9 SCIENCE FICTION-STORIES
nicht fürchte und daß meine Gebete zu ihm eine Unterhaltung zwischen Gleichen sind.«
Der Terraner wußte, daß er einen Vorteil besaß: Ladnar hatte bisher noch nie gehört, daß sich jemand gegen seinen Gott gewandt hätte.
Bevor das Ding zum Überlegen kam, brachte Kettridge schon wieder seine Bitte vor:
»Ich bringe dir einen Wurf Katzen, Ladnar. Laß mich gehen! Laß mich es beweisen! Laß mich beweisen, daß auch du dem Sturm trotzen kannst.«
Gedanke: Du wirst fliehen!
Ein Zögern, ein kindlicher Trotz lag in dem Einwand. Kettridge wußte, daß er den ersten Schritt gemacht hatte.
»Nein, Ladnar. Hier ist ein Seil.« Er nahm ein dünnes Plastimetall-Seil von seinem Werkzeuggurt. Seine Hand streifte den Revolver, und er lächelte bei dem Gedanken, wie nutzlos die Waffe jetzt geworden war.
Er hätte den Revolver auf keinen Fall benutzt. Nur durch seinen Verstand konnte er gewinnen. Es stand jetzt mehr auf dem Spiel als die Selbsterhaltung.
»Hier ist ein Seil«, sagte er und streckte die Rolle aus. »Ich binde es um mich. Sieh mich an – so. Du nimmst das andere Ende. Wenn du es ganz fest hältst, kann ich nicht entfliehen. Es ist lang genug, daß ich nach Katzen suchen kann. Ich werde dich davon überzeugen, daß es möglich ist, in die Nacht hinauszugehen.«
Zuerst weigerte sich Ladnar und sah die silbrigglänzende Schnur aus angsterfüllten Augen an. Doch Kettridge sprach immer weiter, und bald berührte Ladnar das Seil.
Er zog seine mit sieben Klauen bewehrte Pranke sofort wieder zurück. Er versuchte es noch einmal.
Und beim drittenmal hielt er die Schnur fest.
Du hast soeben deine Religion aufgegeben, dachte Kettridge.
Ladnar hatte mit seinem Verstand einen Katzenwurf ›gerochen‹, der sich nahe der Höhle aufhalten mußte. Aber er wußte nicht, wo die Tiere Zuflucht genommen hatten.
Kettridge tauchte im dunklen Eingang der Höhle auf und ging hinaus in den dröhnenden Mahlstrom des elektrischen Sturms.
Kettridge stand mit gespreizten Beinen da und beugte sich vor. Er mußte die Hand vor die Augen halten, um nicht von dem weißen Licht geblendet zu werden.
Er war ein kleiner, schmaler Mann, und wenn ihn das Seil nicht gehalten hätte, wäre er wohl von Sturm und Regen mitgerissen worden.
Kettridge stand aufrecht da und beschattete die Augen mit der Hand. Nur das Licht der Blitze leuchtete ihm.
Er tat einen kurzen Schritt nach vorne.
Durch einen Spalt in der Bergkette jagte ein Blitz auf ihn zu. Er kam von nirgends und überall. Er riß einen Granitblock mit sich, der vor Kettridges Füßen zerschellte. Kettridge fiel flach zu Boden. Der Donner rollte über seinen Kopf hinweg.
Die Wirkung des Blitzes auf seinen Körper war entsetzlich.
Er hörte nicht mehr. Seine Beine und Hüften wurden steif. In seinen Augen tanzten die grellen Sterne des Blitzes.
Gedanke: Der Dieb des Seins hat gesprochen, und du bist gefallen.
Das Seil spannte sich, und Kettridge fühlte, daß er zurück in die Höhle gezogen wurde.
»Nein!« rief er verzweifelt. Das Seil lockerte sich. »Nein, Ladnar. Der Dieb des Seins hat gedroht. Nun wird er meine Macht fühlen. Ich werde es dir zeigen, Ladnar.«
Kettridge nützte den Fehlschlag zu seinem eigenen Vorteil aus. »Sieh, Ladnar! Der Dieb des Seins hat mich getroffen, aber ich lebe immer noch. Ich werde aufstehen und weitergehen.«
Überall brannten die Blitze. Sie zogen splitternde Bahnen durch den Wald. Die ganze Welt schien erfüllt von dem Lärm der stürzenden Bäume und vom Heulen der Elemente.
Zitternd kam er auf die Knie. Seine Beine waren schwach und gefühllos. Aber seine Augen konnten wieder sehen. Er erhob sich halb, sank auf ein Knie zurück und erhob sich von neuem. Sein Kopf fühlte sich entsetzlich schwer an.
Doch schließlich stand er aufrecht da.
Und er ging.
Um ihn wütete der Sturm.
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