9 SCIENCE FICTION-STORIES
gedacht. Weißt du, daß diese Kinder noch nie auf der Erde waren? Noch nie! Daß sie um ihr Geburtsrecht betrogen werden – um den blauen Himmel, das grüne Gras. Sie können nie richtig Baseball spielen. Sie werden nie Menschen sein.« Ihre Stimme überschlug sich jetzt. »Sie werden wie Ungeheuer aufwachsen. Ja, Ungeheuer!«
Lloyd sah sie an. Er rührte sich nicht, und er sagte kein Wort. Dann meinte er: »Ich glaube, sie sind verflixt nette Kerle. Übertrage deine Enttäuschungen nicht auf sie, Terry. Kinder sehen die Dinge mit anderen Augen an als wir. Solange sie Liebe und Geborgenheit haben …«
Sie keuchte vor Anstrengung.
Lloyd sagte sanft: »Vielleicht brauchst du Urlaub. Wir können ihn uns leisten.«
»Wieder Urlaub? Ohne die Kinder? Nein, danke. Wenn ich gehe, dann ist es für ganz, und ich nehme die Kinder mit.«
Lloyds Gesicht wurde verschlossen. Er biß sich auf die Unterlippe, wie immer, wenn er seine Gefühle zu unterdrücken suchte.
Wenn er nur einmal die Beherrschung verlöre, dachte Terry. Nur einmal. Dann müßte ich nicht raten …
Lloyds Stimme war spröde. »Gib mir ein wenig Zeit, daß ich darüber nachdenken kann. Bitte, Terry.«
Sie nickte zögernd. Sie konnte es nicht sehen, wenn er so verletzt war. Immer noch nicht.
»Und beunruhige bitte die Kinder nicht«, sagte Lloyd. »Laß sie nicht merken, daß wir Streit hatten – vor allem nicht, daß es dabei um sie ging.«
»Immer der Psychologe«, sagte Terry bitter.
»Vielleicht war es diesmal sogar der Vater.« Lloyd drehte sich um und ging schnell die Leiter hinauf. Er stieß die Falltür auf. Jetzt hörte man deutlich das Lachen und die Kinderstimmen. »Daddy! Daddy! Sieh mich mal an!«
Terry blinzelte, um die Tränen zurückzuhalten.
»Lloyd! Lloyd!« sagte sie. »Wenn du nur mich auch lieben würdest!« Aber sie sagte es zu sich selbst.
Es waren kräftige Jungen, braun gebrannt, mit langen Armen und Beinen und der Art von dunkelbraunen Augen, die fast schwarz wirken und die Erwachsenen durchdringend ansehen können. Sie schwebten wie grazile Fische im Mittelpunkt des kugelförmigen Spielzimmers, mit lachenden Gesichtern.
Lloyd blickte sie an, und er spürte einen Klumpen in seinem Innern. Was wäre er ohne sie? Ein langsam sterbender, alter Mann.
»Hallo, Kinder!« rief er. »Was spielt ihr heute?«
»Marsianer«, erwiderte Paul. »Er ist Marsianer, und ich bin Terraner. Ich muß ihn fangen, weil er versucht, mich von der Landung abzuhalten. Wenn ich ihn in fünf Zügen erwische, darf ich auf dem Mars landen, und wenn er mir wegschwebt, bin ich tot.«
»Fang mich doch! Fang mich doch!« schrie Carl. Er streckte Paul die Zunge heraus und stieß sich ab. Er prallte an der gegenüberliegenden Wand ab und purzelte zurück. Im Mittelteil, wo die Schwerkraft praktisch ganz ausgeschaltet war, wurde er wieder in eine andere Richtung geworfen.
Lloyd hatte noch nie so etwas gesehen.
Paul glitt mit ausgestreckten Händen dahin und verfehlte seinen Bruder nur um Zentimeter. Der ältere Junge landete an der gekrümmten Wand und stieß sich mit den Beinen erneut ab.
Lloyd ließ sich zur Decke treiben. Neben diesen braungebrannten, geschmeidigen Gestalten kam er sich alt und steif vor. Er berührte die innere Tür und kam langsam vom Handstand auf die Beine, als sie sich öffnete. Er schlüpfte durch.
Als er mit geübter Hand die Verschlüsse des Raumanzugs festhakte, dachte er immer noch an die Stimmen. Kinder spielten nun mal so. Inmitten von Kriegen waren sie Soldaten. Inmitten von Epidemien waren sie Ärzte und Krankenschwestern. Und mitten im Raum …
Die anderen Anzüge hingen wie enthauptete Ungeheuer an der viereckigen Säule. Terry hatte ihren Anzug seit langer Zeit nicht mehr benutzt. Wenn sie fort wollte,
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