9 SCIENCE FICTION-STORIES
er an einem milden Oktobernachmittag auf einer schmutzigen, verwahrlosten Straße in Old Baltimore vor einem Büro, auf dessen Tür in goldenen Lettern prangte: KOLONISATIONSBÜRO, DISTRIKT EINS, REGISTRIERUNGSSTELLE NR. 212. Wenige simple Worte, und er würde sein Privatleben für immer aufgeben.
Im entscheidenden Augenblick zögerte er, was absolut nicht seinem Charakter entsprach. Aber er zögerte nur Sekunden. Er hatte sich entschlossen und wußte, daß es kein Zurück mehr gab.
Die Tür war noch altmodisch und mit der Hand zu öffnen. Er erfaßte die Klinke und drückte sie nieder. Er trat ein.
Ein Dutzend Teenager, Burschen und Mädchen, standen an einem Tisch links von der Tür, emsig über Fragebogen gebeugt. Zur Rechten standen weitere Schlangen und warteten, zur körperlichen Untersuchung in die Ordination gerufen zu werden. Alle schauten verängstigt drein. Noonan lächelte innerlich. Durch seine freiwillige Meldung würde ein anderer Mann vierundzwanzig Stunden länger auf der Erde bleiben dürfen.
Er strebte der Rezeption zu und sagte laut und deutlich, so daß jeder im Raum es hören konnte: »Ich heiße Noonan. Ich biete mich freiwillig zur Auswahl an – je früher, desto besser.«
Ein Dutzend Köpfe fuhren herum und starrten ihn an. Es war plötzlich ganz still im Zimmer. Der Angestellte murmelte irgend etwas und führte ihn weiter zu einem Büro, auf dessen Tür ein Schild mit dem Namen Mr. Harness angebracht war.
Mr. Harness war ein schüchtern und bürokratisch aussehender, verhutzelter kleiner Mann mit übertrieben feierlichen Manieren. Er bot Noonan einen Stuhl an und fragte: »Verstehe ich richtig, daß Sie sich freiwillig melden?«
»Sie verstehen richtig.«
Sinnend legte Mr. Harness die gespreizten Finger auseinander. »Freiwillige sind selten, wie Sie sich vorstellen können. Sie sind der erste seit über einem Monat.«
Noonan zuckte die Achseln. »Werde ich eine Medaille bekommen?«
Mr. Harness wurde verlegen. »Das nun wieder nicht. Aber Sie erhalten Privilegien. Das wissen Sie doch, nicht wahr?«
»Ich weiß, daß Freiwillige sich ihre Ehepartner zuerst wählen können«, sagte Noonan frei heraus. »Vielleicht bekommen sie auch besseres Essen im Raumschiff während der Fahrt. Aber ich bin nur an dem Ehepartner-Privileg interessiert.«
»Ah – ja. Natürlich, Mister …«
»Noonan. Ky Noonan.«
Mr. Harness griff nach einem leeren Formular und einer Feder. »Das können wir gleich festhalten, Mr. Noonan. Wollen Sie mir bitte den Vornamen buchstabieren?«
Noonans Mund zuckte ärgerlich. »Cyril. C-Y-R-I-L. Cyril, Franklin Noonan. Ich selbst nenne mich Ky.« Der abgedroschene Vorname war seiner Mutter Idee gewesen; er verabscheute ihn, aber alle Dokumente trugen diesen Namen, und er war zu stolz, eine legale Namensänderung zu beantragen. Er nannte sich Ky und beließ es dabei.
»Geburtsdatum?«
»4. Januar 2086.«
»So sind Sie also – äh – dreißig Jahre alt. Ihre Beschäftigung, bitte?«
»Zuletzt war ich Polizist. Eine Menge Dinge vorher.«
»Irgendeine Spezialausbildung? Medizin, Jura, Naturwissenschaften, Technik?«
»Ich weiß, was ich damit anfangen soll.« Noonan streckte seine großen Hände vor. »Und ich weiß, wozu das gut ist.« Er tippte sich an die Stirn. »Aber keine Ausbildung, nein.«
Harness blickte auf. »Darf ich Sie fragen, warum Sie sich freiwillig melden, Mr. Noonan? Sie müssen natürlich nicht antworten, aber interessieren würde es mich schon …« Noonan lächelte. Einem Freiwilligen wurden bestimmte Privilegien eingeräumt. Und die Verweigerung einer Antwort auf diese letzte Frage war eines
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