9 SCIENCE FICTION-STORIES
träumt. Dann wäre es gleichgültig. Träume sind gleichgültig.« Seine Stimme wurde leiser.
Der rote Nebel war verschwunden, aufgesaugt von den Klimagebläsen, aber noch schwebten viele rote Tropfen ziellos in der Luft. Methodisch zerstäubte Jelinek sie mit seinem Handtuch. Als nur noch winzige Tropfen zu sehen waren, die die Klimaanlage aufsaugen konnte, legte Jelinek das Handtuch Barr um den Hals und schloß die starren Augen.
Migliardo kam aus der Duschkabine. Er war totenblaß. Eine bedrückende Stille lag über dem Raum, als er zu seinem Spind hinüberschwebte, um sich neue Shorts zu holen.
»Barr hat es jetzt gut«, sagte Jelinek. »Er war unheilbar krank, und es hätte ihm nichts geholfen, wenn wir ihn wieder auf die Erde zurückgebracht hätten. Schaffen wir ihn auf das Vorratsdeck.«
Sie zogen den Toten zum Mittelpfosten und von dort zum Vorratsdeck, das der Luftschleuse am nächsten war.
»Shepherd«, fragte Jelinek.
Da standen sie mit gesenkten Köpfen nebeneinander, Jelinek und Migliardo. Nach einiger Zeit blickten sie auf. Der rastlose Barr hatte nun doch seinen Frieden. »Danke, Shepherd«, sagte Jelinek. »Mig?«
Migliardo nickte schweigend und zog seinen Raumanzug an.
»Wenn du zurückkommst, mach zusammen mit Shepherd Ordnung. Steck die Kojendecke in den Abfall. Ich gehe wieder auf meinen Posten.«
Wieder nickte Migliardo. Er streifte den Helm über. Jelinek zog ihm die Flügelschrauben fest und ließ sich dann aufs Kontrolldeck gleiten. Als er am Wohndeck vorbeitrieb, warf er einen langen Blick hinein und runzelte die Stirn. Dann schwebte er weiter nach oben.
Ohne das Licht anzuschalten, sagte Lloyd zu den beiden Männern, deren Köpfe er vor sich sah: »Der Film des zweihundertsechzigsten Tags ist soeben entwickelt worden. Sollen wir ihn abspulen?«
»Ja«, sagte Danton heiser. »Dann schweben wir nicht mehr im Ungewissen.«
»Laß ihn ablaufen«, meinte auch Faust.
Die Leinwand strahlte hell auf.
Zweihundertsechzig Tage draußen. Vor der Santa Maria lag der Mars – eine große Scheibe, die in roten, weißen und grünen Farben aufglühte. Sie war noch achttausendfünfhundert Meilen entfernt. Man konnte deutlich die Kanäle sehen, natürliche Einbrüche der Marskruste, durch die vom Südpol her die Nebel wallten. Die Oberfläche schien sich immer schneller zu drehen.
In vierundsechzig Minuten sollte die Zündung einsetzen.
Migliardo saß in den Tischschlingen und las in einem schwarzen Lederband. Es war die Bibel.
Jelinek schwebte neben Holloways Koje. Die Augen des Navigators waren geschlossen. Seine Brust hob und senkte sich kaum. Jelinek hielt sein Handgelenk und zählte leise. Schließlich nickte er schweigend und sah auf die Uhr. »Zweiundsechzig Minuten bis zur Zündung, Mig. Wir machen uns besser fertig.«
Migliardo sah nicht auf. »Shepherd macht das schon.«
»Mig …«, sagte Jelinek zögernd. »Ich bin das Bordbuch durchgegangen, Mig. Vor dem hundertzwölften Tag finde ich nirgends eine Erwähnung von Shepherd.«
Migliardo zuckte mit den Schultern. »Du wirst einen Fehler gemacht haben.«
»Nein. Ich war überrascht. Ich habe zweimal nachgesehen, Mig. Wie sieht Shepherd eigentlich aus?«
Migliardo las weiter. »Das weißt du doch. Er hat einen Bart. Traurige, tiefliegende Augen …«
»Eine Art Handtuch um die Hüften geschlungen?«
»Aber nein«, erwiderte Migliardo. »Er trägt Khakishorts wie wir.«
Jelinek seufzte und ließ sich auf Migliardo zutreiben. »Natürlich. Es ist erstaunlich, daß er für uns beide gleich aussieht.«
»Weshalb? Er sieht nun mal so aus.«
Jelinek hielt sich am Tischrand fest und beugte sich dicht zu Migliardo herunter. »Weil es ihn überhaupt nicht gibt, Mig.«
Mit einem Ruck hob
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