9 - Die Wiederkehr: Thriller
seufzte tief auf und ließ sich wieder in den Autositz fallen.
Amador reagierte nicht gleich. Zuerst atmete er auf, lächelte dann und verstand erst wenig später, was seine Frau geschrien hatte.
»Lauf ihm hinterher!«, hatte sie gekreischt.
Amadors Hand schnellte zurück zum Türgriff. Die Tür sprang auf. Amadors breite Statur schoss hinter seinem Sohn her. Victoria sprang ebenfalls aus dem Fahrzeug und lief los. Eher ging sie zügig, als dass sie wirklich rannte. Der Wagen blieb mit offenen Türen, eingeschaltetem Licht und einem eindringlichen, unterbrochenen Piepton zurück.
Bald konnte Amador seinen Sohn einholen und streckte den Arm aus, um den Kragen seines T-Shirts zu fassen zu bekommen. Dabei beugte er sich so weit vor, dass er schließlich das Gleichgewicht verlor, stürzte und Leo mit sich riss, den er fest an sich drückte, damit nur der Größere von ihnen beiden den Aufprall auf dem Asphalt zu spüren bekam.
»Du bist schnell«, keuchte Amador, noch immer auf den Knien.
Er hielt Leo weiterhin am T-Shirt fest. Um mit ihm auf einer Höhe zu bleiben, stand er nicht gleich auf. Er glättete ihm ein wenig das Haar und zupfte ihm die Kleider zurecht.
»Hör mir mal zu.«
Victorias Schritte kamen immer näher. Leo blickte in ihre Richtung und verzog das Gesicht.
»Wir ziehen das durch, okay? Es muss sein. Für den Fall, dass da wirklich jemand drin ist, der dir irgendetwas antun will, werde ich an der Tür stehen bleiben.« Amador hielt inne, atmete dreimal tief durch und sah nach Victoria, um abschätzen zu können, wie viel Zeit ihm noch blieb. »Ich werde nicht zulassen, dass dir was zustößt. Leo, dein Vater wird nicht erlauben, dass dir irgendwer irgendwas antut, verstanden? Hey, Commander, verstanden?« Leo nickte. »Das hier ist auch gut für dich. Wenn du aus diesem Laden rauskommst, wirst du keine Angst mehr haben.«
»Aber, Schätzchen, wie konntest du nur?«, schimpfte Victoria aus über zwanzig Metern Entfernung.
»Ich verspreche es«, flüsterte Amador. »Diesmal komme ich mit zur Tür.«
Bei ihnen angelangt, verschränkte Victoria die Arme.
»Gehst du freiwillig rein oder müssen wir dich zwingen?«
Leo blickte zu Boden und sah dann seinen Vater an. Die drei befanden sich unter einer Straßenlaterne, innerhalb des blass orangefarbenen runden Flecks, den diese auf die Straße zeichnete. Umhüllt von einem Leuchtkegel, als würden sie gleich von einem UFO entführt werden. Eine Motte flatterte lichtbesoffen über ihnen.
»Wenn … wenn ich das nur erfunden hätte, dann hätte ich keine Angst da reinzugehen«, versuchte Leo zu argumentieren. Er zog die Nase hoch. »Dann würde ich es doch einfach tun. Papa, wenn ich mir das nur ausgedacht hätte, wüsste ich doch, dass mir nichts passiert.«
Victoria beugte sich zu ihnen hinunter, den Blick ihres Mannes suchend.
»Siehst du?«, sagte sie mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihm. Dann wandte sie sich an Leo. »Wenn du einfach so hineingegangen wärst, hättest du uns recht gegeben. Dann wäre ja klar, dass du keine Angst hättest, weil du alles nur erfunden hast. Du musst das hier machen, das alles, im Wagen losheulen und in der letzten Sekunde vor der Tür des Open abhauen, damit deine Geschichte glaubhaft klingt.« Sie betonte jedes Wort übertrieben und fuchtelte dabei mit den Armen herum wie die Hauptdarstellerin eines schlechten Films. »Vermutlich hältst du dich für sehr schlau, aber du tust genau das, was der Therapeut vorhergesagt hat. Jeden einzelnen Schritt. Einen nach dem anderen.« Das Letzte betonte sie, indem sie Daumen und Zeigefinger aneinanderlegte, als hielte sie einen imaginären Bleistift.
Amador hielt Leos Schultern gedrückt und wiederholte: »Ich werde bis zur Tür mit dir mitgehen, hörst du?«
Ohne Victoria Gelegenheit zu geben, etwas dagegen einzuwenden, stand er auf und nahm Leo an die Hand. Dann liefen sie den Weg zum Open zurück. Victoria blieb noch eine Weile mit verschränkten Armen stehen. Sie sah ihnen nach, bis sie nur noch zwei dunkle Schatten erkennen konnte, die hin und wieder ineinanderflossen. Kopfschüttelnd sah sie ihnen nach.
Erneut vor der Tür zum Open, spürte Leo den Druck der flachen Hand seines Vaters auf dem Rücken. Sie war feucht. Als er den sanften Schubs verspürte, sah der Junge ihn an. Amador nickte wortlos, verschränkte die Arme und straffte die Schultern, wie jemand, der in ein Bewerbungsgespräch geht.
Ein Mobiltelefon am Ohr, über das Lenkrad gebeugt und den Blick
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