9 SCIENCE FICTION-STORIES
ohne Schuld, Mig.« Jelinek sah auf die Uhr. »Noch fünfundzwanzig Minuten bis zur Zündung.«
Ein besorgter Ausdruck trat in Migliardos Gesicht. »Wenn Shepherd nicht wirklich ist, dann können wir nicht …« Er drehte sich zu Jelinek um. »Er ist doch da, Emil, nicht wahr? Er ist auf dem Steuerdeck.«
Jelinek runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht. In letzter Zeit habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
Migliardo befreite seine Beine schon aus den Schlingen. Er glitt hastig den Mittelpfosten entlang und streckte seinen Kopf durch die Öffnung auf das Kontrolldeck.
»Shepherd! Emil, er ist fort!« Mig kam wieder nach unten und suchte mit dunklen, erschreckten Augen das Wohndeck ab. »Shepherd! Shepherd!«
Er schwebte nach unten ins Vorratsdeck. »Shepherd?« Und immer wieder, völlig verzweifelt: »Shepherd?«
Plötzlich zuckte Jelinek zusammen. »Mig!« Er jagte auf den Mittelpfosten zu.
»Shepherd!« rief Migliardo noch einmal, und dann schlug die Luftschleusentür zu. Bevor Jelinek die Tür erreichen konnte, hörte er das Zischen der entweichenden Luft.
Jelinek drehte sich um. Er preßte die Lippen zusammen. Dann ging er auf die Spinde zu. Migliardos Raumanzug hing im Schrank. Auch die Anzüge der anderen vier waren da. Jelinek warf einen Blick auf die Luftschleusentür und sagte leise: »Lebwohl, Mig. Hoffentlich findest du ihn.«
Müde schleppte er sich zurück aufs Wohndeck. Eine große Stille war im Schiff, eine unerträgliche Stille. Jelinek sah auf die Uhr. Zwanzig Minuten bis zur Zündung. Er warf einen Blick auf Holloway. Die Brust des Kranken bewegte sich kaum.
»Die Stille«, murmelte er. »Das ist das Allerschlimmste.«
Er schwebte zu Holloway hinüber und fühlte noch einmal seinen Puls. Er runzelte die Stirn, ging zu einem Wandschrank hinüber und holte das Ende eines Plastikschlauchs heraus. Es war mit einer Nadel ausgerüstet. Jelinek suchte nach der Vene in Holloways Arm, stach die Nadel ein und setzte den kleinen Motor in Bewegung, der die Zuckerlösung Tropfen um Tropfen in Holloways Vene zwang.
Jelinek schwebte auf seinen Spind zu, öffnete ihn und nahm die Spritze heraus, die bereits mit einer wasserklaren Flüssigkeit gefüllt war. Er betrachtete sie einen Augenblick, sah auf Holloway, sah auf die Uhr. Noch fünfzehn Minuten bis zur Zündung.
Er schob die Spritze zurück in den Schrank und schlug die Tür zu. Dann zog er sich schnell zum Kontrolldeck hoch, setzte sich in den Pilotensitz und schnallte sich an. Seine Augen überflogen die Hauptkontrollen, während die Finger suchend über den Tasten und Knöpfen schwebten. Noch zehn Minuten. Zu wenig Zeit.
Plötzlich hörte er das mahlende Geräusch von Pumpen und das Zischen von Wasser. Jelinek sah auf seine Finger. Sie hatten das Instrumentenbrett noch nicht berührt.
Irgendwo im Schiffsinnern erfolgte eine Reihe kleiner Explosionen – sie erinnerten an das Geräusch von Knallfröschen, die am vierten Juli losgelassen werden. Jelinek horchte. Irgendwo summten Motoren auf. Schwungräder drehten sich. Langsam verschwand der Mars von der Astrokuppel, als sich das Schiff drehte. Jelinek sah durch eine seitliche Luke, wie ein riesiger, weißer Globus langsam wegschwebte. Ein leerer Treibstofftank.
Jelinek lächelte plötzlich und nahm seine Hand vom Instrumentenbrett. »Ah, da bist du ja, Shepherd.«
Der Mars erschien in der Sichtluke neben Holloways Koje – eine rotierende, rote, grüne, weiße Kugel.
Holloway richtete sich plötzlich auf und deutete mit dem Finger nach draußen. Seine Augen waren weit geöffnet, und vom Arm pendelte der Schlauch. »Die Erde!« rief er. Seine Augenlider flatterten. Die Augäpfel rollten nach hinten. Langsam, unter dem Druck der Gurte, sank er zurück auf die
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