
»Ach was?«
»Nun ja, es wäre nicht besonders klug, einen Gegenstand auf seiner Wunschliste stehen zu lassen, wenn man ihn bereits auf irgendwelchen verschlungenen Wegen in die Hände bekommen hat. Schon um zu vermeiden, dass ein unternehmenslustiger Freischaffender vorbeischaut und ihn noch mal stiehlt.«
»Wohl wahr.« Dominik wusste, dass ihm Cavalier keine Namen nennen würde. Das hatte er auch gar nicht erwartet. Der Mann zeigte jedoch eine gewisse Selbstgefälligkeit, und vielleicht musste sein Ego nur genügend gestreichelt werden, um ihn in seinem Stolz über das gehortete Wissen über sich selbst stolpern zu lassen.
»Haben Sie schon mal von Viggo Franck gehört, dem Rockmusiker?«
Kurz blitzte ein Wiedererkennen in Cavaliers Augen auf. Doch rasch hatte er sich wieder im Griff. »Nun, ich habe über ihn in den Zeitungen gelesen. Ein ziemlicher Frauenheld, nicht wahr?«
»Und gleichzeitig auch ein bedeutender Sammler?«
»So sagt man.«
»Dazu recht vermögend?«
»Zweifellos.«
Dominik rührte den Zucker um, der sich auf dem
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