9 SCIENCE FICTION-STORIES
entließ sie in einer vor Chrom und grünem Glas blitzenden Halle. Sie war eben dabei, die Lichtschranke zu durchbrechen, welche die Haustür steuerte, als ihr plötzlich einfiel, nach der Post zu sehen.
Und so fand sie die Benachrichtigung des Kolonisationsbüros.
Ihre glänzenden Fingernägel rissen das blaue Kuvert auf. Sie las die Zeilen aufmerksam, langsam; Lesen war nie ihre Stärke gewesen. Als sie die kurz gefaßte Nachricht das erstemal durchgegangen war, begann sie wieder von vorn.
Sie sind gezogen worden, an der Kolonisationsreise teilzunehmen, die am 17. Oktober von Bangor, Maine an Bord des Raumschiffes GEGENSCHEIN startet. Sie haben sich sofort bei der nächstgelegenen Registrierungsstelle des Kolonisationsbüros zu melden. Sie unterliegen nun den Bestimmungen des interstellaren Kolonisationsgesetzes aus dem Jahr 209g, und jedwede Verletzung dieser Bestimmungen wird schwerstens bestraft.
Im Auftrag von D. L. Mulholland, Präsident.
Fürs erste war sie wütend: Wer zum Teufel sind die, die da schlicht und einfach über Cherry Thomas verfügen und bestimmen, sie müsse gehen, hinaus zu den Sternen? Mit mir können sie das nicht machen!
Diesen ersten lodernden Flammen des Trotzes folgte ein ruhigerer, besonnenerer Gedanke: Vielleicht ist das gar nicht so schlimm. Ich könnte eine Luftveränderung vertragen. Hier auf Erden komme ich nirgends hin.
Warum also nicht dorthin gehen, wo sie mich haben wollen?
Und dann der blitzartige Einfall: Vielleicht kann ich mir den Planeten aussuchen! Vielleicht kann ich Dan finden!
Sie eilte hinauf. Der Aufforderung entsprechend, hatte sie sich sofort bei der nächsten Registrierungsstelle zu melden. Über die Telefonauskunft erfuhr sie, daß sich eine solche Stelle zehn Häuserblöcke entfernt befand.
Zum Henker mit diesem Etablissement! Zum erstenmal seit Jahren fühlte sie sich richtig enthusiastisch.
Sie nahm ein Taxi – Sparen hatte ja jetzt keinen Sinn mehr, und flog beinahe die Treppe hinauf und in das große Büro. Ein Empfangschef blickte auf, und Cherry holte den blauen Brief hervor.
»Hier. Das habe ich eben erhalten. Ich wurde gezogen. Wohin soll es gehen?«
»Ich werde Sie zum Direktor bringen.«
Der Direktor, ein Mann in den Fünfzigern mit einem ausdruckslosen Gesicht, setzte ein Lächeln auf, als Cherry eintrat. Sie sagte sofort: »Ich heiße Cherry Thomas und wurde gezogen.«
»Wollen Sie nicht Platz nehmen? Ich bin Mr. Stewart. Ich weiß, dieser Tag ist ein unglückseliger für Sie, aber darf ich Ihnen versichern …«
Sie schnitt ihm das Wort ab. »Schauen Sie, Mr. Stewart. Wollen Sie mir bitte einen Gefallen tun. Es macht mir gar nichts aus, daß ich erfaßt wurde; ich glaube es wenigstens. Aber ich möchte, daß Sie mich zum selben Planeten schicken wie Dan Cirillo im Jahr 2112. Ich kenne den Namen des Planeten nicht, aber Sie werden sicher eine Möglichkeit haben, das für mich herauszufinden, und …«
Mr. Stewarts Mondgesicht verdüsterte sich. »Sie scheinen nicht zu verstehen, Miß Thomas. Sie werden nicht auf einen Planeten geschickt, der bereits bevölkert ist. Sie werden auf eine vollkommen unzivilisierte Welt kommen, auf einen unberührten Planeten.«
»Aber ich will zu Dan! Hören Sie, er war mein Alles. Wir wollten heiraten, und dann seid ihr gekommen und habt ihn mir entrissen. Nun bin ich an der Reihe, und ich will zu ihm! Sehen Sie nicht ein, wie wichtig das ist? Verdammt, haben Sie überhaupt kein Herz?«
Mr. Stewart zuckte bedauernd die Achseln. »Tut mir leid, aber es ist vollkommen unmöglich, daß Sie ihm jetzt folgen. Erstens einmal ist er seit vier Jahren verheiratet …«
»Dan – Verheiratet?« Cherry wiegte den Kopf. Wie dumm von mir,
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