9 SCIENCE FICTION-STORIES
müde war, und weil er wußte, wie gerecht es war, hier zu sterben, fern von jeder Hoffnung. Ladnar folgte lediglich seinen Naturinstinkten. Er schützte sich selbst. Er wollte nicht untergehen.
Und das ist mehr, als du während der letzten zehn Jahre getan hast, Ben, sagte er sich.
Denk darüber nach, Ben. Denk darüber nach. Jetzt ist schließlich alles vorbei. Im Alter von Sechsundsechzig Jahren stolperst du aus dem Leben. Denke an die Verwüstung und die Tränen und an das bißchen Überzeugung, das dich hätte reiten können. Denk über alles noch einmal nach.
Und dann rollte die ganze Geschichte noch einmal ab. Sie entfaltete sich für Ben Kettridge, der da draußen im Zwielicht des Universums wartete. Im Laufe weniger Minuten war ihm klar, daß das Leben in dieser dunklen Gedankenwelt seinem ganzen früheren Leben vorzuziehen war.
Er sah sich selbst wieder als den berühmten Wissenschaftler, der mit anderen seiner Art an einem Projekt arbeitete, das für die Menschheit von weitreichenden Folgen sein sollte. Er erinnerte sich an das warnende Gefühl in seinem Innern, als er sich kühn auf das Experiment stürzte.
Wieder hörte er die dunkle Stimme Fenimores, als er sich mit ihm über die Sache unterhielt. Er kannte noch genau den Inhalt des Gesprächs. Die Erinnerungen zuckten greller um ihn als die Blitze draußen …
»Charles, ich glaube nicht, daß wir es so anpacken sollten. Wenn etwas schiefgeht …«
»Ben, es kann einfach nichts schiefgehen – wenn wir vorsichtig genug sind. Die Zusammensetzung ist sicher. Das weißt du. Zuerst beweisen wir seine Anwendbarkeit. Dann lassen wir diese Dummköpfe Zeter und Mordio schreien. Denn wenn sie erst einmal eingesehen haben, was es wert ist, werden sie die ersten sein, die uns Beifall klatschen.«
»Aber verstehst du denn nicht, Fenimore? Die Formel enthält zu viele Fehlermöglichkeiten. Sie hat eine grundsätzliche Lücke. Wenn ich den Fehler nur feststellen könnte …«
»Hör mir zu, Ben. Ich spiele nicht gern den Vorgesetzten, aber du läßt mir keine Wahl. Ich bin auch kein sturer Mensch, aber diesen Traum hege ich seit mehr als zwanzig Jahren, und ich lasse mich durch deine unbegründete Zimperlichkeit nicht davon abbringen. Am Donnerstag testen wir die Zusammensetzung.«
Und Fenimores Traum hatte sich über Nacht in einen Alptraum verwandelt. Fünfundzwanzigtausend Tote, und in den Krankenhäusern wimmerten die Patienten vor Schmerzen.
Der Alptraum hatte seine gierigen Tentakel ausgestreckt und auch Kettridge in den Strudel gezogen. In wenigen Tagen war eine Karriere, die auf jahrelangen Entbehrungen aufgebaut war, zu einem Nichts zusammengefallen. Er war den Verhören nicht entkommen. Das letzte Restchen an gutem Ruf hatte ihn und einige andere vor der Gaskammer bewahrt.
Zehn Jahre Kampf um die nackte Existenz – denn niemand bot ihm auch nur die schmutzigste Arbeit an – hatten Benjamin Kettridge immer tiefer sinken lassen. Noch war in ihm ein Funke Anstand, der ihn vor dem völligen Zusammenbruch bewahrte – eine Art unbewußter Trieb, weiterzuleben.
Kettridge kam nie – wie einige der anderen, die geflohen waren – in die Irrenanstalt. Er beging auch nicht Selbstmord. Er wurde einfach anonym. Ein Nichts.
Sein Vermögen schmolz dahin, bis ihm nur noch aufgeschnittene Pulsadern oder die Flasche blieben.
Um diese Zeit war Kettridge für beides zu alt. Und immer stand neben ihm das Wissen, daß er das Projekt hätte aufhalten können.
Schließlich rettete ihn die Stelle auf dem Forschungsschiff. Ben Kettridge hatte sich unter falschem Namen für drei Jahre verpflichtet. Er hatte die Enge und den Schmutz des Schiffes ehrlich begrüßt. Seine Aufgabe unter den Sternen hatte
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