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80 Days - Die Farbe der Lust

80 Days - Die Farbe der Lust

Titel: 80 Days - Die Farbe der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Jackson
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aussah.
    Dominik stand auf.
    Jetzt war Summer für ihren Auftritt geschminkt.
    »Angemalt wie die Hure Babylon«, bemerkte Dominik. »Aufgeputzt. Perfekt.«
    Summer war so erschrocken über das, was gerade geschehen war, dass sie nach Worten rang.
    Dominik zog einen schwarzen Stoffstreifen aus der Hosentasche und verband ihr die Augen. Dunkelheit senkte sich über Summer.
    »Darf ich denn nicht wissen, wer heute sonst noch da ist?«, protestierte sie schwach.
    »Nein.«
    »Auch nicht, ob es einer ist oder mehrere?«
    »Fragen darfst du schon, aber Antwort bekommst du nicht«, erwiderte Dominik.
    Eine neue Variante in ihrem Ritual. Als Summer richtig bewusst wurde, in was für einer Situation sie sich nun befand, holte sie tief Luft.
    »Ich lasse dich jetzt allein«, sagte Dominik. »Wenn du willst, kannst du dich einspielen. Ich komme später mit meinem Gast … oder meinen Gästen …« Der deutlich ironische Ton in seiner Stimme entging ihr keineswegs. »Wenn ich in etwa einer Viertelstunde zurückkehre, bin ich nicht mehr allein. Ich werde dreimal an die Tür klopfen und dann eintreten. Daraufhin wirst du für uns spielen. So weit alles klar?«
    Summer nickte.
    Als Dominik hinausgegangen war, nahm sie ihre Geige und begann, das Instrument zu stimmen.
    Dominik hatte Victor gebeten, seine Schuhe unten zu lassen. Als die beiden das Dachzimmer betraten, hörte Summer zwar das leise Schlurfen von Socken auf dem Holzboden, konnte aber nicht genau ausmachen, wie viele Besucher es waren.
    Als Victor Summer in all ihrer Herrlichkeit so dastehen sah, die Geige in der Hand, ihre Geschlechtsteile vom Scharlachrot des Lippenstifts prachtvoll hervorgehoben, trat ein breites Grinsen auf sein Gesicht. Er wandte sich zu Dominik, als wollte er ihm gratulieren. Aber er wusste, dass er nicht sprechen durfte.
    Seit er Dominik dabei geholfen hatte, Lauralynns unterbesetztes Streichquartett aufzutreiben, nervte Victor ihn mit seinen Fragen. Er wollte ganz genau wissen, was Dominik da organisiert hatte. Allerdings hatte Dominik den Verdacht, dass ihn mit Lauralynn mehr verband als nur eine flüchtige Bekanntschaft und die beiden in irgendeiner Weise unter einer Decke steckten. Victor hatte schon immer etwas Undurchschaubares gehabt, ob auf dem Campus oder bei privaten Begegnungen. Er war von furchtbar komplizierter osteuropäischer Abstammung, die sich überdies auf gemeine Weise immer wieder zu ändern schien, je nachdem, wem er von seiner Herkunft erzählte. Er lehrte als Gastdozent Philosophie und war ein geschätzter Musikkenner, der von einer Hochschule an die andere wechselte wie eine unterschätzte Koryphäe. Er hielt sich nur selten länger an einem Ort auf, fesselte ganze Hörsäle mit hintersinniger Brillanz, einstudierter Begeisterung und abstrusen Theorien, die er irgendwie immer wieder in exklusiven Publikationen zur Veröffentlichung brachte. Victor war durchschnittlich groß, hatte silbergrau meliertes Haar und einen kurzen Ziegenbart, den er mit zwanghafter Akkuratesse pflegte.
    Obwohl Dominik nicht viel auf Klatsch gab, kannte er natürlich die unzähligen und sicherlich oft völlig übertriebenen Gerüchte, die sich um Victor rankten. Sein Name fiel stets, wenn es um Intrigen und Ausschweifungen ging, und man schrieb ihm einen wahren Harem von Studentinnen zu, mit denen er ein Verhältnis hatte. Ein Fachbereichsleiter hatte einmal mit der Zunge schnalzend die Bemerkung fallen lassen, Studentinnen, die bei Victor promovieren wollten, kämen um gewisse außeruniversitäre Prüfungen nicht herum. Und tatsächlich gab es unter Victors Doktorandinnen kaum eine, die nicht hübsch war.
    Seit einiger Zeit nun nutzte er jede Gelegenheit, um aus Dominik herauszukitzeln, was es mit dessen »Projekt« auf sich habe, wie er es nannte. Dominik hatte sich schließlich breitschlagen lassen und ihm nicht nur von Summer erzählt, sondern auch das Spiel erläutert, in das er sie verwickelt hatte. Die intimsten Einzelheiten hatte er allerdings ausgelassen.
    »Ich muss sie sehen«, hatte Victor gesagt. »Unbedingt.«
    »Zugegeben, sie ist faszinierend«, hatte Dominik geantwortet. »Vielleicht …«
    »Nicht vielleicht, mein Guter. Das bist du mir schuldig. Wenigstens ein einziges Mal. Sie wird doch einverstanden sein, oder?«
    »Bisher war sie stets einverstanden, wenn ich etwas vorgeschlagen habe. Oder ist zumindest allen Wendungen dieser merkwürdigen Geschichte gefolgt«, gestand Victor.
    »Ich komme selbstverständlich nur als

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