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9 SCIENCE FICTION-STORIES

9 SCIENCE FICTION-STORIES

Titel: 9 SCIENCE FICTION-STORIES Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Ernsting
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die Fi­gur für die­sen Job zu ha­ben, aber ihr Ver­trau­en war nicht sehr groß. Im ver­gan­ge­nen Jahr hat­te sie an Ge­wicht zu­ge­nom­men, lang­sam, un­er­bitt­lich, un­ab­wend­bar.
    Al­les war an­ders, als Dan noch hier war, dach­te sie.
    Dan war ih­re Welt ge­we­sen: Ma­na­ger, Trai­ner, Beicht­va­ter, Agent. Dan hat­te sie in Phil­adel­phia von der Stra­ße auf­ge­le­sen und in­ner­halb kür­zes­ter Zeit zum Ge­spräch von Las Ve­gas, Pa­ris und Bu­ka­rest ge­macht. Dan hat­te ihr Gra­zie bei­ge­bracht, sie ge­zwun­gen, ge­gen die Ver­su­chun­gen von Spei­sen und Sex an­zu­kämp­fen, und ihr die bes­ten An­stel­lun­gen ver­schafft.
    Aber Dan war nicht mehr da. Sie hat­ten ihn ge­zo­gen, vor vier Jah­ren. Und seit­her war nichts mehr das­sel­be.
    Das Schlimms­te aber war, dach­te Cher­ry und riß da­mit die al­te Wun­de zum mil­li­ons­ten­mal auf, daß sie mit ihm hät­te ge­hen kön­nen. »Du kannst dich noch im­mer frei­wil­lig mel­den«, hat­te Dan ge­sagt, als sie an je­nem Mor­gen hys­te­risch wein­te. »Du kannst mit mir kom­men, wo­hin im­mer ich auch ge­he, wenn dir so­viel dar­an liegt.« Und er hat­te sei­ne Hän­de im dich­ten dunklen Haar ver­gra­ben und auf Ant­wort ge­war­tet, und sie hat­te sich ge­wei­gert, auch nur et­was zu sa­gen.
    Nun, was hät­test DU an mei­ner Stel­le ge­tan? frag­te sie hef­tig ei­ne ima­gi­näre Per­son. Sie war neun­und­zwan­zig Jah­re alt ge­we­sen, hat­te Geld im Über­fluß ge­habt, war im Mit­tel­punkt der ver­gnü­gungs­süch­ti­gen Welt ge­stan­den. Er war zehn Jah­re äl­ter als sie. Si­cher­lich, sie hat­te ge­glaubt, ihn zu lie­ben, aber kann ir­gend je­mand sich des­sen voll­kom­men si­cher sein? Es war ihr zu schwer­ge­fal­len, ih­re Li­mou­si­ne auf­zu­ge­ben und ih­re Woh­nung und ih­ren Lieb­ling, die Ti­ger­kat­ze, und ihr be­hag­li­ches, lu­xu­ri­öses, ver­wöhn­tes Le­ben, um ihm zu fol­gen, hin­aus zu den Ster­nen.
    So hat­te sie ge­sagt, sie wür­de hier­blei­ben, und Dan hat­te die Ach­seln ge­zuckt und ge­meint, es wä­re oh­ne­dies bes­ser so. Wahr­schein­lich wä­re sie gar nicht ge­eig­net für das har­te, rau­he Le­ben dort. Und er war ge­gan­gen und hat­te sie zu­rück­ge­las­sen. Dann trat der Ernst des Le­bens an sie her­an.
    Sie hat­te den teu­ren Wa­gen ver­kauft und die Ti­ger­kat­ze weg­ge­ge­ben; die Woh­nung ge­hör­te noch ihr, aber sonst nur noch sehr we­nig. Sie hat­te ihr be­que­mes, lu­xu­ri­öses Le­ben ver­lo­ren – und Dan. Ein Jahr, nach­dem Dan für im­mer fort­ging, war sie ei­ne über­stürz­te Hei­rat ein­ge­gan­gen, ei­ne Ehe, die nur we­ni­ge Mo­na­te hielt. Und da­nach folg­te das lang­sa­me Ab­wärts­glei­ten. Und noch war sie nicht am En­de die­ser Bahn. Je­den Mor­gen fühl­te sie das deut­li­cher.
     
    Cher­ry schüt­tel­te trau­rig den Kopf, stell­te die Kaf­fee­tas­se in den Ab­wasch­au­to­ma­ten und nahm ei­ne Pil­le aus dem Me­di­ka­men­ten­schrank. Die­se wirk­te prak­tisch so­fort; ein wun­der­ba­res, je­doch künst­lich her­vor­ge­ru­fe­nes Ge­fühl von Op­ti­mis­mus und Fröh­lich­keit lös­te die schwer­mü­ti­ge Stim­mung ab. Sie drück­te noch drei­mal auf den Knopf, und wei­te­re drei klei­ne gel­be Ta­blet­ten fie­len her­aus. Al­le vier Stun­den ei­ne, und sie wür­de den Tag oh­ne De­pres­si­ons­zu­stän­de durch­hal­ten; war die gu­te Lau­ne auch nicht echt, so doch bes­ser, als den gan­zen Tag über Dan zu brü­ten.
    Ein letz­ter Blick in den Spie­gel: das Ma­keup war in Ord­nung, die Fri­sur wirk­te ele­gant. Dank der Pil­le schau­te sie glück­lich, be­geis­tert, vi­tal aus. Hin­ter die­ser Mas­ke wür­den die Eta­blis­se­ment-Leu­te wohl nicht die Trüb­sal er­ken­nen.
    »Gu­ten Mor­gen, Miß Tho­mas«, er­tön­te ei­ne Stim­me, als sie den Fahr­stuhl be­stieg. An des­sen De­cke war ein Ro­bo­ter an­ge­bracht, der die Auf­ga­be hat­te, die Be­woh­ner des Hau­ses zu be­grü­ßen.
    »Gu­ten Mor­gen«, er­wi­der­te sie. »Schö­ner Tag heu­te.« Kei­ne Ant­wort. Das Elek­tro­nen­ge­hirn war nur für einen Satz pro­gram­miert. Aber sie gab den Gruß den­noch im­mer zu­rück.
    Der Fahr­stuhl

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